Politik | Bürgbeteiligung

Eine „Menüliste“ für Reformen der Gemeindesatzung

Der Ausbau der Bürgerbeteiligung und bürgerfreundliche Regeln für die Volksabstimmungen sind nicht nur ein gewichtiges Thema für die Gemeindewahlen im Mai.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Einige wichtige Aspekte sind mit Regionalgesetz 9. Dezember 2014, Nr.11, auf Betreiben des M5S, geändert worden, und die 333 Gemeinden der Region haben jetzt bis Jahresende Zeit, ihre Satzungen daran anzupassen. Sie können aber, wie dies Mals und Kurtatsch getan haben, im Rahmen der Gemeindeautonomie weiter gehen und die Beteiligungsrechte der Bürger weit bürgerfreundlicher regeln als dies heute der Fall ist.

Diese Reform können schon die „alten“ Gemeinderäte anpacken, werden sie wohl meistens ihren Nachfolgern ab Juni 2015 überlassen. Es geht um Grundregeln der kommunalen Demokratie, um die Mitbestimmungsrechte der Bürger in der Gemeindepolitik. So führt die Region Trentino-Südtirol als erste Italiens das fakultative Satzungsreferendum ein: wird die Satzung vom Gemeinderat abgeändert, so können die Bürgerinnen ein Veto einlegen und eine Volksabstimmung (ohne Quorum) darüber verlangen. Das komplementäre Instrument dazu, die Satzungsinitiative, mit welcher die Bürger die Weiterentwicklung der Satzung anspornen könnten, ist allerdings nicht eingeführt worden.

Erstmals wird die Unterschriftenhürde gedeckelt, und zwar dürfen Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern (in Südtirol Bozen, Meran und Brixen) eine Zahl von maximal 5% der Wahlberechtigen festlegen. Die Unterschriften sollen künftig in 180 Tagen gesammelt werden dürfen. Verbesserungen gibt’s auch beim Beteiligungsquorum, das in den größeren Gemeinden künftig höchstens 25% betragen darf, ein beträchtlicher Fortschritt, wenn auch im Grunde das Quorum einfach gestrichen werden sollte. Die Gemeinden müssen allen Wahlberechtigten künftig eine Abstimmungsbroschüre zustellen. Wichtig ist auch: die Gemeinden können über diese Vorgaben der neuen Gemeindeordnung hinausgehen und im Rahmen des staatlichen Rahmengesetzes und der Gemeindeautonomie die Bürgerbeteiligung noch breiter interpretieren.

Den Weg zu einer solch mutigeren Erweiterung der Mitbestimmungsrechte auf Gemeindeebene zeichnen die beiden Autoren Paolo Michelotto und Thomas Benedikter in ihrer neuesten Arbeit vor, mit dem sperrigen Titel: „Bürgerbeteiligung in der Gemeinde - Verfahren zur direkten Demokratie und Bürgerbeteiligung in den Gemeindesatzungen.“ (POLITiS-Dossier Nr.5.2015). Ausgehend von den Satzungen von verschiedenen „Pioniergemeinden“ wie Mals und Parma, listen sie Artikel für Artikel die Möglichkeiten des Ausbaus der Bürgerrechte auf Mitbestimmung und Mitsprache auf. Eigentlich geht es um eine Art „Idealsatzung“ an der Grenze des heute rechtlich Möglichen.

Gemeinderäte und politisch Aktive in den Gemeinden können sich mit copy&paste einfach bedienen, um eine für ihren Bedarf passende Variante des Abschnitts der Gemeindesatzung zur Bürgerbeteiligung zusammenzustellen. Die Expertise zeigt auf, dass die Gemeinden den Spielraum der Gemeindeautonomie weit großzügiger nutzen könnten als heute von manchen eingesessenen Parteien dargestellt. Nicht so sehr das Recht ist die Grenze, sondern der politische Wille.

Paolo Michelotto/Thomas Benedikter (2015), Bürgerbeteiligung in der Gemeinde - Verfahren zur direkten Demokratie und Bürgerbeteiligung in den Gemeindesatzungen - Eine schematische Übersicht über die einzelnen Artikel (auch auf Italienisch verfügbar), POLITiS-Expertise 5.2015