Ob Lega Nord, Forza Italia, Ncd oder PD, alle Parteivertreter der umliegenden Länder bemühen sich, öffentlich zu betonen, uns in TN und BZ den Erfolg zu gönnen. So beginnen derzeit viele politische Reden mit «Io non ho nulla contro l'autonomia di TN e BZ, semmai chiedo che venga riconosciuta anche a noi. Ma…» und eben nach dem „ma…“ kommt das ganze Dilemma. Ob Zaia die Valdastico Nord gegen Trentiner Willen durchdrücken will, ob das anstehende Referendum in Comelico Superiore beeinflusst werden soll, ob für den Erhalt der Provinzen SO und BL demonstriert wird, da steht immer dieses „ma…“ im Raum. Alle fühlen sich unrecht behandelt, fast alle Politiker lassen ihr Fußvolk irgendwie spüren, dass unsere „Superautonomie“ mit deren Geldern finanziert wird. Wahrscheinlich zu Recht wird das ökonomische Gefälle zwischen den Ländern panisch in den Mittelpunkt der politischen Debatte gerückt. Und wen das immer noch nicht überzeugt, der wird an die „Verletzung des Mailänder Abkommens“ in jener Hinsicht erinnert, dass der Fondo ODI (detto Brancher) ausgesetzt und die entsprechenden Geldmittel direkt unseren Landesregierungen zur freien Verteilung im Durnwalderischen Gießkannenprinzip zugesprochen wurden. Das Argument zieht immer. «Ricordo a tutti che quando serve bisogna dire e saper dire NO! Anche agli amici. NO!». Die amici, das sind wir und das Zitat stammt vom BZ/TN-freundlichen BARD. Das übergelaufene Fass ist natürlich der ODI, aber Stein des Anstoßes ist auch die Achse PD-SVP und unterstellte Kuhhandelpolitik.
Aber genau da hat es sich mit den Gemeinsamkeiten der politischen Parteien aber auch schon erschöpft. Im wörtlichsten Sinne unerträglich destruktiv und unwürdig ist das derzeitige Hick Hack zwischen den Belluneser Parteien. Im Vorfeld des Ministerbesuchs wirkt das fast wie die Ratten auf einem sinkenden Schiff. Die immer spitze Feder des BLOZ aus dem Cadore ortet Wendehalspolitik. «Il PD bellunese voleva la Provincia elettiva (la vuole ancora?)» und tatsächlich, die PDler Realon und DeMenech scheinen ihre politischen Karrieren in die Regionalregierung Veneziens retten zu wollen, und schalten in Sachen Belluneser Autonomie einen Gang zurück: «Non dobbiamo fare l’errore di aspettarci tutto e subito. Prima di sognare una Provincia autonoma pensiamo a cose più concrete, come il Fondo Brancher: investimenti vitali per il territorio». Grad so, als hätte plötzlich Übervater Gianclaudio Bressa mit Verweis auf die SVP und deren Weg der kleinen Schritte das 1x1 erfolgreicher Autonomiepolitik gelehrt. Die negative Energie wird auf den politischen Gegner abgeleitet: «La Regione Veneto è amministrata da 20 anni da Forza Italia – Pdl e Lega, se ci fosse la reale volontà politica di salvaguardare cittadini e imprese bellunesi, entro un mese potrebbe essere approvato il trasferimento alla Provincia di Belluno di tutte le deleghe» und einem für uns interessanten Verweis auf das Mailänder Abkommen «Le concessioni a Trento e Bolzano le ha fatte Berlusconi» wird Eunuchentum demonstriert.
Ein Dario Bond, Capogruppo des Pdl (sorry Ncd) im Venezianischen Regionalrat, der keine Gelegenheit zu lautstarken, meist destruktiv rundumschlagenden Sprüchen auslässt, wettert gegen alles und jedes – auch gegen unseren Autonomieausbau und gegen unsere Toponomastik und kommentiert die Ankunft Delrios mit «Non ci sarò. E’ il solito pannicello caldo, mentre per Trento e Bolzano si studia una super-autonomia». Gekonnt in alle Richtungen wettern, eben. Sein Ex-Pdl-Kollege und nun Senator der reanimierten Forza Italia, Giovanni Piccoli, sich jetzt in der Opposition wiederfindend, gibt sich da ganz ähnlich: «Non ho ancora deciso se andrò all’incontro con il ministro Delrio» und begründed seine Abschätzigkeit mit «Sorprendente l’atteggiamento del Pd, ostaggio dell’Svp».
