Baustelle Bau

“Ich habe das Gefühl, die Lust ist zurückgekehrt”, sagt Markus Kofler. Zwar noch etwas zurückhaltend, aber mit leisem Optimismus. Der Mann mit dem hörbaren Pusterer Dialekt steht dem Kollegium der Südtiroler Bauunternehmer als Präsident vor. Die Lust, von der er spricht, ist jene zum Bauen. Jahrelang hatte das Baugewerbe als einer der am heftigsten gebeutelten Wirtschaftssektoren des Landes unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu leiden. Stagnierende Auftragszahlen, eine rückläufige Beschäftigungslage und eingebrochene Erträge kennzeichneten den heimischen Bausektor der vergangenen Jahre. Daher mag es wenig verwundern, dass die jüngst bekannt gewordenen positiven Entwicklungen in der Branche für ein leises Aufatmen sorgen. Mehr ist es nicht, was unter den Bauunternehmern zu spüren ist, bestätigt Markus Kofler: “Von Euphorie zu sprechen, wäre zu viel. Aber wir blicken mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft.”
Mehr Arbeit(er)
Mehr Beschäftigte und ein positives Geschäftsklima, das sind die guten Nachrichten, die in den vergangenen Tagen von zwei verschiedenen Stellen für den Südtiroler Bausektor vermeldet wurden. 8.478 Personen waren im Juli 2016 im Baugewerbe beschäftigt. Im Januar dieses Jahres waren es noch 7.771 gewesen – 700 weniger als ein halbes Jahr später. So die Auskunft des lvh. “Nach einer langen Durststrecke geht es wieder aufwärts”, zeigt sich lvh-Präsident Gert Lanz erfreut. Zufrieden mit den Entwicklungen im Baugewerbe ist man auch bei der Handelskammer. In der Sommerausgabe des Wirtschaftsbarometers steht es schwarz auf weiß: Die Stimmung in der Südtiroler Baubranche befindet sich im Aufwind.
Den Hinweis dafür liefern die Bauunternehmer selbst: 2013, als der Tiefpunkt der Wirtschaftskrise erreicht war, bewerteten nur etwa vier von zehn Unternehmen die eigene Ertragslage als positiv. Drei Jahre später sind es mehr als doppelt so viele: 85 Prozent der Baufirmen erwarten, 2016 wirtschaftlich insgesamt positiv abzuschneiden. Zu bedenken gelte jedoch, so Markus Kofler, dass man bei der Betrachtung der Zahlen berücksichtigen müsse, “dass man von einem relativ geringen Niveau ausgegangen ist und sich immer noch auf einem tiefen Niveau befindet”. Nichtsdestotrotz, oder gerade deshalb, gibt man sich mit “kleinen positiven Signalen” zufrieden – eine Tatsache, die sich entsprechend auf das (positive) Geschäftsklima niederschlägt.
Positive Impulse – und ein wahrer Grund zum Feiern
“Allerdings spricht der Großteil der Wirtschaftstreibenden eher von ‘befriedigenden’ Erträgen und nur die wenigsten erwarten eine ‘gute’ Ertragslage im laufenden Jahr”, heißt es aus der Handelskammer. Markus Kofler nickt: “Die Ertragszahlen sind das größte Problem und nicht zufriedenstellend.” Grund dafür seien die Preise, zu denen die Bauunternehmen ihre Arbeit anböten und die allzu häufig “nicht richtig” seien.
Abgesehen davon kann der Baukollegiums-Präsident die Entspannung im Baugewerbe bestätigen. “Es wird mehr gebaut”, sagt Kofler. Ein Indikator dafür sind die geleisteten Arbeitsstunden im Bausektor: “Im Vergleich zum Vorjahr wurden heuer vier Prozent mehr Arbeitsstunden geleistet”, führt Kofler aus. Insbesondere im Tourismus hat er eine klaren Anstieg Investitionsfreudigkeit und infolge der Bautätigkeit festgestellt. “Vielleicht”, meint Kofler, “ist das dadurch zu erklären, dass jahrelang verhalten in die Zukunft geblickt und daher weniger getan wurde”.
Aber auch die öffentliche Hand hat zum leichten Aufwärtstrend beigetragen: “Seit Jahren fordern wir von der Politik, in Infrastrukturprojekte zu investieren”, verrät Kofler. Tatsächlich wird die Landesregierung in Kürze einige Projekte ausschreiben. “Darunter etwa die Gadertaler Einfahrt”, weiß der Baukollegiums-Präsident. Die Konkurrenz auswärtiger Unternehmen hätten heimische Baufirmen bei der Ausschreibung laut Kofler nicht zu befürchten: “Wir müssen uns als Südtirol nicht verstecken, sondern setzen uns mit unserer bekannten und allseits geschätzten Qualität auch bei größeren Bauvorhaben durch.” Für die Zukunft wünscht er sich auch weiterhin positive Impulse für das Baugewerbe. “Und es schaut nicht schlecht aus”, zeigt er sich vorsichtig optimistisch. Einen wirklich guten Grund zum Feiern hat die heimische Baubranche indes am kommenden Wochenende. Am Sonntag, 21. August, findet in der Festung Franzensfeste das 1. Südtiroler Baufest statt.