„Vielfalt verbindet“
salto.bz hat die in Tirol lebende, 1984 in Moskau geborene, aufstrebende Allroundkünstlerin Polina Alaska besucht und zu ihrem künstlerischen Schaffen befragt. Im Gespräch gab uns die sympathische Künstlerin einen ehrlichen Einblick in ihr Innenleben und in ihre Gedanken und Glaubenssätze.
Salto.bz: Polina, du kommst in deiner Kunst immer wieder auf ethnische Aspekte zu sprechen, was ist dir in diesem Zusammenhang besonders wichtig?
Polina Alaska: Die Menschen leben heutzutage in einer globalisierten Welt und vergessen meiner Meinung nach oft ihre Wurzeln. Durch große Konzerne, wie zum Beispiel H&M, verlieren sie den Bezug zu ihren Traditionen oder folkloristischen Bräuchen. Ich will mit meiner Kunst zeigen, dass nicht alles gleich sein muss, dass Vielfalt verbindet und die Welt bunter macht. Durch meine Reisen nach Südamerika Indien oder Russland ist mir das erste Mal aufgefallen, dass sich Bräuche und vor allem Bekleidungsstücke in den verschiedenen Kulturen ähneln, jedoch unabhängig voneinander, sozusagen parallel existieren können. Dieser Umstand hat mich interessiert und so habe ich angefangen, mich näher damit zu beschäftigen. Jede Kultur hat ihre eigenen Besonderheiten und die galt es, zu entdecken und darzustellen. Die Menschheit hat einen gemeinsamen Ursprung und ich finde es spannend mit meiner Kunst darzustellen, wie vielfältig und verbunden doch eigentlich die Menschheit ist. Dadurch versuche ich, die Entwicklung des Menschen vielleicht besser darzustellen.
Wie schon davor angedeutet, bist du viel gereist. Welcher Kontinent oder welches Land hat dich in deinem künstlerischen Schaffen am meisten inspiriert?
Das ist eine schwierige Frage. Ich komme ja ursprünglich aus Russland, dieses Land ist sehr weitläufig. Mir hat es sehr Sibirien angetan, da dort eine sehr wilde, unberührte, reine Energie spürbar war. Ansonsten war ich auch in Laddak, einen 5.000 Meter hohen Plateau am Himalaya. Es wohnten kaum Menschen dort, doch die paar Menschen, die ich traf, waren sehr gastfreundlich, ließen sogar die Häuser unabgeschlossen und man durfte bei ihnen übernachten. Solch eine Herzlichkeit hatte ich selten erlebt, sie hatten keine Angst, das war faszinierend. Vielleicht mein Lieblingsort auf der Welt. Die Natur war wunderschön und es gab keine Ablenkung. Wie soll man sagen, das Informationsfeld war rein. Kein Strom, kein Internet, kein Handy, keine Schnellstraßen, das hat gut getan und hat mir sehr gefallen.
Würdest du dir das wünschen, dieses Konzept von Laddak für die ganze Welt?
Nun ja, auf jeden Fall wäre es sehr gesund. Wir sind heutzutage von so vielen Dingen umgeben, die wir eigentlich nicht brauchen. Mir würde es schon gefallen, wenn die Menschheit ein bisschen minimalistischer leben würde.
Diese ganzen verschiedenen Aspekte, die dein Leben betreffen, spiegeln sich auch in deiner Kunst wieder. Ich würde fast sagen, du bist eine Allrounderin. Zu deinen Stilen gehören Keramik Wandmalereien, Lebenszeichnungen, Illustrationen. Was machst du am liebsten?
Das kann ich schwer beantworten, ich versuche immer, in mich hineinzuhören und das zu machen, was ich fühle. Auf meine innere Energie zu hören, wo sie mich hin leitet. Was ich aber schon sagen kann, ist, dass mir das Modellieren oder die Keramik einem Rahmen bietet, wo ich mich ausruhen und meine Gedanken ordnen kann. Mir gefällt es, mit den Händen zu arbeiten und ein Kunstwerk zu erschaffen, das, einen Nutzen erfüllt. Kunden haben mich schon öfters angerufen und mir gesagt, dass sie sich mit diesem Objekt verbunden fühlen und die Energie spüren. Diese Rückmeldung zu bekommen, freut mich natürlich. Ich wechsle aber auch sehr oft, ich male, zeichne, modelliere, was mir gerade einfällt. Ich höre sehr genau auf meinen inneren Zustand. Was ich sonst noch gerne mache ist, Leute zu zeichnen, die mich nicht sehen, am Bahnsteig oder auf der Straße. Diese spontanen Skizzen oder Zeichnungen behalte ich aber weitgehend für mich, da sie für mich oft eine therapeutische Wirkung haben. Einzelne habe ich jedoch schon auf verschiedenste Kanäle mit meiner Fangemeinde geteilt.
Würdest du sagen, dass dir das Modellieren als Startpunkt für dein künstlerisches Schaffen hilft?
Nun ja, wie schon gesagt, es gibt mir die Möglichkeit mit den Händen zu arbeiten und ein Objekt in Dreidimensionalität zu erschaffen. Das ist etwas anderes, als bei Gemälden, oder Bildern. Diese Kunstformen sind viel persönlicher, während ein Keramikobjekt, auch einen sichtbaren Nutzen erfüllen kann.
