#Touren-mit-Öffis
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Vor gut 15 Jahren hat Südtirol mit dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs begonnen. Seither steigen die Fahrgastzahlen bei Schülern und Pendlern, aber auch jene für die Freizeitnutzung stark an. Im Alpenverein Südtirol setzt man mit der Initiative #MeinHausberg auf die Sensibilisierung für eine nachhaltigeres Mobilitätsverhalten.#MeinHausberg steht für: Touren zu Fuß von der Haustür aus, mit dem Fahrrad oder eben mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln – Hauptsache das eigene Auto bleibt in der Garage. Dabei bietet die Fahrt mit den Öffis große Vorteile. Welche dies sind und wie der Fahrplan zustande kommt, erzählt uns Heinz Dellago. Er ist für die Erstellung der Fahrpläne im Amt für Personenverkehr verantwortlich.
Herr Dellago, fahren sie selbst mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Berge?
Ich bin viel mit Freunden in den Bergen unterwegs – immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir machen Überschreitungen von Tal zu Tal. Das bedeutet für mich, flexibel und spontan sein zu können, weil man dann noch unterwegs entscheiden kann, in welches Tal man schließlich absteigt. Wir nutzen meist am Morgen die Buslinie mit weniger Verbindungen. Für die Rückfahrt bleiben dann mehr Möglichkeiten und man muss sich nicht so beeilen, ans Ziel zu kommen. Es gibt in Südtirol viele Möglichkeiten für Überschreitungen, bei denen man auch viele Höhenmeter überwindet. Oft kann man eine Tour aber auf zwei Tage aufteilen, sodass keine allzu langen Etappen entstehen.
Was muss zuerst da sein: das Fahrplan-Angebot oder die Nachfrage?
Das ist die Gretchenfrage: Meine Erfahrung sagt mir, dass man auch Jahre Geduld haben muss, damit ein Angebot angenommen wird. Das hängt von der Nutzergruppe ab: Touristen sind sehr dankbar und nehmen neue Angebote schnell an, bei den Einheimischen braucht es oft länger. Ich glaube das ist so, weil der Tourist sich erst mal das Angebot anschaut, der Einheimische hingegen meint, er kennt das Angebot schon. Hier brächte es mehr Marketing – auch für neue Verbindungen. Wir haben bisher kaum eine Linie eingestellt und analysieren die Nutzerzahlen erst nach einem längeren Zeitraum. Wir haben im vergangenen Jahrzehnt viel mehr Ressourcen als andere Regionen in den öffentlichen Verkehr investiert. Mit einem Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Das wichtigste: Das Netz öffentlicher Verkehrsmittel muss flächendeckend ausgebaut sein.
Welche Verbesserungen gab es in letzter Zeit?
Unsere größten Änderungen betreffen die Erweiterung der Angebote abends und am Wochenende, auch sonntags. Einige Linien fahren häufiger, auch touristische Linien wurden ausgebaut. Seit dem vergangenen Jahr haben die Bürger zudem die Möglichkeit mitzureden und Vorschläge einzubringen – für den Fahrplan 2022 wurden bis Mitte Mai Rückmeldungen gesammelt, die nun sortiert und nach Machbarkeit bewertet werden.
Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass ein Fahrplan möglichst einfach aufgebaut und leicht zu lesen ist. Vereinfachungen wie die Vertaktung alle Stunden oder Angebote ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Datum erleichtern die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Wir versuchen auch die Aushänge an den Haltestellen so einfach wie möglich zu gestalten, z. B. werden tägliche Verbindungen fett gedruckt.
"Wir haben im vergangenen Jahrzehnt viel mehr Ressourcen als andere Regionen in den öffentlichen Verkehr investiert, um ein flächendeckendes Fahrplannetz aufzubauen. Mit einem Ergebnis, das sich sehen lassen kann." (Heinz Dellago)
Welche Personengruppen nutzen bereits öffentliche Verkehrsmittel und wo gibt es noch Nachholbedarf?
Wir sehen sehr viele Senioren, die v. a. in kleineren Gruppen und unter der Woche unterwegs sind. Die Einführung des Südtirol Pass hat hier viel bewegt. Schwierig ist die Gruppe der 40- bis 50-Jährigen, die mit dem Auto aufgewachsen sind und sich schwertun, auf Öffis umzusteigen. Jüngere Fahrgäste haben wir hingegen viele, weil diese mit dem stark verbesserten Angebot aufgewachsen sind.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs in Südtirol?
Vor allem eine Beförderungsgarantie, das heißt das Anschlüsse gewährleistet werden, genügend Platz vorhanden ist und bei Ausfällen Ersatzbusse eingesetzt werden. Der Fahrgast muss sich auf den ÖV zu 100% verlassen können, nur so ist er eine echte Alternative zum Auto
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Zur Person: Heinz Dellago, wohnhaft in Brixen; verheiratet, 4 Kinder. Die Familie besitzt kein Auto und fährt seit immer öffentlich. Seit 14 Jahren Mitarbeiter im Amt für Personenverkehr.