Kultur | Salto Afternoon

Es lebe der Park / Vivere il Parco

Ein Projekt der Uni Bozen will mit frischem Design und lebendiger Kommunikation zur Neugestaltung und Belebung des Kapuzinerparks in Bozen anregen.
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Foto: unibz

salto.bz: Brisante Einstiegsfrage: Wie viele Punkte würden sie auf einer Skala von 1 bis 10 dem Bozner Kapuzinerpark geben?
Kris Krois: Punkte und Noten muss ich leider schon an der Universität geben. Wesentliche lieber ist mir aber eine differenzierte Auseinandersetzung. Grundsätzlich wird der Park in Bozen meist als Problem diskutiert. Wir ignorieren die Probleme nicht, aber wir konzentrieren uns viel mehr auf die positiven Potentiale. Wir wollen ja schauen, was geht, und uns nicht lang damit aufhalten, was alles (angeblich) nicht geht. Das ist ganz allgemein eine Herangehensweise, die wir im Master Eco-Social Design kultivieren. Mit dieser Freiheit gestalten die StudentInnen ihre Vision. Von den Ideen junger Mensche aus ganz Europa kann Bozen und Südtirol profitieren. Auch deshalb arbeiten wir immer mit Partnern an gesellschaftlich und ökologisch relevanten Projekten. Denn das Labor der ökosozialen Designer ist die Realität.

Studenten und Studentinnen der Universität in Bozen (Master Eco-Social Design) hab sich Gedanken gemacht den Kapuzinerpark umzugestalten. Was ist dabei herausgekommen?
Vielfältige Antworten auf die Frage: Was fördert ein gutes Leben im Park? Die Studierenden entwickelten in diesem Sinne Konzepte für kulturelle Veranstaltungen im Kapuzinerpark, multifunktionales Stadtmobiliar, eine Vorrichtung zum gemeinsamen Kochen und Essen, eine Bar als Ort der Begegnung und der sozialen Innovationen, mehrere Installationen, die die Mauer überwinden und interaktion zwischen drinnen und draußen ermöglichen, ein fliegender Teppich und ein Modell des Parks als grüne Oase.

Mit welchen Mitteln suchen und finden junge Menschen neue Zugänge zu alten Plätzen?
Durch hin gehen. Da sein. Hinschauen. Mit allen Sinnen wahrnehmen. Beobachten. Mit Leuten sprechen, die dort sind, und mit denjenigen die in der Umgebung leben oder arbeiten. Die umliegende Institutionen besuchen. Mit denjenigen sprechen, die sich bereits mit dem Thema lange beschäftigt haben, in diesem Fall z.B. mit Luigi Scolari und anderen von der Initiative Quasi Centro, mit der Kunsthistorikerin und ehemaligen Leiterin des Denkmalamtes Waltraud Kofler-Engl, mit dem Architekten Kurt Wiedenhofer und anderen irgendwie involvierten sowie mit ExpertInnen. Viele der genannten (und teils nicht-genannten) wurden teilweise in den Gestaltungsprozess miteinbezogen.

... ein offener Geist von Solidarität und Freiheit, der funktional und ästhetisch die räumliche Gestaltung prägt.

Angefangen haben wir diesen Prozess, indem wir jeden Dienstag eine Pic Nic im Park gemacht haben. Dmit verbunden waren verschiedene spielerische Interventionen, die Situationen im Park verändert haben. Auch mit witzigen Provokationen und vermeintlich naiven Fragen. Wir haben Angefangen den Park zu erkunden, indem wir ihn gelebt haben und das Leben dort jedes mal ein bisschen verändert haben. Daraus sind Ideen dazu entstanden, was ein gutes Leben für alle im Park ermöglichen könnte.

Die Ergebnisse werden in einer Ausstellung am Freitag und Samstag präsentiert und diskutiert. Was passiert danach?
Danach übergeben wir der Provinz eine komplette Dokumentation über alles, das im Rahmen dieses Projekts entstanden ist. Dann liegt es an den Verantwortlichen darüber zu entscheiden, welche Elemente umgesetzt werden sollen. Für die Entscheidungsfindung und auch für die Umsetzung stehen wir gerne unterstützend zur Verfügung.

Nach welchen Kriterien werden die Arbeiten bewertet?
Speziell in diesem Projekt versuchen wir bei jeder Arbeit zu verstehen, wie hoch ihr Potenzial ist zu einem gutem Leben im Park beizutragen. Diskutiert wird natürlich auch was bei jedem Projekt  mit “gutem Leben im Park” konkret gemeint ist, und für wen das hauptsächlich gilt. Im Allgemeinen haben wir für alle Projekte im Master Eco-Social Design 5 grundlegende Kriterien: Potenziale für einen positiven ökosozialen Wandel. Ästhetische und technische Qualitäten, Projektmanagement, Kommunikation des Projektes,die kritische Reflexion und Zukunftsperspektiven.
Kriterien sind eine Denkhilfe. Wirklich entscheidend ist der Gesamteindruck.

Finden Sie, dass sich die Stadt Bozen auch an anderen Plätzen Gedanken zur Neugestaltung machen sollte?
Unbedingt. Nicht nur Gedanken. Benötigt ist ein kontinuierlicher Prozess, der die Bedürfnisse und die Kreativität der BürgerInnen und aller Betroffenen mit einbezieht. Hierfür wäre ein “Offenes Büro für gutes Leben in der Stadt” einzurichten. Dieses sollte Gestaltungs- und Aushandlungsprozesse initiieren und moderieren. Ein Ort und eine Gruppe kreativer und kompetenter Leute, die den Auftrag haben dem Ideal des guten Leben für alle in Bozen näher zu kommen.

Welchen Platz Bozens finden Sie am gelungensten?
Den Gerichtsplatz. Der macht Menschen klein und gefügig. Im Sinne des Faschismus wurde das gut gestaltet. Leider nur mit dem falschen Idealen. Wenn unsere Ideale hingegen Freiheit, Solidarität und Lebensqualität sind, dann ist mir in Bozen leider keine neuere Platzgestaltung bekannt, die in diesem Hinblick gelungen ist. Ich kenne aber auch nicht alles. Durchaus gelungen sind die kleineren historischen Plätze und Gassen der Altstadt. Damals wurde für Menschen und für ein vielfältiges Leben auf den Plätzen und Wegen gestaltet. Seit der Moderne wird hingegen der Schwerpunkt meist zu sehr auf effiziente Verkehrsführung, optimale Konsumerlebnisse und Sicherheit gelegt. An sich sind das keine schlechten Sachen, doch ein gutes Leben braucht auch anderes: Orte zum verweilen und wohlfühlen, Orte als Treffpunkte ohne Konsumzwang, Orte an denen sich die Wege sehr verschiedener Menschen kreuzen, … dazu gehören selbstverständlich gute Luft, eine angenehme Geräuschkulisse, Pflanzen, Vögel, Insekten und andere Lebewesen und vor allem ein offener Geist von Solidarität und Freiheit, der funktional und ästhetisch die räumliche Gestaltung prägt.