Du bist ja schon zehn Jahre als Künstlerin aktiv, was war für dich in diesen zehn Jahren künstlerisches Schaffen ein Highlight, an den du dich immer wieder erinnerst?
Ja offiziell, bin ich seit zehn Jahren Künstlerin, doch wie definiert man sich als Künstler/in? Ich für mich, vom Gefühl her, bin Künstlerin seit ich denken kann. Doch viele Leute sehen die Kunst aus einer anderen Perspektive, nämlich aus der finanziellen Perspektive. Sie sehen den Wert eines Künstlers oder eines Kunstwerkes darin, wie man dieses vermarkten kann. Wie viel Geld man damit verdient. Für mich ist es ein großer Schritt, mich selber als Künstlerin zu betiteln. Sich nicht mehr kategorisieren oder katalogisieren zu lassen, in diese zwei Begriffe des Profikünstlers und des Hobbykünstlers. Seit ich hier in Österreich bin, ist mir aufgefallen, dass die Menschen diese zwei Begriffe oft verwenden. Ich für mich habe jedoch den Sinn dahinter noch nicht ganz begriffen. Wenn sie mir diese Frage stellen, sage ich meistens, dass für mich Künstlerin-Sein sehr mit meinem Lebensziel und meinen Lebensstil verwoben ist und, dass ich mich, wie schon gesagt, von diesen Kategorien verabschieden möchte. Das ist einfach, was und wer ich bin. Hobbys habe ich in der Freizeit, basteln oder sonst irgendwas. Kunst ist mein Leben. Für mich selbst die Antwort zu finden, auf eine Frage, die einen immer wieder begleitet, herauszufinden wer man ist, aus welchem Grund man das macht, was man macht, das ist mein künstlerisches Highlight, bis heute.
Gibt es einen Grundsatz, der immer in einer Kunst vorhanden ist oder den du immer wieder einbaust oder hervorhebst?
In meiner Kunst geht es sehr viel um Weiblichkeit und um das Frausein im Generellen. Ich für mich habe meine Weiblichkeit lange unterdrückt, versteckt. Ich wollte mich einfach nicht als Mann oder Frau sehen müssen, sozusagen sah ich mich als Liquid Gender. Doch mit der Zeit wurde es mir wichtig, meine Weiblichkeit zu erforschen und zu spüren und sie auch zu zeigen. Ich für mich suche noch nach der Bedeutung, was es heißt, eine Frau zu sein. Die Keramik, das Malen von Gemälden oder das Anfertigen von Zeichnungen hilft mir dabei und begleitet mich auf diesem Weg. Es tut gut diese ganz besondere Energie, die von meiner Kunst ausgeht aufzusaugen und seiner eigenen Weiblichkeit dadurch immer näher zu kommen.
Vom Umfeld wird Künstler/in-Sein oft als kindlich oder als nicht sicher oder als unpraktisch angesehen. Es sollte jedoch umgekehrt sein, da es meiner Meinung nach hilft, auf sich selbst zu hören und seine innere Freiheit zu spüren und zu fördern
Du bietest auch selbst Workshops an, um Kinder und Erwachsene in ihrem künstlerischen Schaffen zu unterstützen. Erzähl uns was darüber!
Ich selbst bin Autodidakt und ich bin der festen Überzeugung, dass in jedem Menschen ein Künstler steckt und die künstlerische Energie freigesetzt werden kann. Es hängt nur von der Motivation und dem richtigen freien Rahmen ab. Sind diese zwei Rahmen gegeben, gefällt es mir, immer wieder zu beobachten, was für tolle Kunstwerke geschaffen werden und wie sich die Teilnehmer in ihrer Kunst entfalten. Viele Menschen tun sich schwer, sich darauf einzulassen oder sich einzugestehen, dass sie das können. Vom Umfeld wird Künstler/in-Sein oft als kindlich oder als nicht sicher oder als unpraktisch angesehen. Es sollte jedoch umgekehrt sein, da es meiner Meinung nach hilft, auf sich selbst zu hören und seine innere Freiheit zu spüren und zu fördern. Es hängt sehr viel vom Umfeld ab, wie sehr dich dein Umfeld beschränkt oder kritisiert. Ich persönlich habe auf meine innere Stimme vertraut und mir die Frage gestellt: Was will ich machen, was macht mir Spaß? Jetzt, bin ich hier und froh darüber!
Gibt es noch etwas was du den Lesern dieses Artikels sagen möchtest?
Mein Aktzeichnen wird in letzter Zeit von manchen „Fans“ missverstanden. Ich möchte die Gelegenheit nutzen um zu betonen, dass die Darstellung von Nacktheit nicht automatisch als Einladung oder Aufforderung für sexuelle Handlungen zu verstehen ist. Ich sehe Aktzeichnen als Darstellung der individuellen Schönheit eines jeden Menschen. Jedes Modell ist auf seine seine eigene Art schön und diese Schönheit gilt es, möglichst einfach darzustellen. Weiters hilft mir das Aktzeichnen, mein Auge und meine Hand zu schulen und eine Verbindung zu erstellen um möglichst schnell und mit präzisen Pinselstrichen, diese Schönheit zu erfassen.