Das Kloster, die Farben und die Gärten
Der Kurator der Ausstellung SteinNelkeFeuerRot, der Schweizer Luciano Fasciati, realisiert seit über 30 Jahren in seiner Galerie in Chur immer wieder Ausstellungen und Projekte zur Gegenwartskunst. Seit über 30 Jahren gibt es in der Karthaus Allerengelberg im Schnalstal ebenfalls Kunst in regelmäßigen Abständen zu sehen – seit dem Sommer 2021 biennal. Für 2023 wurden die Künstlerin Carmen Müller und der Künstler Manfred Alois Mayr eingeladen, um den speziellen Ort mit ihrer Kunst zu bespielen. Die beiden zeigen, wie im „subtilen Ort der Karthauser Anlage interveniert werden kann, ohne diesen zu überfordern“, schreibt Kurator Fasciati im Begleittext. Und so ist es auch.
Damit die räumliche Qualität des Kreuzgangs und Klosterzellen durch die Präsenz von Objekten nicht beeinträchtigt werden, agieren Mayr und Müller mit vornehmer Zurückhaltung. Sie verstecken dabei aber keineswegs ihre Kunst. Im Gegenteil. Sie betonen ihren künstlerischen Ansatz, ihre Aussage. Während es Manfred Alois Mayr erneut gelingt auf seine Weise Farbe ins Spiel zu bringen, hat die „Gartenforscherin“ Carmen Müller in ausgewählten Bauerngärten des Schnalstals recherchiert und zeigt – ganz nach ihrer Art – eine „subjektive Bestandsaufnahme bäuerlicher Gartenkultur“, die sich zwischen Tradition und Integration neuer Pflanzenarten bewegt.
Neu recherchierte und dezent angeordnete Texte, Zeichnungen, Malereien, Textilien und Fotografien...
Vor wenigen Monaten war eine große Ausstellung ihrer Arbeiten in Brixen zu sehen, also jener Stadt, in der Carmen Müller die ersten fünf Jahre ihrer Kindheit verbracht hatte. Auch da machte sie im Vorfeld der Ausstellung Abstecher in die diversen Gärten der Gegend. „Ich hab Einblick nehmen dürfen“, erzählte sie im Gespräch mit Salto, „auch hinter Klostermauern, in Gärten, die oft versteckt sind.“ Für die Brixner Stadtgalerie hatte sie daraufhin einen fein säuberlich zusammengesetzten Gemeinschaftsgarten entstehen lassen.
In ihrer künstlerischen Dokumentation der Schnalstaler Gärten agierte sie ähnlich. Sie zeigt frisch recherchierte und dezent angeordnete Texte, Zeichnungen, Malereien, Textilien, Fundstücke und Fotografien. Dieses Mal aber nicht im sterilen Galerieraum, sondern im Herzstück eines alten Klosters.
Die Farbe der Südtiroler und Südtirolerinnen sei nach seiner Einschätzung „Schurzblau“, meinte der Künstler Manfred Alois Mayr einmal. Wer nun glaubt, dass er sich in der Kartause farblich eintönigen Mönchskutten angenommen hat, der liegt daneben. Mayr überzeugt in Schnals mit einem wuchtigen Farbenspiel, das durch eine besondere Leuchtkraft ins Auge sticht. Sein künstlerisches Konzept baut auf die vorgefundene Raumsituation des ehemaligen Kartäuser Kreuzgangs und nimmt die bestehenden Wände und Gewölbe ins Visier. Sein Farbenspektakel wird „mittels natürlicher und indirekter Lichtprojektion“ eindrucksvoll bespielt und kommt einem Regenbogen gleich.
Wer das Doppel "Müller und Mayr" in der Karthause noch nicht gesehen hat, kann die Ausstellung SteinNelkeFeuerRot noch bis 20. August besuchen. Danach ist wieder für zwei Jahre Ruhe in den alten klerikalen Gängen und Zimmern. Und es wird wohl auch irgendwie farb- und inhaltsloser, als während der Ausstellungstage im Kartäuserkloster Allerengelberg.