Gesellschaft | Altersheime
„Es reicht!“
Foto: YouTube/Autonomiekonvent
Alle Bewohner und Mitarbeiter in Altenheimen testen. Dies sei der ganz große, zentrale Schwerpunkt der künftigen Teststrategie in Österreich. Diese Worte stammen aus dem Mund des österreichischen Gesundheitsministers Rudolf Anschober nach Anhörung zahlreicher Experten. Tony Tschenett, Vorsitzender des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB), fordert, die Strategie in Südtirol an Österreich anzupassen.
Es sei nicht mehr tolerierbar, mitansehen zu müssen, wie das Krisenmanagement in vielen Altersheimen völlig versagt, so der ASGB-Chef in einer Stellungnahme. Man könne verstehen, dass am Anfang der Covid-19-Krise viele Strukturen von der außergewöhnlichen Situation überrascht wurden, man hätte aber rechtzeitig gegensteuern können. Was aktuell geschehe, sei vielfach komplettes Versagen vieler Führungskräfte in den Altenheimen in verwaltungstechnischer Hinsicht, aber auch in menschlicher Hinsicht.
Ich habe viele Gespräche mit Pflegern geführt. Die meisten kritisieren den fahrlässigen Umgang der Heimführungen mit Covid-19.
„Mir reicht’s jetzt! Ich habe viele Gespräche mit Pflegern geführt. Die meisten kritisieren den fahrlässigen Umgang der Heimführungen mit Covid-19. Auch heute gilt in einigen Strukturen immer noch die Devise, beim Personal und der Ausstattung desselben zu sparen. Wohin das führt, sieht man. Ein Massensterben der Heimbewohner, ein sich vielfach in Quarantäne befindendes Pflegepersonal und dadurch ein personeller Notstand vielerorts. Dass durch den Mangel an Schutzausrüstung und nicht erfolgter Tests fahrlässig die Ausbreitung des Virus durch das Pflegepersonal in Kauf genommen wurde, ist nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Die anfängliche Weigerung, flächendeckende Tests in den Strukturen durchzuführen, hat uns in diese Situation gebracht. Auch wenn ich mich wiederhole: diese Situation ist erst durch menschliches Versagen derart entartet“, schreibt Tschenett.
Man könne nur noch Kosmetik betreiben, und das heißt: sofort Tests an allen Mitarbeitern und Heimbewohnern durchführen!
Tschenett zeigt sich aber auch beunruhigt über mangelnde Empathie: „Man hat das Gefühl, dass erkrankte Bewohner teilweise nicht mehr als gleichwertige Menschen anerkannt werden. Für die Preise, die in den Altenheimen bezahlt werden, möchte man eigentlich meinen, dass anständige Schutzvorkehrungen und auch Behandlungen angeboten werden. Dabei ist in den letzten Jahren massiv beim Personal gespart worden. Die Zeit der Pfleger beim Patienten wurde begrenzt, während die Zeit der Führungskräfte bei den Akten keine Begrenzung erfahren hat. Der Ruf der Pflegestrukturen wird für lange Zeit unter diesem Missmanagement leiden.“
Jetzt gelte es die Ärmel hochzukrempeln und das Beste aus der Situation zu machen. Wenn sich die Situation aber beruhigt hat, dann müsse man sich Gedanken darübermachen, wie man die Verantwortlichen dieser Misere zur Verantwortung zieht.
„Diese traurigen Umstände müssen auch endlich Anlass dafür sein, dass unsere Forderungen nach einer anständigen Aufwertung der Pflegeberufe umgesetzt werden. Dabei sollen die Maßnahmen für die Aufwertung nicht auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden, sondern umgehend angegangen werden“, schließt Tschenett.
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Glauben Sie nicht Herr
Glauben Sie nicht Herr Tschenett, dass es als Sesselwärmer leicht ist zu kritisieren. Ich schlage vor Sie melden sich einmal als Freiwilliger in einem Altenheim. bevor über alle in den Altersheimen hergezogen wird. Ich glaube die Altenpfleger und Altenpflegerinnen leisten eine tolle Arbeit und ihnen gebührt nichts anderes als Dank!
Antwort auf Glauben Sie nicht Herr von A. Ch.
Diesen Ihren Eindruck habe
Diesen Ihren Eindruck habe ich überhaupt nicht. Tschenett kritisiert z. T. die Heimleiter und Verantwortlichen und - so habe ich es verstanden - die Verantwortlichen im Sanitäts- und Sozialwesen, sowie die zuständigen Politiker/innen. Es setzt sich für das Pflegepersonal ein!
Aber ich glaube auch, dass wahrscheinlich alle auf allen Ebenen von den Tatsachen überrascht worden sind und dass es dann schwierig war und ist.
Herr Tschenett hat als
Herr Tschenett hat als Gewerkschafter sicher einen guten Einblick in die Pflegeeinrichtungen, und es ist sein gutes Recht, wenn nicht sogar seine Pflicht, Missstände aufzuzeigen und bessere Schutzvorkehrungen für Angestellte und Insassen einzufordern. Genauso wie es guter Journalismus machen muss,- Missstände aufzeigen, an der Seite von Schwächeren und sonst nicht Gehörten stehen usw.. Jedenfalls soll er nicht die Jubelmeldungen und die PR von Politik und Mächtigen einfach weiterverbreiten (Das machen diese schon selber und eine bestimmte Tageszeitung). Ich verstehe schon, viele möchten keine Kritik oder über negative Dinge informiert werden, aber es ist nun mal wichtig! Wir Südtiroler sollten wieder demütiger werden und von anderen Gebieten, die es besser machen, lernen.