Gesellschaft | Sozialstaat

Rentner gegen Kaufkraftverlust

Am 30. Oktober findet auf dem Mazziniplatz in Bozen im Rahmen einer nationalen Initiative eine Kundgebung der Rentnergewerkschaft des AGB/CGIL statt. Wofür wir auf die Straße gehen:
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
CGIL AGB
Foto: AGB SPI
  • Der Protest richtet sich gegen die Maßnahmen der Regierung, die nach Ansicht der Gewerkschaft nicht den Bedürfnissen von Seniorinnen und Senioren gerecht werden. Hauptkritikpunkt ist der fortschreitende Verlust der Kaufkraft der Renten. Unter dem Slogan „Die Kaufkraft zermürbt diejenigen, die sie nicht haben“ wird darauf hingewiesen, dass die Rente für viele Menschen die einzige Einkommensquelle darstellt – vor allem im höheren Alter. Durch die unzureichende Anpassung der mittleren und höheren Renten an die Inflation haben die Rentenempfängerinnen und Rentenempfänger real viel Kaufkraft eingebüßt. Besonders in den Jahren 2023 und 2024 war dieser Verlust erheblich, obwohl es keine nennenswerten finanziellen Probleme auf staatlicher Ebene gab. 

    Selbst Renten unter 2.200 Euro brutto haben trotz Inflationsausgleichs an Kaufkraft verloren, da die Preise für lebensnotwendige Güter, insbesondere Lebensmittel und Energie, stärker gestiegen sind als die offizielle Inflationsrate. Dieses Phänomen trifft vor allem die Rentnerinnen und Rentner hart, da statistische Durchschnittswerte oft die tatsächlichen Mehrkosten verbergen.

  • Die "Bankomaten" der Regierung

    In Südtirol ist die Teuerung im Vergleich zu anderen Regionen Italiens oft noch höher. Laut ASTAT ist der relative Nutzen der Renten in Südtirol besonders gering, was bedeutet, dass viele ältere Menschen Mühe haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Verhältnis zwischen der durchschnittlichen Rente und dem lokalen Pro-Kopf-BIP zeigt, dass die Renten in Südtirol (34,4%) besonders niedrig im Vergleich zum Lebensstandard sind, während dieser Wert in Regionen wie Sizilien bei 70,9% liegt.

    Auch die Rentnerinnen und Rentner Südtirols fühlen sich als „Bankomaten“ der Regierung, denn durch den mangelhaften Inflationsausgleich und nach dem Begleichen der Lebenshaltungskosten, Steuern und Dienstleistungen bleibt am Monatsende kaum noch etwas übrig. Unvorhergesehene Ausgaben können schnell zu einem finanziellen Drama werden. Diese Missstände anzugehen, ist eine langjährige Forderung der Gewerkschaft.

    Ein gerechteres Steuersystem könnte die Situation zusätzlich entlasten. Die Regierung jedoch bevorzugt Maßnahmen wie Einmalzahlungen, Steuersenkungen für Selbstständige und Steueramnestien, während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zum letzten Cent besteuert werden. Dies ist einer der Hauptkritikpunkte und eine Frage der Gerechtigkeit. Die Rückforderung hinterzogener Sozialabgaben – die auf 140 Milliarden Euro geschätzt werden – wäre ein weiterer wichtiger Schritt, um das Rentensystem zu entlasten. Doch auch ein stabiles Rentensystem erfordert einen soliden Arbeitsmarkt, und prekäre Beschäftigungsmöglichkeiten verschärfen die Lage zusätzlich. Daher setzt sich die Rentnergewerkschaft auch für die jüngeren Generationen ein, die zunehmend von Armut und Altersarmut betroffen sind.

  • Leistbares Wohnen, gute soziale Dienstleistungen - das ist wichtig!

    Allen ist bewusst, dass alleinige Lohn- oder Rentenerhöhungen nicht das Problem der hohen Inflation lösen können. In der jetzigen Situation sind sie jedoch das einzige Instrument, um ein weiteres Abrutschen der Rentner in die Armut zu verhindern. Hier spielt ein erschwinglicher Wohnraum eine entscheidende Rolle – weniger für die ältere Generation, sondern besonders für die jungen Menschen die nach Südtirol kommen um zu arbeiten und um dort zu wohnen. Unsere Wohnungskosten wirken allerdings abschreckend.

    Gute soziale Dienstleistungen, insbesondere für Familien, sind ebenfalls wichtig. Großeltern spielen eine wichtige Rolle im Leben der Enkel, doch es ist keine ideale Lösung, wenn sie die Hauptverantwortung für deren Erziehung tragen müssen. In Anbetracht dieser schwierigen Bedingungen stellt sich die Frage, wie Paare überhaupt noch Kinder bekommen wollen. Steuervergünstigungen oder Einmalzahlungen für das dritte Kind werden den Geburtenrückgang nicht aufhalten. Die Erziehung von drei Kindern ist heute für die meisten Familien einfach nicht tragbar. Vielmehr braucht es umfassende Dienstleistungen, die es Eltern ermöglichen, sich ohne Zwang für die berufliche Laufbahn oder der Kindererziehung entscheiden zu können.  Dazu gehört wiederum bezahlbarer Wohnraum, ein angemessenes Einkommen und Beschäftigungschancen für die Frauen.

  • Kundgebung am 30. Oktober!

    Schließlich fordern die Seniorinnen und Senioren auch eine angemessene Gesundheitsversorgung. In Südtirol wurden zwar bereits Maßnahmen ergriffen, um das Gesundheitssystem auf territorialer Ebene zu verbessern und die langen Wartezeiten für fachärztliche Untersuchungen zu verkürzen, doch es gibt noch viel zu tun, um das öffentliche Gesundheitssystem zu stabilisieren.

    All diese Projekte erfordern politischen Willen, insbesondere auf nationaler Ebene, wo das Gesundheitssystem stark unterfinanziert ist. Obwohl Südtirol aufgrund seiner Autonomie in vielen Belangen einen exklusiven Handlungsspielraum hat, werden viele Entscheidungen auf nationaler Ebene getroffen – besonders im Hinblick auf Renten und Steuergesetze, die weiterhin von Rom bestimmt werden. Deshalb ruft die Rentnergewerkschaft die Bürgerinnen und Bürger Südtirols auf, sich am 30. Oktober an der Kundgebung zu beteiligen und ihre Stimme gegen diese Missstände zu erheben.

    Alfred Ebner