Wirtschaft | Albatros

Im Gleitflug zurück in die Gesellschaft

Neue Chancen und Brücken zurück ins Arbeits-Leben will die Sozialgenossenschaft Albatros bieten. Direktor Christian Sommavilla im Gespräch.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

“Im Gleitflug zurück in die Gesellschaft”, unter diesem Leitsatz unterstützt die Sozialgenossenschaft Albatros seit nunmehr zwanzig Jahren Menschen, die den Anschluss an die Gesellschaft verloren haben, bei ihrem Weg dorthin zurück. Christian Sommavilla ist derzeit als Direktor von Albatros tätig und erzählt über gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen sowie das Unternehmensmodell Sozialgenossenschaft.

Herr Sommavilla, was ist Albatros?
Christian Sommavilla: Albatros ist eine Sozialgenossenschaft zur Wiedereingliederung von Menschen mit zertifizierter Benachteiligung. Das bedeutet, dass ein gewisser Anteil unserer Angestellten – zur Zeit sind es 50 Prozent – zum Beispiel Suchtprobleme, psychische Probleme oder eine Behinderung haben und für uns als reguläre Lohnempfänger arbeiten.

Welchen Auftrag hat sich Albatros als Sozialgenossenschaft gegeben?
Wir wollen die Menschen, die bei uns arbeiten, wieder fit machen für die Arbeitswelt. Bei uns und mit uns können sie wieder erfahren, was es heißt, jeden Tag aufzustehen, zur Arbeit zu gehen, pünktlich, sauber gekleidet, ordentlich zu sein. Sie lernen den Rhythmus der Arbeit, den Arbeitsalltag (wieder) kennen und sollen befähigt werden, (wieder) in die Arbeitswelt einzusteigen. Und in den zwanzig Jahren, in denen es Albatros nun gibt, ist es gelungen, viele Menschen gut zu integrieren. Aber natürlich hat es auch Abstürze und Rückfälle gegeben.

Wie entsteht der Kontakt zu benachteiligten Menschen? Wenden sich diese direkt an Albatros?
Wir sind Teil eines Netzwerks, was bedeutet, dass die benachteiligten Mitarbeiter über die einweisenden öffentlichen Dienste wie beispielsweise dem Zentrum für Psychische Gesundheit oder dem Dienst für Abhängigkeitserkrankungen uns kommen. Es wird geprüft, bei wem laut Diensten die Notwendigkeit einer begleiteten Wiedereingliederung besteht und wir schauen, wer für uns in Frage kommt und wer nicht. Vor Arbeitsbeginn wird ein Praktikum gemacht und falls alles passt, wird ein befristeter Arbeitsvertrag unterschrieben. Das heißt, die Menschen werden auf Zeit für bestimmte Projekte angestellt um nach Ablauf des Projektes selbst aktiv auf Arbeitssuche oder Weiterbildung zu gehen. Denn auch andere Menschen sollen die Chance auf Reintegration erhalten. Wobei es einzelne Fälle gibt, in denen ein Angestellter, etwa aufgrund seines Alters, keine Chance mehr am Arbeitsmarkt hat und bei Albatros in Pension geht.

Erhalten diese Menschen intern eine Ausbildung oder bringen sie bereits Fähigkeiten und Kenntnisse mit?
In vielen Fällen fehlt eine Ausbildung, wenn etwa nur ein Mittelabschluss gemacht wurde. Zum Teil wird es dann schwierig, Erfolge zu erzielen, weil einfach fachspezifisches Wissen fehlt und vor allem im Burggrafenamt zahlreiche Firmen angesiedelt sind, wo dieses verlangt wird. Hier stehen wir vor einer Herausforderung. Denn einerseits müssen unsere fachspezifischen Arbeiter vor Ort präsent und tätig sein, auf der anderen Seite müssen sie aber auch ihre Kenntnisse an die neuen Mitarbeiter weitergeben, damit Albatros seiner Brückenfunktion zwischen Sozialgenossenschaft, geschützter Werkstätte und Wirtschaft gerecht wird.

