Film | SALTO Weekend

Wie man einen Spielfilm in 7 Tagen dreht

Für einen Spielfilm benötigt man viel Zeit, Geld und den Segen der Produzenten-Götter. Das ist eine Lüge.
Zwei Menschen im Gras
Foto: Waldboth Christoph
  • Filme zu drehen sei teuer, zeitaufwändig und könne überhaupt nur dann funktionieren, wenn hinter dem Projekt eine vernünftige Produktion steckt. Das bekommt man als junger Filmemacher beigebracht, diesen Eindruck vermittelt einem die Branche. Die Wahrheit ist aber eine andere. Es lässt sich sehr wohl auch ein Film jenseits der Kurzfilmlänge drehen – mit wenig Geld, wenig Personal, wenig Zeit. 

    Mein Name ist Christoph Waldboth, ich bin Filmemacher und Autor und habe in der vergangenen Woche meinen zweiten Spielfilm abgedreht. Dahinter steckt ein Drehbuch, das innerhalb von zwei Wochen geschrieben wurde, dahinter steckt kein Produzent, kaum Geld, dafür ein kleines Team (Theresa Grand und ich selbst) und zwei Schauspielende (Katharina Settele und Aaron Kerschbaumer), die von der Geschichte und ihren Figuren überzeugt sind. Man könnte auch Leidenschaft dazu sagen, dieser Treibstoff, der die Arbeit antreibt. An der Filmschule wurde mir eingeredet, Filme zu drehen habe nach den Regeln der Branche zu funktionieren. Am besten ordne dich ein in das System, das irgendwie, aber sicher nicht optimal funktioniert, und verabschiede dich erst einmal von den eigenen Ideen, die, sofern nicht völlig dem Mainstream verpflichtet, vor allem auf eines treffen werden: Ablehnung.
     

    Ich kann allen jungen Filmemacher*innen nur empfehlen, die Regeln der Branche nicht zu ernst nehmen. 


    Bis zum eigenen Film, der frei von Einfluss einer auf Gewinn ausgelegten Produktion entsteht, schien es ein weiter Weg zu sein. Bis ich eines Tages einen anderen Zugang wählte: Den Filmdreh von den Erwartungen zu trennen, die die Branche an ihn hat. Mit anderen Worten: Beinahe kindlich eingestellt das Nötigste in die Hand nehmen, um das Gewünschte zu erzielen. In meinem Fall bedeutete das schlicht, eine Mittelklasse-Kamera, ein Objektiv, ein Ton-Aufnahmegerät, zwei Schauspielende, eine Assistentin und ich selbst. Die Geschichte, die ich geschrieben hatte, erlaubte eine solche Reduzierung. Je größer sie wird, desto größer werden natürlich auch die finanziellen Mittel, die dafür erforderlich sind. In meinem Fall ließ sich das Vorhaben sehr günstig umsetzen, was auch gar nicht anders ging. Das Projekt erhielt keine Förderung und ist vollständig privat finanziert. Die Geldquelle: Nebenjobs, die absurder nicht sein könnten.

    Diese Reduzierung auf wenige Menschen und wenig Technik erlaubt ein schnelles Arbeiten. Ich verzichte zudem auf künstliches Licht und vertraue lieber auf natürliche Lichtquellen. Durch die wenigen Leute am Set bleibt die Kommunikation stets direkt und nimmt keine Umwege. 

  • Am Set: (v.l.n.r.) Katharina Settele, Christoph Waldboth, Aaron Kerschbaumer, Theresa Grand. Foto: Waldboth Christoph
  • Diese Art zu arbeiten ist nicht neu. Vorbilder fand ich etwa in Tizza Covi und Rainer Frimmel, die ihre Filme größtenteils auch zu zweit drehen. Dennoch ist es eine Arbeitsweise, die sehr selten in dieser Branche ist. Lieber setzt man auf Größenwahn in Sachen Personal und Technik. Eben weil es so etabliert ist, weil es eben „so gemacht wird“ und „professionell“ ist. Ob es sinnig ist, steht auf einem anderen Blatt.
     

    Und all das in nur sieben Tagen...


    Für mich funktioniert die gefundene Arbeitsweise sehr gut. Sie macht frei, ist unbürokratisch und fühlt sich ehrlich an. Wie Werner Herzog einmal sagte, wird man so, gemeinsam mit dem verschworenen Team aus drei oder vier Mitstreitern, zu Dieben – Filmemacher als Diebe, die an die seltsamsten Orte der Welt gehen und mit Schätzen davon zurückkehren. Und all das in nur sieben Tagen – geschätzt wird der Film eine Lauflänge von etwa 80 oder 90 Minuten haben. 

    Ich kann allen jungen Filmemacher*innen nur empfehlen, die Regeln der Branche nicht zu ernst nehmen. Findet euren eigenen Weg, der wird euch an euer Ziel führen, wie auch immer das aussieht.