Gesellschaft | Alleinerziehende

Der Tanz auf dem Seil

Alleinerziehende zwischen Familienglück und Herausforderungen. Gesellschaftspolitik im Wandel der Illusionen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
vorstand plattform alleinerziehende
Foto: (c) Plattform für Alleinerziehende

“Mama, Mama – darf ich noch mit Selina spielen? Mama, ich möchte aber unbedingt zum Spielzeugladen weil der Leon hat neue Pokemonkarten und ich will auch welche” - Aber Mama, ich war zuerst dran” - “Nein ich...!”
Erschöpft komme ich nach 8 Stunden Arbeitstag an der Nachmittagsbetreuung an. Nix mit in Ruhe heimkommen. Danach schnell zum Musikunterricht mit dem Älteren und mit der Jüngsten schnell einkaufen – das Klopapier ist alle und der Klebestift schon wieder fertig. Es ist Viertel vor 6 – das schaffe ich noch bevor die Läden schließen.

Welche Mama kennt das Gefühl nicht? Das Hasten von Termin zu Termin. Arbeit, Haushalt, Kinder und deren Aktivitäten unter einen Hut bringen und nebenbei noch EEVE, ISEE und „assegno unico“ organisieren! Das scheint heute alles vollkommen normal. Oder etwa nicht?

Der Tag von Alleinerziehenden gleicht einem Tag eines Topmanagers – im Hamsterrad gefangen.  Wäre Familienarbeit mess- und zahlbar wäre ich wohl reich. “Wenn Sie groß sind wird es besser” wird mir oft prophezeit. Aber bis dahin wachsen die Kinder und mit ihnen die Bedürfnisse. Bis dahin heißt es durchhalten. Die Südtiroler Plattform für Alleinerziehende EO setzt sich seit knapp 30 Jahren für die Anliegen und Rechte von Alleinerziehenden und deren Kinder ein und ist als Mitglied in der Allianz für Familie vertreten. Solche und ähnliche Situationsschilderungen kennt der Verein nur zu gut.

 

Ob ich am Papa-Wochenende Zeit habe um etwas zur Ruhe zu kommen? Fehlanzeige!

Wie sehr beneide ich in diesem Moment die glücklichen Familien und die Kinder, deren Väter sich trotz Trennung weiter liebevoll um ihren Nachwuchs kümmern, denn das Ende der Partnerschaft ist nicht das Ende der Elternschaft. Die im Trennungsdekret festgesetzte Besuchsregelung gilt dennoch nicht als zwingende Pflicht – vielmehr als ein nicht verpflichtendes Recht, dessen Nichteinhaltung schwer einklagbar ist.

Die heile Familie gilt als das Non-plus-ultra unserer Gesellschaft, die Kinder sind die Zukunft, aber wo bleiben die (verwitweten, gewaltgeflüchteten) Alleinerziehenden?

Rein rechtlich gesehen herrscht gemeinsames Sorgerecht, was die Entscheidungen und das Finanzielle betrifft.

Eine moderne Hälfte/Hälfte Betreuung zum Wohle der Kinder ist gewünscht, festgefahrene Musterbilder ersticken die Idee jedoch im Keim.

Die aus einer Trennung resultierende Lebenssituation macht schwach und angreifbar. Nicht selten fehlt die Sensibilität von öffentlichen Behörden. Da wäre bereits in der Ausbildung anzusetzen (z.B. Berufsbild Sozialassistent*in) und nach der Theorie eine gute praktische Begleitung in die Arbeitswelt anzudenken.

 

 

Was braucht es, unserer Zukunft und damit unseren Kindern (33 Prozent der Familien in Südtirol sind alleinerziehend) ein solides Dasein zu ermöglichen? Ressourcen stärken statt Schwächen schaffen. Die automatische Auszahlung einer Kindergrundsicherung für jedes Kind ab Geburt bis zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit könnte die unüberschaubaren Landesbeiträge ersetzen. Geleistete Familienarbeit bedarf der Anerkennung, indem Eltern finanziell direkt unterstützt und rententechnisch abgesichert werden. Somit könnten sie in Selbstverantwortung über die Betreuungsart der Kinder/pflegebedürftiger Angehörigen entscheiden.

Summa summarum, bleibt der ehemalige Familientraum alleine zu schultern, mit allen Pflichten – pardon Rechten und den Kindern trotzdem positive Zukunftsaussichten zu suggerieren.

Im Management heißt es: Die Gruppe ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Solange sich der Fokus in unserer Gesellschaft aber eben nicht auf das schwächste Glied richtet und darauf, Menschen aus ihrer Randexistenz und Armut herauszuholen – wird die Gesellschaft dauerhaft keine wirkliche Stabilität erreichen sondern vielmehr weiter eine scheinbar solidarische Dualgesellschaft bleiben. Mit dem Familienidyll auf der einen Seite und der Überforderung der Alleinerziehenden auf der anderen Seite.