Welche Produkte und Dienste bietet das Unternehmen an?
Derzeit sind wir in vier Hauptbereichen tätig: als Reinigungsdienst, im Gartenbau, als Tischlerbetrieb und in der täglichen Gebrauchtkleidersammlung der Caritas. Zudem übernehmen wir kleinere Aufträge wie Flyertätigkeiten oder Portierdienste.

Wer sind die Kunden von Albatros?
Da sind einerseits Kunden aus dem öffentlichen Sektor, die an den Produkten und Dienstleistungen von Albatros interessiert sind, weil sie auch ihrem gesellschaftlichen Auftrag nachkommen wollen. Andererseits stammen viele Kunden aus dem Privatsektor, die ihre Aufträge einfach lieber an eine Sozialgenossenschaft vergeben als an Private. Was jedoch klar ist, dass das gelieferte Produkt, die gelieferte Dienstleistung passen muss. Sicher haben wir uns die Arbeitsplatzeingliederung auf die Fahnen geschrieben, doch sind wir auch ein Unternehmen und kein Verein. Den Menschen muss auch zu verstehen gegeben werden, dass sich die Brücke, die wir zwischen ihrem und dem Arbeits-Leben herzustellen versuchen, auch irgendwann wieder schließt.

Wie sieht die interne Organisation des Unternehmens aus?
Das größte Organ ist die Vollversammlung, die den Verwaltungsrat wählt. Diesem steht der Präsident als Vorsitzender des Gremiums vor. Daneben gibt es die Direktion und für jeden Tätigkeitsbereich Bereichsleiter und Koordinatoren. Und schließlich sind da noch die Arbeiter sowie die benachteiligten Arbeiter.

Albatros feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen. Welche Entwicklungen hat es im Laufe der Zeit gegeben?
Die Anfrage vonseiten der einweisenden Dienste wird immer größer. Vor allem seit der gefühlten wirtschaftlichen Krise 2008 hat sich die Situation erheblich verschlechtert. Auch der Druck aus der Gesellschaft wächst ständig. Dabei sind wir heute auch mit einer größeren Komplexität in den einzelnen Fällen konfrontiert. Hat es früher etwa noch den “klassischen” Süchtigen gegeben, kommt heute zur Alkohol-, Spiel- oder Drogensucht meist noch eine kritische Wohnsituation beziehungsweise eine schwierige familiäre Lage dazu.

Vor welche Herausforderungen stellt diese neue Entwicklung das Unternehmen Albatros?
Da Albatros wie gesagt als Unternehmen und nicht als Verein tätig ist, müssen wir natürlich auch wirtschaftlich arbeiten, schwarze Zahlen schreiben und das unternehmerische Risiko so gering wie möglich halten. Klar ist jedoch, dass von menschlicher Seite her bei uns ganz anders als in einem klassischen Unternehmen umgegangen wird. So sind wir etwa bei Disziplinarmaßnahmen toleranter – während anderswo der Angestellte bei einem Verstoß seinen Arbeitsplatz wahrscheinlich verlieren würde. Wir bereiten die Menschen so gut es irgend geht auf das “Leben danach” vor, aber natürlich gibt es auch bei Albatros irgendwann Grenzen.

Mit welchen internen Strategien schafft es Albatros heute am Markt zu bestehen?
Die internen Ressourcen müssen effizient eingesetzt werden um erfolgreich arbeiten zu können. Seit sieben, acht Jahren durchleben wir als Unternehmen eine sehr positive Entwicklung. Hilfreich dabei ist unsere straffe, gute interne Organisation. Darüber hinaus geben wir uns klare Ziele, die umgesetzt werden können. Mit 70 Mitarbeitern ist Albatros ein mittelgroßes Unternehmen, das durchwegs marktfähige Dienstleistungen und Produkte bietet.