Wirtschaft | Athesia

Abgefederte Einschnitte

Das Redaktionskomitee und die Journalistengewerkschaft haben dem Umstrukturierungsplan in der Dolomiten-Redaktion zugestimmt. Allerdings ohne Lohnausgleichskasse.
  • Die Aussendung ist im besten Gewerkschaftsdeutsch geschrieben. 
    In der Pressemitteilung teilt die Journalistengewerkschaft Trentino-Südtirol am Dienstagnachmittag mit, dass man in einer heiklen Angelegenheit eine Einigung gefunden hat. 
    "Die Vereinbarung wurde nach zähen Verhandlungen zwischen der Firmenleitung der Athesia Druck sowie der Redaktion mit dem Redaktionskomitee, unterstützt von der Journalistengewerkschaft Trentino-Südtirol und dem nationalen Verband der italienischen Presse (FNSI), erzielt und beinhaltet bestmögliche Bedingungen für die Frühpensionisten sowie für die Redakteure, für die weitere soziale Abfederungsmaßnahmen, wie eine zeitweilige Überstellung in die Lohnausgleichkasse, verhindert werden konnten“, heißt es in der Aussendung.
    SALTO hat darüber als erstes Medium berichtet. 
    Weil sowohl die Auflagenzahlen als auch die Werbeeinnahmen beim Zeitungsflaggschiff Dolomiten rückläufig sind, setzt die Athesia in der Redaktion den Sparstift an. Dazu passt eine staatliche Unterstützungsmaßnahme. Am 4. Juli 2023 ist ein Gesetz in Kraft getreten, mit dem man dem angeschlagenen Zeitungssektor zum x-ten Mal unter die Arme greifen will. Der Staat hat mehrere Millionen Euro genehmigt, mit denen die Frühpensionierung von Berufsjournalistinnen und -journalisten von Tages- und Wochenzeitungen sowie nationalen Nachrichtenagenturen finanziell unterstützt werden soll.
    Die betroffenen Journalisten müssen mindestens 25 Jahre und 5 Monate gearbeitet haben und ihnen dürfen nicht weniger als fünf Jahre bis zum Erlangen des Anspruchs auf Dienstaltersrente fehlen. Zudem müssen sie mindestens drei Monate lang in der Lohnausgleichskasse eingetragen sein. 

  • Sechs Abgänge

    Tageszeitung Dolomiten: Sechs Abgänge bis zum September 2024 in der Redaktion. Foto: Privat

    Diese staatliche Unterstützung will die Athesia jetzt nützen, um in der vergleichsweise alten und teuren Dolomiten-Redaktion abzuspecken und deutlich mehr auf den Online-Auftritt setzen. Der Plan: Ulrike Stubenruß, Leiterin der Südtirol-Redaktion, Hatto Schmidt, Leiter der Bezirksredaktionen, Benno Zöggeler, zuständig für Bozen-Land, Ruth Passler, Redakteurin im Pustertal, sowie Otto Schöpf, Chef der Sportredaktion, sollen innerhalb 2024 in Frühpension gehen - die ersten darunter noch im März 2024. Zudem soll es eine weiteren sogenannten „freiwilligen Austritt“ aus der Redaktion geben. Kathrin Kircher aus der Bezirksredaktion hat gekündigt.
    Zur Umsetzung dieses Planes und für das Unterstützungsansuchen der Athesia Druck Gmbh beim Arbeitsministerium braucht es aber die Zustimmung des Redaktionskomitees bzw. der Redaktion, sowie der Journalistengewerkschaft. Darum wurde jetzt drei Wochen lang gerungen.
    Ein besonderer Knackpunkt war dabei die Tatsache, dass die Athesia-Führung anfänglich darauf beharrte, dass die Frühpensionierungen nur umgesetzt werden können, wenn die gesamte Redaktion zeitweilig in den Lohnausgleichskasse überstellt würde. Weil diese Bedingung von der gesamten Redaktion abgelehnt wurde und ein Anwalt der Journalistengewerkschaft erklärte, dass man die Frühpensionierungen auch ohne Lohnausgleich umsetzen könne, musste die Athesia-Führung diese Vorhaben fallen lassen.

  • Der Neuanfang

    FNSI-Regionalsekretär Rocco Cerone (rechts): „Vereinbarung, die einen Neuanfang mit der Verlagsgruppe im Besitz der Familie Ebner darstellt“ Foto: Andreas Kemenater

    Am Dienstagnachmittag unterzeichnete der Ebner-Verlag, die lokale und nationale Journalistengewerkschaft, sowie das Redaktionskomitee jetzt das Abkommen. „Wir können dem jetzt zustimmen“, heißt es aus der Dolomiten-Redaktion. Klar ist dabei nur eines: Die Frühpensionierungen werden zwischen März und September 2024 stufenweise umgesetzt und bis dahin soll es keinen Lohnausgleich in der Dolomiten-Redaktion geben. Danach wird man sehen.
    Die Tatsache, dass die Dolomiten gleichzeitig mit eine staatlichen Beitrag von jährlich über 6 Millionen Euro gefördert werden, umschifft die Journalistengewerkschaft dabei gekonnt.
    In der Mitteilung heißt es: 
    „Trotz der hohen staatlichen Beiträge hat Athesia Druck einen einschneidenden Plan zur Umstrukturierung der Redaktion vorgelegt, mit dem Ziel, Personalkosten zu senken und im Hinblick auf die crossmediale Entwicklung des Produktes, insbesondere im digitalen Bereich, die Verjüngung der Redaktion zu fördern.  Die regionale Journalistengewerkschaft und FNSI sind angesichts der Zusage des Unternehmens, junge Journalisten in einer Zahl einzustellen, die über der gesetzlich vorgeschriebenen Zahl liegt, der Ansicht, dass die heutige Vereinbarung nach der traumatischen Schließung der Trentiner Tageszeitung „Il Trentino“ einen Neuanfang mit der Verlagsgruppe im Besitz der Familie Ebner darstellt“

  • In Wirklichkeit sind das die Vorgaben des Arbeitsministerium. Für je zwei Frühpensionierungen muss ein junger Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin eintreten. Aber nicht unbedingt im Angestelltenverhältnis. Sechs gehen, drei Neue kommen.
    Dass die Journalistengewerkschaft diese Lösung als Erfolg verkauft, dürfte auch daran liegen, dass das Harmoniebedürfnis mit dem Medienkoloss Athesia eine entscheidende Rolle spielt.
    Deshalb auch das Bekenntnis zum „Neuanfang“.