Gesellschaft | Spracherwerb

Tauschen wir Kindergärtnerinnen!

Zweisprachigkeit der Kinder versus Arbeitsplätze heißt das aktuelle Dilemma im italienischen Kindergarten. Dabei liegt die Lösung auf der Hand.

Wie viel Schutzklauseln braucht die deutsche Minderheit im Land  - oder wie viel Zweitsprache darf sie verwenden, um nicht das Gespür für die Muttersprache zu verlieren? Solchen Diskussionen im Landtag stehen reale Befürchtungen im italienischen Kindergarten gegenüber. Wie viel Kindergärtnerinnen ohne fixen Arbeitsvertrag riskieren keinen Job zu haben, weil ihre deutschsprachigen Kolleginnen dafür sorgen, dass Kinder schon in frühen Jahren an die zweite Sprache herangeführt werden?  498,5 Vollzeitäquivalente gibt es im italienischen Kindergarten landesweit, 8,75 Stellen sind dabei den pädagogischen MitarbeiterInnen deutscher Muttersprache vorbehalten. Eine politische Entscheidung, die es seit dem Sommer 2014 ermöglicht, dass pädagogische Fachkräfte der Zweitsprache in den italienischen Kindergärten angestellt werden können. Seit damals ist aber auch offen, wie garantiert werden kann, dass das italienischsprachige Personal dadurch keinen Schaden nimmt. Denn die deutschen Kolleginnen haben ebenso wie Klosterschwestern eine Vorzugsspur bei der Stellenwahl. Eine Ungleichbehandlung, die erst kürzlich von rund 50 Kindergärtnerinnen ohne fixe Stelle angeprangert worden war.

Doch, wie Schulamtsleiterin Nicoletta Minnei bedauert: „Es gibt keine Alternativen.“ Denn italienischsprachige Familien würden vor allem in Bozen einfordern, dass ihre Kinder bereits im Kindergartenalter mit Deutsch vertraut gemacht werden. „Wenn wir wollen, dass diese Eltern ihre Kinder weiterhin in den italienischen Kindergarten einschreiben, müssen wir dieses Angebot garantieren“, sagt Minnei gegenüber der Tageszeitung Alto Adige. Auch der Gewerkschaft ist klar, dass die Konsequenzen bei der Schließung weiterer Kindergartensektionen gravierender sein würden als der Verlust von 8,75 Stellen. Dennoch will man sich bei der Fachgewerkschaft Fp-CGIL nicht einfach mit der Situation abfinden – und zieht die naheliegendste Lösung aus der Schublade: die Einsetzung von Personal auch in der Gegenrichtung. „Unser Ziel ist es, die Voraussetzungen für einen Austausch zwischen den deutschen und italienischen Kindergärten zu schaffen“, sagt Gewerkschafterin Ulli Bauhofer. Damit könnten auch die Bedürfnisse all jener deutschsprachigen Familien befriedigt werden, die sich für ihre Kinder die Zweitsprache bereits im Kindergarten wünschen.

In diesem Sinne hat die Gewerkschaft laut Baufhofer bereits um einen dringlichen Termin bei Schullandesrat Philipp Achammer angefragt. Auf wie viel Zustimmung wird sie dort nach den ersten heftigen Landtagdiskussionen zum Konvent treffen? Die naheliegendste Lösung ist nicht immer die politisch durchsetzbare. Doch einen Versuch ist es wert, findet auch Bauhofer. „Wir wünschen uns, dass sich die Politik der Situation dieses Personals ernsthaft annimmt.“

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Michael Bockhorni Fr., 17.04.2015 - 10:58

das scheint ja wohl ziemlich logisch. entweder "muttersprachler" in allen kindergärten oder die mitarbeiterinnen der "eigenen" sprachgruppe beherrschen die zweitsprache ausreichend, um sie den kindern beizubringen.

Fr., 17.04.2015 - 10:58 Permalink
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heinz herrman Fr., 17.04.2015 - 15:03

au mann. etwas überspitzt betrachtet ist es in einigen fällen ja fast schon so, dass ich meine kinder aus deutschmuttersprachiger familie getrost in den deutschen kindergarten schicken kann, wenn ich will,dass sie italienisch lernen, weil dort die kinder aus italienischen familien, deren eltern wollen dass ihre kinder deutsch lernen, die mehrheit bilden.
das ist doch absurd.

wann werden wir in südtirol soweit ideologiebefreit und pragmatisch sein, endlich unser mehrsprachiges umfeld effizient zum wohl unserer kinder zu nutzen und ihnen eine einzigen, gemischtsprachigen kindergarten bieten, wo die eine tante eben italiensich spricht und die andere tante oder onkel deutsch, und der luca mit dem anton und die maria mit der paoletta spielt?

denn, seihen wir uns ehrlich, was haben sämtliche versuche die deutsche sprache vor der vermeintlichen latenten unterwanderung durchs italienische zu schützen gebracht?
die deutschsprachigen südtiroler sprechen (und schreiben) nach wie vor leidlich schlechtes deutsch und sind oft (wenn keine auslandserfahrung) keiner standardsprache mächtig um sich z.B. im deutschsprachigen ausland halbwegs verständlich zu artikulieren. und italienisch müssen wir auch erst mühsam im berufsleben erlernen, denn dank getrenntemkindergarten- schul- und mediensystem fallen die kontakte zur anderen sprache und kultur auch in bozen noch ziemlich dürftig aus. Außer man hat das glück in einer gemsichtsprachigen familie aufzuwachsen.

ähnliches gilt ja auch für die italiener, die sich beim erlernen des deustchen schwer tun, weil sie in der schule ja hochdeutsch lernen, das in ihrem umfeld ja aber keiner beherrscht, geschweige denn spricht.

Fr., 17.04.2015 - 15:03 Permalink