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"Wir wollen uns nicht anpassen"

Gerhard Gruber und Sr. Mirjam reagieren auf die Kritik aus der Ärzteschaft an der Leitung der Marienklinik. Denn einige Fachärzte sind sogar bereit, zu gehen.

Laufen der Marienklinik die Ärzte davon? Wie am heutigen Dienstag bekannt wurde, ist mit den Orthopäden von Orthoplus ist die stärkste Ärzte-Gruppe an der Klinik bereit, diese in absehbarer Zeit zu verlassen. Man ist mit den Entscheidungen der Klinikleitung unzufrieden, kritisiert, als Mediziner kaum bis gar kein Mitspracherecht zu besitzen. “Es liegt auf der Hand, dass sich einige Fachärzte in der Marienklinik nicht wohl fühlen. Da ist es verständlich, dass sie sich etwas anderes suchen”, meint Franz Oberkofler, der als Internist an der Bozner Privatklinik tätig ist, in einem Interview. In der Chefetage der Marienklinik selbst hielt man die Nachricht bislang für ein Gerücht. “Ich habe es heute (Mittwoch, 16. Dezember, Anm.d.Red.) aus der Zeitung erfahren, dass da wohl schon etwas unterschrieben wurde”, sagt Gerhard Gruber. Er leitet als Geschäftsführer die Klinik, die sich im Besitz der Tertiarschwestern des heiligen Franziskus befindet. Eine davon ist Schwester Mirjam Volgger, die Koordinatorin der Marienklinik. Was sagen die beiden Führungsfiguren zu den Vorwürfen? salto.bz hat nachgefragt.

Einige Ärzte sind bereit, die Marienklinik zu verlassen. Es steht der Vorwurf im Raum, bei Entscheidungen nicht gefragt, geschweige denn eingebunden worden zu sein.
Sr. Mirjam: Der Verwalter ist immer der Böse.

Gruber: Schauen Sie, wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen. In entscheidenden Fragen wurden die Ärzte sehr wohl gefragt. Und einige Vorschläge, die von ihrer Seite gekommen sind, waren für uns einfach nicht akzeptabel. Aber man muss schon verstehen: In die Internas der Praxen, aus denen die Ärzte stammen, sind wir auch nicht eingeweiht, da werden wir auch nicht gefragt. Wenn nun behauptet wird, dass die Kommunikation nicht stimmt, dann kann ich nur sagen: Unsere Türen stehen immer offen. Allerdings wurden wir nie auf die Absicht einiger Ärzte, die Klinik zu verlassen, angesprochen.

Droht der Marienklinik nun ein Mangel an Ärzten wie im öffentlichen Sanitätswesen?
Gruber: Nein, fehlende Fachkräfte sind bei uns kein Problem. Und wir werden auf den Weggang mit Fakten zu antworten wissen.

Wie zum Beispiel?
Gruber: Ab Jänner werden einige neue Ärzte bei uns anfangen. Und es liegen eine Menge weiterer Anfragen von Medizinern vor, die gerne mit uns zusammenarbeiten würden. In allen Bereichen, von der Orthopädie über HNO bis hin zur Urologie. Darüber hinaus steht auch die Absicht, neue Dienstleistungen anzubieten. Wir denken etwa an den Aufbau einer Reha.

Sr. Mirjam: Unter anderem waren wir auch beim Health and Science Forum, das Ende Oktober vom Planet Medizin von Südstern organisiert wurde. Viele der anwesenden Ärzte erzählten, dass sie im Ausland bleiben werden und sich nicht vorstellen können, nach Südtirol zurückzukommen. Da haben wir gedacht, da springen wir auf! Es hat bereits erste vielversprechende Gespräche gegeben. Wir als Marienklinik können den Ärzten eine Struktur, den Namen und die Möglichkeit bieten, ohne großen Kapitalaufwand zu starten.

Gruber: Wir sind eine nicht gewinnorientierte Klinik, die auch der Spiritualität der Schwestern folgt und folgen muss. In diesem Sinn sind wir gerade dabei, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen.

Wie sieht dieser aus?
Gruber: Früher wurde die Klinik stets als Betten- und OP-Vermietung gesehen und entsprechend behandelt. Der Patient war praktisch ein zu operierendes Objekt. Davon wollen wir weg und den Patient als gesamtheitliches Objekt betrachten, uns breiter aufstellen und mehrere Dienste anbieten. Der OP soll nur mehr eine Möglichkeit von vielen sein. Und die neuen Ärzte sollen mehr an die Klinik gebunden werden.

Sr. Mirjam: Als ich als junge Schwester begonnen habe, habe ich mir immer folgendes Bild von der Klinik gemacht: Wir, der Orden, sind die Fabrik, die Mitarbeiter und die Geräte. Die Und die Ärzte jene, die produzieren. Dieses Modell ist im Wandel. Wir wollen jetzt die Klinik bestmöglich nutzen, unsere Klinik draus machen.

Gruber: Unsere Vision ist: mehr Klinik.

Einigen Ärzten scheint das nicht zu passen?
Sr. Mirjam: Wir haben versucht, die Ärzte mit ins Boot zu holen und Bereitschaft gezeigt, dass wir sie auf den neuen Weg mitnehmen möchten. Aber wenn sie nicht mitkommen wollen und auch nicht bereit sind, die Klinik zu repräsentieren, wie wir uns das wünschen… Das soll jetzt nichts Persönliches werden, weil die Divergenzen eigentlich in der Natur der Sache liegen: Hier prallen zwei unterschiedliche Denkweisen aufeinander, es begegnen sich zwei unterschiedliche Welten. Der Arzt denkt: Wie kann ich das Problem jetzt lösen? Der Geschäftsführer: Wie schaffe ich es, morgen noch Geld zu haben?

Gruber: Wir sind jetzt sicherlich nicht die Bösen. Aber es muss natürlich immer ein Schuldiger her. Die strategischen Entscheidungen, die wir getroffen haben, und die auch der Schwesternschaft obliegen, gefallen eben nicht allen. Uns anzupassen, um allen zu gefallen, kommt allerdings nicht in Frage.