Politik | Wipptal

Egartner oder Tschöll?

Anders als in den anderen Bezirken wird der Wipptaler SVP-Kandidat mittels einer Vorwahl bestimmt. An der Wahl teilnehmen können alle Bürger, auch Nicht-SVP-Mitglieder.
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Foto: Salto.bz
Am Sonntag, den 16. April, wird sich entscheiden, ob der Arbeitsrechts-Berater Josef Tschöll oder der Unternehmer Christian Egartner als SVP-Kandidat für den Bezirk Wipptal nominiert wird. Die Wahllokale in den verschiedenen Fraktionen sind von 9.00 bis 12.00 Uhr und von 17.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Ihre Stimme bei den Vorwahlen können alle Wipptaler Bürger abgeben, auch jene, die nicht Mitglied der SVP sind. Die offene Vorwahl ist somit im wahrsten Sinne des Wortes „offen“.
 
 
 
 
In den vergangenen Tagen hatten die beiden Anwärter die Möglichkeit, sich der Wählerschaft vorzustellen. Gestern (14. April) fand im Vereinshaus von Wiesen die letzte von insgesamt sechs Veranstaltungen statt. Moderiert wurde sie vom „Hausherren“ Stefan Gufler, Bürgermeister der Gemeinde Pfitsch. Man habe sehr erfahrene Personen für die Vorwahl gewinnen können, erläuterte Gufler eingangs und verwies dabei auf das Wipptaler Dilemma: Aufgrund des geringen Stimmenpotentials bei gerade einmal 20.000 Einwohnern könne man nur einen Kandidaten für die kommenden Landtagswahlen nominieren. Um allen Bürger und Bürgerinnen des Wipptales die Möglichkeit einer Mitsprache bei der Kandidaten-Nominierung zu geben, habe man sich dazu entschlossen, Vorwahlen abzuhalten. „Diese Vorgangsweise war in der Vergangenheit nicht unbedingt üblich, aber wir sind überzeugt, dass sie zukunftsweisend ist“, so Gufler.
 
 
 
Sebastian Helfer, SVP-Obmann des Bezirkes Wipptal, betonte, dass die SVP nach wie vor den Anspruch habe, das Land zu regieren und die Anliegen der Bürger und Bürgerinnen in Rom zu vertreten. „Wir brauchen einen Wipptaler Kandidaten oder eine Kandidatin – leider hat sich keine Frau der Vorwahl gestellt – jemanden, der nahe an der Regierungspartei dran ist, damit wir unsere Anliegen auch durchsetzen können“, so Helfer. Man habe zwar zwei Wipptaler Vertreter im Landtag, als Mitglieder von Oppositionsparteien, hätten sie jedoch kaum Möglichkeiten, konkrete Wipptaler Interessen durchzusetzen. „Egartner wie Tschöll haben eine realistische Chance, den Einzug in den Landtag zu schaffen“, zeigte sich Helfer überzeugt.
 
 
 
 
 
Beide sind landesweit gut vernetzt und könnten sich auch außerhalb des Bezirkes die notwendigen Stimmen holen. Während der „Intellektuelle“ Tschöll vor allem als Vorsitzender der SVP-Wirtschaft und als Teilhaber einer der größten Wirtschaftsberatungs-Kanzleien von sich Reden gemacht hat, operiert der „Macher-Typ“ Egartner als Bauunternehmer im gesamten Land. Die Charaktere der beiden Kandidaten könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Tschöll: nachdenklich, abwägend, Vorschläge auf ihre Umsetzbarkeit hin analysierend, auf der anderen Seite der volksnahe Egartner, der das (Problem-)Kind forsch beim Namen nennt, und pragmatische Lösungen nach dem Motto „müssen wir und tun wir“ fordert. Einig sind sich beide Kandidaten bei den Themen, die den Wipptalern am stärksten unter den Nägeln brennen: Verkehr, Sanität, Energiewende und die gesellschaftliche Ausgewogenheit bzw. der soziale Frieden. „Die nächsten fünf bis zehn Jahre werden für unser Land sehr große Herausforderungen bringen. Um diese zu bewältigen braucht es Leute, die Wissen, Erfahrung und Kompetenzen mitbringen“, erklärte Arbeitsrechts-Berater und Vorsitzender der SVP-Wirtschaft Josef Tschöll, der sich als wirtschaftlich unabhängiger Kandidat präsentierte.
Egartner dagegen verwies auf sein gutes Ergebnis bei den Landtagswahlen im Jahr 2008, als er im Wipptal knapp 5.400 Stimmen auf sich vereinen konnte, außerhalb des Bezirkes sogar noch mehr, nämlich 5.600 Stimmen. „Ich bin meinen Wählern und mir selber noch etwas schuldig“, erklärte Egartner seine Motivation, sich der Vorwahl zu stellen. Der Bauunternehmer sprach damit den Beschlusses des Kassationsgerichtes in Rom an, aufgrund dessen er sein Mandat im Jahr 2010 wieder abgeben musste. Sich selbst beschreibt der Unternehmer als jemand, dessen Stärke darin liegt, anderen zuzuhören.
 
 
 
 
 
In der anschließenden Diskussion erläuterten die Kandidaten ihre Sicht auf die Themen Energiewende bzw. Photovoltaik und Windkraft. Während Egartner den Ausbau der erneuerbaren Energie vehement befürwortete – das „Nein“ zum Windpark auf dem Sattelpark bezeichnete er als großes politisches Vergehen – äußerte sich Tschöll moderater, nannte die Energiewende als Hauptthema der nächsten Jahre („je schneller wir Energie autark werden, desto besser“), gab aber auch zu bedenken, welche Folgen der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen für das Landschaftsbild haben kann, für das Pfitscher Hochtal seien diese jedenfalls negativ gewesen. Einig waren sich die Kandidaten, dass der Verkehr eines der zentralen Themen im Wipptal sei und der Ausbau des Schienenverkehrs forciert werden müsse, wobei sich Egartner allerdings fragte, wie das alles bezahlt werden soll. Für die Anrainer der Brennerautobahn ist insbesondere die Verkehrsbelastung ein gefühlt und gespürt wichtiges Thema, allein durch die Staus während der Hauptreisezeit. Wie Tschöll erklärte, dürfe in der gesamten Debatte allerdings auch der wirtschaftliche Nutzen für die Betriebe, die entlang dieser wichtigen Verkehrsader errichtet worden sind, nicht vernachlässigt werden. Recht deutlich wurde Egartner was die Nacht- und Wochenendfahrverbote für Lkw im nördlichen Nachbarland betraf: Die Maßnahmen der „Tiroler Freunde“ gingen allein auf Kosten der Südtiroler, die teilweise mit Staus bis ins Unterland zu kämpfen hätten.
„Wir haben zwei Kandidaten, die wirklich das Potential haben, genügend Stimmen im Wipptal und weit darüber hinaus zu erhalten, um den Einzug in den Landtag zu schaffen“, erklärte Bürgermeister Gufler und betonte, dass es wichtig sei, vor allem im Wipptal ein starkes Zeichen zu setzen.