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Was würde Facebook tun?

Facebook will Falschnachrichten, die über die soziale Plattform verbreitet werden, den Kampf ansagen.
Facebook Fake
Foto: upi

Es ist eine Zahl, von der andere soziale Plattformen nur träumen können: 1,79 Milliarden aktive User verzeichnet Facebook im dritten Quartal 2016. Und die Zahl steigt – entgegen anderslautenden Stimmen, die immer wieder das Ende von Facebook prophezeien – stetig an. Mit der wachsender Userzahl wächst auch die Menge und Reichweite der Postings, die auf der Plattform geteilt werden. Und damit die Schwierigkeit, diese auf ihren Inahtl und Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Bereits des öfteren musste sich Facebook und mit ihm sein Gründer Mark Zuckerberg den Vorwurf gefallen lassen, nicht genügend zu tun, um Hasspostings, beleidigende Kommentare und Falschnachrichten zu unterbinden. “Das Unternehmen entwickelt sich zur größten Plattform für Hass, Hetze und Desinformation”, schreibt der Redakteur des Digital-Teams der Süddeutschen Zeitung Simon Hurtz.

Zuletzt wurde nach den US-Präsidentschaftswahlen die Kritik laut, Facebook habe Donald Trump zum Sieg verholfen. Unter anderem dadurch, dass es die Verbreitung so genannter “Fake News” – erfundene und zielgerichtet in Umlauf gebrachte Nachrichten – nicht unterbunden habe. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht und Facebook zum Einlenken bewogen hat. Mark Zuckerberg gab die Nachricht höchstpersönlich bekannt – wie könnte es anders sein, auf seinem Facebookprofil:
“Today we’re making it easier to report hoaxes, and if many people report a story, then we’ll send it to third-party fact checking organzations.”

Ein Beispiel: Im US-Wahlkampf zirkulierte die Nachricht, dass es in Washington eine Pizzeria gebe, die als Zentrale für einen Pädophilenring dient – angeführt von Hillary Clinton höchstpersönlich. Der Lokalbetreiber sah sich unzähligen Drohungen ausgesetzt, am 4. Dezember stürmte dann ein bewaffneter Mann die Pizzeria. Er wollte auf eigene Faust dem angeblichen Pädophilenring ein Ende bereiten. Diesen hat es aber nie gegeben, wie die zuständigen Polizeibehörden versichern.

Was Facebook ändern will

In Zukunft soll es einfacher werden, Fake News zu melden. Dazu soll die Option “It’s a fake new story” bei den Meldungen hinzugefügt werden. Die Meldung, dass es sich bei dem veröffentlichten Inhalt um eine Falschnachricht handelt, soll sowohl an Facebook als auch den Urheber des Postings gehen.

Zudem will das Unternehmen mit Organisationen, die so genanntes “fact checking”, also Faktenchecks durchführen, zusammenarbeiten. Werden Nachrichten von Usern besonders häufig als Fake News gemeldet, sollen die Faktenüberprüfer einschreiten, eine Fake News gegebenenfalls als “umstritten” markieren und eine Erklärung dafür mitliefern können. Die entsprechende Nachricht wird zwar nicht blockiert, aber falls sie weiterverbreitet wird, bleibt sie mit einem Warnhinweis gekennzeichnet.
Darüber hinaus will Facebook die Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Artikel im Newsfeed der User auftauchen, anpassen. Wenn zum Beispiel ein Artikel nicht geteilt wird nachdem er angeklickt und gelesen wird, soll das als Warnsignal dienen, erklärt Facebook-Manager Adam Mosseri in einem Blogeintrag: “We’ve found that if reading an article makes people significantly less likely to share it, that may be a sign that a story has misled people in some way.” Und schließlich kündigt das Unternehmen an, finanzielle Anreize zum Verbreiten von Fake News eindämmen zu wollen.

Ein überfälliger kleiner Schritt?

Aus Liebe zur Wahrheit, aus einem “neuen Verantwortungsgefühl” heraus, aber vor allem nach großem Druck hat sich der Social-Media-Gigant zu diesen Schritten durchgerungen. Für einige kommen sie zu spät. So melden sich nach dem Bekanntwerden der anstehenden Änderungen die Betreiber von MIMIKAMA zu Wort. Der private Verein setzt sich seit seiner Gründung 2011 dafür ein, Internetmissbrauch, Internetbetrug und Falschmeldungen beziehungsweise Fake News entgegen zu wirken und zu bekämpfen. Hier gibt er unter anderem Tipps, wie man Fake News erkennen kann. “Vor 6 Jahren haben wir schon gesagt, dass hier etwas nicht stimmt”, lässt MIMIKAMA auf Facebook wissen.

Zweifel daran, ob Facebook auf diesem Weg den Fake News tatsächlich Einhalt gebieten kann, kommt nicht zuletzt von Sascha Lobo. Für den bekannte deutsche Blogger, Buchautor und Journalist ist das Phänomen weit komplexer und vielschichtiger, schreibt er in seiner Kolumne auf SPIEGEL Online: “Fake News sind (…) ein gesellschaftliches Symptom wie der autoritäre Kampfruf ‘Lügenpresse’. Beiden lässt sich nur indirekt begegnen: Durch Aufklärung und Wahrhaftigkeit, durch Transparenz und Fehlerkultur, durch offene Debatte und offensive Meinungspluralität” und nur “vielleicht durch technische Hilfestellungen dieser Werte und Methoden”.