Gesellschaft | Frauensachen

Ist Familie Frauensache?

Gestern, RAI Sender Bozen, Pro und Contra nach den Nachrichten, Thema: Was ist Familie? Ich freute mich schon auf einen anregenden Schlagabtausch zwischen, zum Beispiel, der Frau Stirner-Brantsch und der Frau Dissertori. Die beiden waren sich ja über diesem Thema in die Haare geraten. Aber: Fehlanzeige. Vielmehr diskutierte, mit der Frau Ladurner vom Familienbeirat, ein freundlicher Herr von der Familienvereinigung (sein Name ist mir leider entfallen). Das ist ja schon mal recht vielsagend, finde ich, heißt’s doch sonst immer, „Familie“ sei Frauensache
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Nun gut. Die beiden also plänkeln ein bisschen hin und her, richtig spannend wird’s nicht, und neue Erkenntnisse sind schon gar nicht zu gewinnen. Bis, ja bis der freundliche Herr Vorsitzende der Familienvereinigung die Politiker des Landes dazu aufruft, ihm doch bitte jetzt gut zuzuhören, denn er wolle ein Rezept präsentieren, wie man den Familien helfen könne auf dass es vielleicht doch wieder besser klappen möge mit „bis dass der Tod euch scheidet“. Als da wäre: Geld, viel Geld, sogar alles Geld, welches zurzeit in Sachen „Familie“ an die Bevölkerung verteilt wird. All dieses Geld würde der freundliche Herr an die Mütter verteilen – am liebsten aber, so lässt seine Rede vermuten, an die „traditionellen“. Diese könnten dann, so der Herr wörtlich, nach Belieben darüber verfügen, sogar für den Schönheitssalon dürften sie’s ausgeben, wenn sie bloß alle daheim blieben und sich der Familie widmeten, statt arbeiten zu gehen. Nur so, meint er, könne gewährleistet werden, dass eine Frau auch wirklich frei entscheiden kann, ob sie lieber ihrem Beruf nach oder in den Schönheitssalon geht.

Ja, wirklich, ich find’s schon recht witzig, dass immer noch die Herren – Vorstände, Präsidenten, Obmänner, Politiker - sich berufen fühlen, darüber zu räsonieren, zu planen, zu organisieren und laut durch die Gegend zu plappern, was wir Frauen doch bittschön und wie zu wollen haben, und dass sie zudem nach wie vor und trotz allem zu meinen scheinen, mit Geldzuwendungen seien wir leicht zu überwinden, je mehr Geld, desto überzeugt, so ungefähr. Zum Glück hat die Frau Ladurner ihren freundlichen Kontrahenten dann doch informiert – denn das scheint in seiner Welt noch nicht angekommen zu sein - dass es inzwischen viele und alleweil mehr Frauen gibt, denen ihr Beruf nicht nur lästiges Übel ist in der Übergangsphase zwischen Elternhaus und Gattenhaus, sondern ihnen Freude und Genugtuung bereitet.

In dem Zusammenhang fände ich es sehr nützlich, wenn wir manchmal versuchten, ein bisschen weiter über unseren Horizont hinaus zu zu schauen als nur bis zu den unmittelbaren Nachbarn. In den nördlichen Ländern zum Beispiel ist die arbeitende Mutter, aber auch der Familienmann kein Thema, und in Frankreich wird gar die NICHT arbeitende Mutter schief angesehen. Und jedenfalls finde ich, ist es an der Zeit, dass wir uns endlich von dem längst überholten „Ideal“ unserer lieben Männer und darüber, wie Frau zu sein hat, verabschieden. Dafür braucht’s vielleicht ein bisschen Selbstbewusstsein,  oder auch nur ein bisschen mehr gesunden Pragmatismus und weniger ideologische Verbrämung – die Französin Isabelle Huppert bringt es folgendermaßen auf den Punkt: "Bei uns ist es selbstverständlich, dass man arbeitet. Und je mehr Kinder, desto notwendiger ist es doch zu arbeiten. Wie soll man sonst für sie aufkommen?" Kinder seien nur eine gewisse Zeit im Leben bei der Mutter, der Beruf dagegen bleibe, sagte Huppert. "Es muss hart sein, die Kinder gehen zu lassen, wenn man keine Aufgabe hat."

Ah ja, bevor ich's vergesse: Interessant, zu beobachten, wie der Herr Vorsitzende "die Kinder" und deren Wohl vorschiebt, wenn es darum geht, sein Wunschbild der Frau im Heim am Herd und bei den Kindern in der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Unbestritten und unbenommen haben Kinder ein Recht auf behütete und geordnete Verhältnisse - die aber haben wenig bis gar nichts damit zu tun, ob die Frau und Mutter auch noch einen Beruf hat, dem sie gern nachgeht.