"Soll ich für 900 Euro arbeiten?"
Herr Veith, Ihr Strafverfahren entwickelt sich derzeit nicht gerade zu Ihren Gunsten. Was bedeuten die jüngsten Entwicklungen für Ihre Absicht, sich erneut um das Bürgermeisteramt zu bewerben?
Ich kann dazu nicht viel sagen, ich habe selbst erst am Dienstag Morgen aus den Nachrichten davon erfahren. Mein Anwalt möchte die Sachlage nun erst einmal in Ruhe prüfen.
Währenddessen wird in den Medien bereits spekuliert, dass Sie ihre angekündigte Wiederkandidatur abblasen. Als Indiz dafür wird Ihr neuer Job in der Schweiz gesehen. Was ist da dran?
Mein neuer Job hat nichts mit meiner politischen Zukunft zu tun. Ich habe bereits seit dem vergangenen Sommer neben meinem Bürgermeisteramt halbtags im Geschäft meines Bruders gearbeitet, weil mir die ganze Sache mit den Beiträgen zu viel wurde. Dann kam im Spätherbst das Angebot, als Teilzeitstelle die Geschäftsführung einer Stiftung im Kloster St. Johann in Müstair, gleich hinter der Grenze, zu übernehmen. Das heißt, ich habe nun nur die Arbeitsstelle gewechselt. Ich sehe das als einmalige Chance, wieder richtig versichert zu sein und auch als Möglichkeit, ein wenig unabhängiger von der Politik zu werden.
Wenn es schlecht läuft, könnten Sie aufgrund der Sozialbeiträge auch völlig unabhängig von der Politik werden, also Ihr politisches Amt verlieren. Warum ist Ihnen diese Versicherung so wichtig?
Weil ein Bürgermeister ohne Anstellung oder Wartestand keinerlei Versicherung hat. Das habe ich aber selbst erst erfahren, nachdem ich Bürgermeister geworden war. Ich habe davor 15 Jahre als internationaler Verkaufsleiter in der Schweiz gearbeitet und die Gesetzeslage einfach nicht gekannt.
Was sieht diese vor?
Es gibt keinerlei Möglichkeiten für Bürgermeister in einen Rentenfonds einzuzahlen. Doch selbst, wenn es sie gäbe und ich nur annähernd so gut versichert sein wollte wie in meiner Anstellung zuvor, würden mir nach Zahlung der Sozialbeiträge noch 900 Euro netto bleiben. Und für diesen Betrag kann niemand verlangen, dass jemand als Bürgermeister arbeitet.
Die Alternative heißt, sich bei seinem Bruder anstellen zu lassen?
In meinem Fall schon, denn mit der Amtsentschädigung als Bürgermeister allein ist man nicht einmal kranken- oder unfallversichert. Und mir wurde damals zumindest auch von Seiten des Gemeindeverbandes versichert, dass eine solche Lösung rechtlich in Ordnung ist. Wenn ein Bürgermeister Arbeitnehmer ist, ist er weiterversichert. Entweder im Rahmen eines politischen Wartestandes, dann bezahlt die Gemeinde die Beiträge weiter, oder im Rahmen eines Teilzeitvertrags. In dem Fall muss die Gemeinde dem Arbeitgeber das Äquivalent für eine genau festgelegte Stundenanzahl pro Monat zurückerstatten, die der Bürgermeister für sein Amt unterwegs ist.
Der Malser Bürgermeister Ulrich Veith sorgt nicht nur in Sachen Pestizide für Schlagzeilen. „Veith in der Zwickmühle“, titelt die Südtiroler Tageszeitung vom Dienstag. „Ora il sindaco di Malles rischia l’ ineleggibilità“, der Alto Adige. Anlass dafür ist das Strafverfahren des Malser Bürgermeisters vor dem Landesgericht Bozen wegen des - laut Anklage - fingierten Arbeitsverhältnisses bei seinem Bruder zwecks Übernahme der Sozialabgaben. Statt der erhofften Einigung und Einstellung des Verfahrens sieht derzeit alles nach einer Ausdehnung der Anklage aus. Welche Konsequenzen das konkret für Ulrich Veith hat, dürfte erst bei der nächsten Vorverhandlung am 2. März klarer werden. Rosig wirkt derzeit keine der Optionen. Neben der Rückzahlung der von der Gemeinde Mals zwischen 2009 und 2013 gezahlten Sozialabgaben droht Veith entweder ein Hauptverfahren oder zumindest eine strafrechtliche Verurteilung. Und diese würde im Fall des Betrugsdelikts Veiths Ambitionen auf eine zweite Amtsperiode durchkreuzen. Grund dafür ist laut den aktuellen Medienberichten das Severino-Gesetz, das strafrechtlich verurteilten Verwaltern eine Amtsausübung verbietet.
Das heißt aber, Sie kommen Ihrer Gemeinde nun wieder teurer zu stehen?
Ja, zumindest wenn die Stiftung, für die ich nun arbeite, einen Antrag auf Rückerstattung stellt.
Hat nur der Malser Bürgermeister ein Problem mit seinen Sozialabgaben?
Von wegen. Schauen Sie nur einmal, wie viele Bürgermeister jetzt sagen, es geht nicht mehr und wieder arbeiten gehen. Es gibt immer weniger Bürgermeister, die dieses Amt nur mehr hauptberuflich ausüben, weil unsere Situation wirklich vielfach prekär ist.
Ihnen weht in den vergangenen Wochen aber insgesamt ein verdammt rauer Wind entgegen. Ist unter den Umständen die Kandidatur für eine weitere Amtsperiode wirklich so eine gute Idee?
Man sieht doch, was in den vergangenen Monaten los war und weiß genau, worauf das hinauslaufen soll. Ich glaube aber schon, dass bei uns immer noch das Volk entscheiden soll, wer Bürgermeister ist, und nicht einige Drahtzieher im Hintergrund. In Mals gibt es die einfach, und sie versuchen mich wegzubekommen, das ist ganz einfach so.
Doch am Bozner Landesgericht gibt es wohl keine Drahtzieher....
Nein, doch die Frage ist, von wem die Anzeige ausgegangen ist.
Macht das nicht irgendwann amtsmüde?
An Tagen wie heute schon. Aber dann erhole ich mich schon wieder. In meinen Entscheidungen lasse ich mich davon auf keinen Fall beeinflussen.