Foto: upi
Politik | Wandel im M5S
Die Fünf-Sterne-Bewegung wird zur Partei
"Non siamo un partito, non siamo una casta, siamo cittadini punto e basta." So hatte ihr Gründer Beppe Grillo im Februar 2013 auf der römischen Piazza San Giovanni vor 250.000 jubelnden Anhängern die von ihm aus der Taufe gehobene Bewegung skizziert.
Was von den "unumstösslichen Grundätzen" der Fünf-Sterne-Bewegung noch übrig war, wurde am Wochenende mit zwei Klicks auf der digitalen piattaforma Rousseau ausgelöscht: die Beschränkung auf zwei Mandate und die Genehmigung zur Koalition mit den über Jahre verpönten partiti tradizionali auf lokaler Ebene.
Damit wird die im Juni 2018 von Luigi Di Maio und Matteo Salvini beschlossene Koalition posthum gerechtfertigt und der Partito Democratico als legitimer Ehepartner anerkannt."Dieci anni di puro odio cancellati con un click" , spottet La Stampa über das Verhältnis zwischen beiden Parteien.
Was von den "unumstösslichen Grundätzen" der Fünf-Sterne-Bewegung noch übrig war, wurde am Wochenende mit zwei Klicks auf der digitalen piattaforma Rousseau ausgelöscht.
Gleichzeitig erhielt die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi grünes Licht für eine dritte Kandidatur, von der sich der Partito Democratico umgehend distanziert: "Non sosterremo mai la ricandidatura della Raggi", deren Legislaturperiode er als "cinque anni drammatici" skizziert. Die Kandidatur der weitgehend gescheiterten Bürgermeisterin wird zudem nur von einem Drittel ihrer Fraktion im Gemeinderat unterstützt. Die Rechte reibt sich schon die Hände.
PD-Chef Zingaretti stellt klar: "Siamo un'alleanza tra forze diverse che rimangono diverse. Ma per governare bisogna essere alleati, non più essere avversari. Erste Forderung des PD: das noch ausstehende Wahlbündnis bei den bevorstehenden Regionalwahlen in den Marken und in Apulien. Di Maio springt über den eigenen Schatten: "Per il movimento inizia una nuova era. Con il PD ora guardiamo anche al 2021".
Doch an der digitalen Umfrage beteiligte sich nur die Hälfte der 98.000 eingeschriebenen Mitglieder der Fünf-Sterne-Bewegung. 80 Prozent befürworteten die Abschaffung der bisherigen Obergrenze von zwei Mandaten, nur ein Drittel die alleanza con altre forze politiche. Der orthodoxe M5S-Flügel schluckte die Vereinbarung zur Erweiterung der Allianz auf regionaler und kommunaler Ebene nur widerwillig. Von Geschlossenheit kann in den Reihen der Bewegung keine Rede sein. In zwei Jahren hat sie zwei Koalitionen gebildet, die gegensätzlicher kaum sein könnten - eine mit Salvini und eine mit dessen Erzfeind. Zingaretti.
Die Bewegung ist in mehrere Fronten gespalten, ihr neuer Vorsitzender soll bei den stati generali im Oktober gewählt werden, deren Datum ständig verschoben wird. Der Interims-Vorsitzende Vito Crimi ist mit seiner Aufgabe sichtlich überfordert, die Bewegung hat zudem 34 Parlamentarier verloren - 21 in der Kammer und 13 im Senat - ein Exodus, der anhält und dazu geführt hat, dass die Regierung Conte im Senat über keine Mehrheit mehr verfügt. Die von Luigi Di Maio verkündete "neue Ära" freilich ist nicht in Sicht. In drei Tagen läuft in den Marken die Frist zur Einreichung der Listen für die Regionalwahlen ab.
Und noch ist die Frage ungeklärt, ob es zur Halbzeit der Legislatur im Präsidentenamt einen Wechsel zwischen den beide Spitzenkandidaten geben soll. Ähnlich ist die Lage in Apulien.
Das Referendum hat überdies offengelegt, wie konfliktreich das Verhältnis vieler Mitglieder zu Davide Casaleggio und der von ihm geführten associazione Rousseau ist, der alle Parlamentarier monatlich 300 Euro überweisen sollten. Eine Verpflichtung, die von einer wachsenden Zahl von Mitgliedern ignoriert wird, die den Sohn des Mitbegründers am liebsten sofort in die Wüste schicken würden.
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