Politik | Artenvielfalt

Insekten brauchen eine Lobby

Bioland rückt die Artenvielfalt in den Fokus und gibt den Insekten eine Lobby. Mit einer Auftaktveranstaltung in Berlin.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: ©Bioland

Ziel der Insektenlobby ist es laut Bioland Verband, Verbraucher*innen und politische Akteure sowie Kommunen hinsichtlich des Insektensterbens nachhaltig zu sensibilisieren und zum wirksamen Insektenschutz zu aktivieren. Mit gezielten Forderungen wollen sie zudem im Namen aller 11.200.000.000.000.000.000 Insekten in Deutschland Politik und Landwirtschaft zum Handeln aufrufen. Als Auftakt diente ein Pressetermin im November in Berlin mit Renate Künast, Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Reinhard Witt Präsident vom Naturgarten e.V. sowie den Vertreter*innen des Bioland-Verbandes, Präsident Jan Plagge, Naturschutzexpertin Katharina Schertler und Geschäftsleiter Agrarpolitik Gerald Wehde. 

Wir möchten so viele Menschen wie möglich erreichen und sie als Mitglied der Lobby gewinnen. Sie sollen zur Stimme der Insekten werden und dazu befähigt, aktiven Insektenschutz zu leben und umzusetzen”, so Jan Plagge.

Dazu sind in den nächsten Jahren zahlreiche Maßnahmen geplant. Ganz aktuell ist die Kampagne ‘Hier brummt die Vielfalt’, in der Bioland Betriebe involviert und über Social-Media-Aktionen auf die Lage der Insekten aufmerksam machen. Die Höfe zeigen dabei, wie Insektenschutz in der Landwirtschaft aussehen kann und was den Unterschied macht, wenn Konsument*innen zu Bio anstatt zu konventionell erzeugten Lebensmitteln greifen. Zur Insektenlobby zählt sich auch Renate Künast, die auf dem Podium ebenfalls für mehr Bio warb.

Insekten schützen, nicht Konzerne! Insekten sind systemrelevant, ohne sie geraten unsere Lebensgrundlagen ins Wanken. Die aktuell steigenden Lebensmittelpreise müssen uns ein Warnsignal sein. Wenn wir das Artensterben und die Klimakrise nicht aufhalten können, so wird das Ernährungssystem mit weitaus größeren Herausforderungen konfrontiert sein. Wir brauchen jetzt eine klare Kurskorrektur und den konsequenten Ausbau des Ökolandbaus. Es wird Zeit für eine Insektenlobby!

Es ist wissenschaftlich belegt, dass der Verlust an Biodiversität der Klimakrise in Sachen Brisanz in nichts nachsteht.

Insekten sind für uns immens wichtig. Jährlich sind sie weltweit an der Erzeugung von Nahrungsmitteln im Wert von mehr als 153 Milliarden Euro beteiligt und sie bestäuben über drei Viertel unserer Nutzpflanzen. Derzeit erleben wir jedoch einen fatalen Rückgang dieser Klasse. Bis zu 75 Prozent der Biomasse sind bereits in Teilen Deutschlands verschwunden”, so Katharina Schertler. „Für Bioland war es daher höchste Zeit, das Thema größer aufzuhängen.

Zwar liege laut Schertler der größte Hebel in der Landwirtschaft, da diese neben den 30 Prozent Waldfläche rund 50 Prozent der Flächennutzung in Deutschland ausmache, doch die Unterstützung der Verbraucher*innen sei dennoch sehr wichtig. Das bestätigte auch Podiumsteilnehmer Reinhard Witt, Präsident vom Naturgarten e.V. Er setzt sich bereits seit Jahrzehnten für mehr Insektenschutz ein. Einen Schlüssel, insbesondere für Privatpersonen, sieht er in der Verwendung von mehr heimischen Wildpflanzenarten.

Mit einer professionell gestalteten Insektenmaske vermittelten die Vertreter*innen von Bioland bei dem Pressetermin eindrücklich, in welcher Notlage sich die Insekten heute befinden. Jan Plagge gab seine Stimme der Blauflügel-Prachtlibelle und beklagte sich über fehlende Gewässer, die nicht mit Nährstoffen aus synthetischem Stickstoffdünger überlastet sind. Diese brauche das Insekt jedoch zum Überleben. Katharina Schertler sprach für den Kleinen Perlmuttfalter und Gerald Wehde für den Gold-Laufkäfer.

Die Forderungen der Insektenlobby im Einzelnen:

- Alle gesellschaftlichen Gruppen müssen ihre Flächennutzung ändern: Landwirtschaft und alle Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung für die Nutzung von Flächen haben
- Die Politik muss öffentliche Leistungen der Landwirte für mehr Biodiversität und intakte Ökosysteme ausreichend honorieren
- Verbot von chemisch-synthetischen Pestiziden in ökologisch empfindlichen Gebieten sowie auf öffentlichen und privaten Flächen
- Einführung einer Abgabe auf Pestizide
- Erstellung eines wirksamen politischen Gesetzesrahmens, der den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide im Pflanzenschutz als letzte Wahl vorgibt
- Zulassungsstopp für Pestizide mit breiter Wirkung in Kleingewässern
- Verbot aller Totalherbizide, wie bspw. Glyphosat
- Verpflichtende flächengebundene Tierhaltung  
- Abgabe für synthetischen Stickstoffdünger
- Förderung der Strukturvielfalt in Agrarlandschaften
- Förderung der Insektenvielfalt in Siedlungsräumen
- Intensivierung der Forschung und des Monitorings
- Einführung eines umfassenden Ökosystemschutz im Grundgesetz, als “Rechte der Natur”
- Systematische Anpflanzung heimischer Wildpflanzen:
alle 10 m ein kleiner Wildpflanzenlebensraum bis zu 10 m². Z.B.: Balkon, Fassadenbegrünung, Wildblumenbeet
alle 100 m ein Wildpflanzenlebensraum bis zu 100 m². Z.B.: Naturgarten, öffentliches Grün, Biodiversitätsdach
alle 500 m ein großer Wildpflanzenlebensraum bis zu 500 m². Z.B.: öffentlicher Park, großer Naturgarten, großes Biodiversitätsdach
Vernetzung und Verbindung der Wildpflanzenlebensräume durch naturnahe Straßenränder, Bahndämme, Wegränder

Weitere Informationen zur Insektenlobby finden sich unter www.bioland.de/insektenlobby