Ja die SVP. Man neidhasst sie im Belluno für ihren Erfolg und ein bissel bewundert man sie selbstkritisch. Silvano Martini, BARD-Urgestein und als Lorenzo Dellais Weggefährte bei der Scelta Civica und somit als Letta-Stützer selbst in der Kritik stehend, bringt es in einem Kommentar auf den Punkt:
«Fare una battaglia per l’Autonomia non vuol dire sposare questa o quella forza politica nazionale ma cercare di ottenere, via che la politica nazionale evolve, (sarebbe meglio dire involve) risultati utili per il proprio territorio. É quel che fanno con ottimi risultati i rappresentanti eletti del SVP senza che alcuno si scandalizzi. Si é mai chiesto da che parte stava politicamente Durnwalder? … Il mio sogno sarebbe avere una forza politica territoriale di raccolta sul modello della SVP e selezionare all’interno del territorio e perché no anche fuori la migliore classe dirigente da mandare nelle sedi istituzionale. I partiti politici così come li conosciamo non servono a Belluno ma solo a costruire carriere politiche personali che la territorio portano i regali di cui parla l’articolo qua sopra.»
Am vergangenen Freitag fand sich Regionenminister Graziano Delrio dann wie angekündigt ein. Kein leichter Gang, es erwartete ihn vielmehr eine kochende „De Luca“-Halle. Zwar sieht sein Gesetzesentwurf nicht mehr die komplette Abschaffung der Provinz BL vor, aber von der weitreichenden Autonomie, die Letta im vergangenen Oktober in Langarone angesichts der Staumauer von Vajont in Aussicht gestellt hatte (BLOZ: «promesse da democristiano?»), ist auch nicht gerade viel übrig geblieben. Dazu Raffaela Bellot von der Lega Nord: «Evidentemente Letta deve aver cambiato idea: il suo atteggiamento smentisce le promesse fatte a Longarone il 12 ottobre. Oggi, per un pugno di voti in più, ha preferito cambiare rotta e condannare a morte i nostri territori. Non chiediamo che queste prerogative siano tolte a Trentino e Alto Adige, ma che siano concesse anche alla provincia di Belluno». Vom lokalen PD aber wird jetzt artig relativiert: «Letta, sul Vajont, ha riconosciuto la necessità di particolari forme di autonomia per i bellunesi, non l’autonomia. E prima di ottenerla dobbiamo dimostrare di saperla gestire. Fino ad ora non lo abbiamo fatto: per decenni abbiamo ricevuto finanziamenti come pochi altri, ma la verità è che non abbiamo saputo programmare».
Hauptstreitpunkt ist die Regierungsform der quasi Alibiprovinz, die nicht mehr direkt gewählt, sondern zu einer „ente di secondo grado“ degradiert werden soll. «Ma come ragionate? Allora sparate al Presidente della Repubblica!», schleuderte der Regionenminister in Anspielung auf das nicht direkt-gewählte Staatsoberhaupt der kochenden Halle entgegen. «Le riforme vanno portate fino in fondo» und «Ma tutti devono capire che la legge elettorale è patrimonio di tutto il paese». Und schließlich dieser harte, alle Autonomievorfreuden zerschlagende Satz mitten ins Gesicht des hoffenden Publikums:
«Non sarete mai come Trento e Bolzano!»
Na hoffentlich wird BL nie wie TN un BZ und wird sich seinen eigenen Charakter bewahren! Aber wenn ich mir unsere derzeitige Südtiroler Delegation in Rom anschaue, wenn Silvano Martini wüsste, wie uneins und ungeschlossen unsere Reihen mittlerweile in Rom agieren, dann fürchte ich mich vor dem Tag, an dem Delrio uns in Bozen die Worte um die Ohren hauen wird:
«Come mai siete diventati come Belluno!»