Kultur | Salto Afternoon

Von Mythen umgeben

In der Summer School Südtirol wird seit Sonntag intensiv diskutiert, referiert, gelacht und nachgedacht. Ein Salto-Halbzeitbesuch.
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Foto: Jörg Oschmann

Mythen, Märchen, Sagen und Legenden stehen im Fokus der Summer School Südtirol 2019. In ihrem Eröffnungsvortrag "Von Mythen umgeben" ging Maxi Obexer auf die Vieldeutigkeit von Mythen ein und beschrieb deren Zauber, aber auch das Verführungspotenzial. 


Bei der Eröffnung lasen zudem die Autorinnen und Autoren Marlene Sellemond, Kathrin Gschleier, Toni Bernhart, Ulrike Syha, Vernesa Berbo, Kathrin Röggla, Carlo Gallo, Erika Wimmer, Theresa Seraphin, Sarah Dulgeris, Muhammet Ali Bas und Mehmet Sözer Geschichten und Märchen aus aller Welt. Der Ahrntaler Musiker Oachale fan Toule spielte und sang von heutigen Geschichten.


Am Montag gab es philosophische Reflexionen und Ausführungen der französischen Philosophieprofessorin Catherine Perret, die in besonderer Weise die Figuren Claude Lévi-Strauss und Walter Benjamin beleuchtete, welche den Wandel von einer sehr kritischen Haltung zu einer neuen Mythen-Hinwendung durch die kritische Kraft des Bildes vollzogen haben.

Hans Karl Peterlini referierte im Anschluss zum Thema „Identität und Identitäre“, unter anderem über umgeschichtete Ängste bei den rechtsextremen „Identitären“ in Österreich. Diese zeigten sich in ihren markantesten Formen "als rückwärtsgewandte, nach Wurzeln suchenden Identitätsentwürfe", wobei das Schlagwort "Heimat" zur magischen Formel wird.


Die Autorin Ulrike Syha las nach Peterlini aus ihrer Erzählung „Das Haus – Texte zum Mythos Stadt.“ Carlo Gallo brachte hingegen die Performance „Bollari – Memorie dallo Jonio“ auf die Bühne – Erzählungen der kalabresischen Fischer und ihrer Fischfangmethoden aus den 1930er Jahren, wo mit Hilfe von Sprengstoff alles Leben unter Wasser ausradiert wurde, und auch die eine oder andere Fischerhand dran glauben musste.


Am gestrigen Dienstag näherte sich der Literaturwissenschaftler Toni Bernhart dem Umgang der Menschen mit Heiligen und Legenden. Er zog einen Bogen in die Geschichte, landete unter anderem bei der Figur Griseldis im Decamerone, bei der Hl. Kümmernis, und am Ende sogar bei Conchita Wurst und der an Mediengeilheit kaum zu überbietenden peinlichen Inzenierung eines Rosenkranz küssenden Matteo Salvini. Über den Rosengarten sprach hingegen nach Bernhart die Sagenforscherin Ulrike Kindl.


Die erzählfreudige Sagenexpertin referierte zur spannenden Welt der Dolomitensagen und zu den ausführlichen Ausschmückungen in den Überlieferungen von Karl Felix Wolff. Das Ende des Abends zelebrierte dann noch Gernot Gruber. Er las aus seiner Ötzi-Trilogie und überraschte mit einem mystischen Ötzi-Erlebnis bei seinem jüngsten Stromboli-Urlaub (inkl. Vulkanausbrauch).

Mythen bergen Botschaften, sie bieten Orientierung, sie gerieren sich als Mahnmal für menschliches Handeln, sie regeln das Miteinander. Sie legen fest und sind festlegend.
(Maxi Obexer)

Heute spricht Barbara Plagg über Gedächtnisspuren und Lebenslügen. Im Anschluss gibt es eine Performance sowie ein Gespräch mit Rita de Donato zur italienischen Version des Theatertextes Das Geisterschiff von Maxi Obexer. Das Stück wurde im Mai beim Festival Primavera dei Teatri aufgeführt. Vielleicht schafft es die gut rezensierte kalabresische Version sogar bald in den Theaterhafen des Teatro Stabile nach Bozen? La Nave Fantasma würde gerne anlegen!