Politik | Debatte

Was darf die Region?

Im Regionalrat sollte vormittags über eine Koordinierung zwischen Südtiroler Autonomiekonvent und Trentiner Consulta befunden werden. Nicht alle waren mit von der Partie.

Update:

Nachdem die Arbeiten um 15 Uhr wieder aufgenommen wurden, zeigte sich Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo mit der Vertagung der Debatte über den Beschlussantrag Nr. 34 einverstanden. Der Antrag wird in der April-Sitzung behandelt. Von einem “aus dem Fenster geworfenen Vormittag” sprach der Trentiner Regionalratsabgeordnete Claudio Civettini (Civica Trentina), denn die Mehrheit wisse nicht, was mit dem Antrag anfangen. “Siamo una banda di pellegrini, che non sappiamo nemmeno cosa fare sull’atto più importante”, so Civettinis Kommentar bevor Avanzo den Punkt als abgeschlossen erklärte.


Was bisher geschrieben wurde:

Eigentlich hätte sich der Regionalrat auf seiner heutigen Sitzung mit dem Thema Grenzkontrollen an der österreichischen Grenze und Flüchtlinge beschäftigen sollen. Im Februar hatte Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo eingewilligt, diesen Punkt ganz oben auf die Tagesordnung der Märzsitzung zu setzen. Doch es sollte anders kommen.


Wie viel Region darf's sein?

Gleich zu Beginn der Sitzung um 10 Uhr wurde über eine Änderung der Tagesordnung abgestimmt. Priorität sollte dem Beschlussantrag Nr. 34 eingeräumt werden. Darin fordern zwölf Regionalratsabgeordnete parteiübergreifend “Koordinierungsmaßnahmen mit den Landtagen von Trient und Bozen zwecks Reform des Autonomiestatutes von Trentino-Alto Adige/Südtirol”. Das Regionalratspräsidium soll den Überarbeitungsprozess zum Sonderstatut im Rahmen des Autonomiekonvents in Südtirol und des Trentiner Pendants, der Consulta, aufeinander abstimmen. Das fordern unter anderem Arno Kompatscher, Dieter Steger, Hans Heiss und Roberto Bizzo, gemeinsam mit acht Trentiner Kollegen. Konkret verlangen die Abgeordneten vom Regionalratspräsidium:

  • die Förderung des Austausches von Informationen und Unterlagen zwischen den Landtagen, in Bezug auf den Stand der Arbeiten, auch was die eingeführten Beteiligungsformen anbelangt, etwa in Form einer IT-Plattform
  • die Vertiefung auch in Bezug auf etwaige kritische Stellen, die aus den Informationen und Unterlagen hervorgehen
  • die Formulierung von Vorschlägen an die Landtage, um einen übereinstimmenden Weg bei der Festlegung der Inhalte der Reform des Statuts zu finden

Weiters soll der Regionalrat regelmäßig über die Ergebnisse und den Verlauf der vorgesehenen Tätigkeiten informiert werden.

Doch der parteiübergreifende Antrag zur Koordinierung der Reform des Autonomiestatus zwischen den beiden Provinzen stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung. Nach einer Beratung, zunächst unter der deutschsprachigen Opposition, dann unter den gesamten Südtiroler Abgeordneten, beantragte Dieter Steger die Vertagung des Beschlussantrags. Was folgte, war eine Debatte über die Rolle des Regionalrats bei der Statutsreform, die bis zur Mittagspause andauerte.


Kalte Füße vor hitziger Debatte?

Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore) bedauerte die Entscheidung, den Antrag vertagen zu wollen und warf der Mehrheit vor, sich in die Geiselhaft der Feinde der Region zu begeben. Sven Knoll konterte, dass viele Südtiroler Abgeordnete für die Auflösung der Region seien und es “inakzeptabel” sei, dass es die Region sei, die sich mit der Reform des Status beschäftige. “Wir wollen ihr (der Region, Anm. d. Red.) nicht die Koordinierung der Statutsreform übertragen”, begründete der Vertreter der Süd-Tiroler Freiheit seine Skepsis zum Antrag. Unterstützung kam von Andreas Pöder (Bürgerunion), der daran erinnerte, dass der Autonomiekonvent mit Landesgesetz geregelt ist und man somit zuerst auch innerhalb des Landtags befinden müsse, was mit dessen Ergebnissen geschehen solle. Ebenso verteidigten die beiden Landeshauptleute die Entscheidung, den Antrag und somit die Debatte darüber zu vertagen. “Zum Konvent braucht es einen breiten Konsens, auch über die Vorgangsweise”, meinte Arno Kompatscher. “Wenn die Vertreter einer Sprachgruppe noch Zeit zum Vertiefen brauchen, dann muss ich dies respektieren”, Ugo Rossi. Auch Mitunterzeichner Hanss Heiss  verteidigte den Antrag auf Vertagung. “Wenn es für einen breiteren Konsens noch Zeit braucht, soll man dies berücksichtigen”, meinte der Grüne. Zum Beispiel wäre genauer zu klären, ob der Regionalrat neben der Koordinierungs- auch eine Ausrichtungsfunktion bekommen solle.

Kritik äußerten hingegen neben Urzì auch die Trentiner Abgeordneten. So sagte etwa Rodolfo Borga (Civica Trentina), dass der Beschlussantrag “nichts Weltbewegendes” enthalte und problemlos hätte genehmigt werden können. “Aber die Mehrheit ist in vielen wichtigen Fragen gespalten und traut sich nicht, diese zur Diskussion zu stellen”, bemängelte Borga. Er kritisierte, dass man nicht einmal eine formelle Einbindung der Region im Reformprozess zulassen wolle. Auf derselben Linie die Kritik von Filippo Degasperi (Movimento 5 Stelle), der einwarf, dass man dem Regionalrat sogar eine Diskussion über dieses Thema verweigern wolle. “Ich hoffe, dass die Zeit für die Konsensbildung genutzt wird und dass das Thema nicht mit dem heutigen Tag gestorben ist”, brachte Walter Viola (Progetto Trentino) vor.

“Schwierigkeiten innerhalb der Region, in der Mehrheit wie in der Opposition, hat es immer wieder gegeben. Aber davon hat man sich nicht aufhalten lassen”, antwortete Ugo Rossi, der schließlich um die Unterbrechung der Sitzung ansuchte, für eine Beratung innerhalb der Mehrheit. Seit 15 Uhr läuft die Sitzung im Regionalrat wieder.