Der Bauleiter
Italien wird von einem neuen Korruptionsskandal erschüttert.
Die Staatsanwaltschaft Florenz hat ein ausgeklügeltes Korruptionssystem aufgedeckt, mit dem man öffentliche Bauaufträge um bis zu 40 Prozent aufgebläht hat. Im Zentrum der Ermittlungen mit dem Titel "Sistema" stehen die Aufträge zum Bau einer Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke in der Toskana und die Weltausstellung in Mailand. Es geht um Aufträge im Wert von 25 Milliarden Euro.
Am Dienstag wurden vier Personen von der Carabinieri-Sondereinheit ROS verhaftet und 47 weitere angezeigt. Die Schlüsselfigur der Korruptionsaffäre soll Ercole Incalza sein. Dem hochrangigen Beamten im Infrastrukturministerium, der im vergangenen Dezember in Rente gegangen ist, wird von der Ermittlern vorgeworfen, eine Art Bindeglied zwischen der Politik und den privaten Unternehmern gewesen zu sein.
In den Sog der Ermittlungen ist auch Verkehrsminister Maurizio Lupi geraten.
Ihm werden Kontakte zu Unternehmern vorgeworfen, die sich durch Bestechung Aufträge für Großprojekte im Bahn- und Autobahnsektor gesichert haben sollen.
Einer der verhafteten Unternehmer ist der Ingenieur Stefano Perotti. Die 57jährige Römer gründete 1984 die SPM Consulting, die sich auf die Bauleitung bei Großprojekten spezialisiert hat. Perotti arbeitet seit fast 30 Jahren vor allem auf dem Eisenbahnsektor, so hat der Ingenieur die Bauleitung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Bologna-Florenz übernommen.
Die Ermittlungen haben ergeben, dass Perottis Unternehmen immer wieder lukrative Aufträge auch an Luca Lupi, den Sohn von Infrastrukturminister Maurizio Lupi vergeben hat. In abgehörten Telefongesprächen ist von einem sehr engen Verhältnis zwischen Stefano Perotti und Maurizio Lupi die Rede. Der Minister bestreitet die Vorwürfe.
Stefano Perotti und sein Unternehmen haben aber auch in Südtirol zwei lukrative Aufträge erhalten.
Am 11. Februar 2011 wurde im Aufsichtsrat der BBT SE die öffentliche Ausschreibung für die örtliche Baufaufsicht der periadriatischen Naht und der vorbereitenden Bauwerke im Bereich Mauls genehmigt.
Die Ausschreibung erfolgte nach dem österreichischem Vergaberecht und nach dem wirtschaftlich günstigsten Angebot. Am 26. September 2011 wurde der Auftrag in Bozen dann an eine italienische Bietergemeinschaft vergeben. Die Aufragssumme: 3.123.321,30 Euro.
Der Bietergemeinschaft gehören mit 48 Prozent die „DLB scarl“, mit 33 Prozent die Italferr Spa, mit 14 Prozent die hbpm Ingenieure Gmbh 1 und mit 5 Prozent die SwS Engineering Spa an. Stefano Perotti fungiert für den Projektträger DLB scarl als offizieller Bauleiter.
Am 9. Juli 2012 hat der Aufsichtsrat der BBT SE die öffentliche Ausschreibung für das Projektmanagement und die Bauaufsicht der Eisackunterquerung genehmigt. Diese Ausschreibung erfolgte nach dem italienischen Vergabegesetz und nach dem Bestbieterprinzip, wobei die Qualität mit 60 Prozent und der Preis mit 40 Prozent bewertet wurde. Die geschätzte maximale Ausschreibungssumme betrug 9 Millionen Euro. Am 18. Juli 2013 sicherte sich Bietergemeinschaft „Italferr, hbpm und SPM Consulting“ um 7.690.400 Euro diesen Auftrag. Wobei die Iralferr 40 Prozent der Bietergemeinschaft hält, die hbpm und SPM jeweils 30 Prozent. Stefano Perotti und sein Unternehmen sind in diesem Projekt, das jetzt seit ein paar Monaten läuft, als Sicherheitskoordinatoren beschäftigt.
Die ReaktionenNach Informationen von salto.bz prüft die Staatsanwaltschaft Florenz auch den Verdacht, ob es bei der Auftragsvergabe des BBT zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Derzeit gibt es dafür keine Anzeichen.
Eine offizielle Stellungnahme der italienischen BBT-Gesellschaft gibt es noch nicht. Inoffiziell heißt es nur: „BBT SE hat alle Vergaben nach rechtlichen Vorschriften gemacht.“