Kultur | Video del venerdì

“Namenlose”

Fest ergriffen vom Lied „Deportee“ von Woody Guthrie entscheidet sich Dominik Plangger es in die heutige Zeit zu übertragen - berührend und wunderbar interpretiert.
Dominik Plangger
Foto: Dominik Plangger

Vor einigen Jahren hörte der Singer-Songwriter Dominik Plangger das Lied „Deportee“ von Woody Guthrie und Martin Hoffman und es ließ ihn nicht mehr los. Der Song wurde bereits 1948 geschrieben und handelt von einem Flugzeugabsturz in Kalifornien, wobei viele mexikanische Landarbeiter, die auf dem Weg in ein Abschiebezentrum waren, ums Leben kamen. In den Medien wurden aber nur die vier amerikanischen Besatzungsmitglieder namentlich, alle anderen Todesopfer wurden hingegen nur beiläufig als „deportees“ erwähnt. Dominik Plangger setzte sich zum Ziel den Song ins Deutsche und ins Hier und Jetzt zu transportieren, um (s)einen Beitrag zu leisten, um die Geschichten der Flüchtlinge zu erzählen, damit sie nicht als Namenlose untergehen.

 

salto.bz: Wie kam es zur Idee den Song „Deportee“ von Woody Guthrie und Martin Hoffman ins Deutsche und vor allem in die heutige Zeit zu übertragen?

Dominik Plangger: Die Idee, diesen Song ins Deutsche und die heutige Zeit zu übertragen, war schon lange da, doch die Coronakrise hatte diese Thematik komplett in den Schatten gestellt. Auch die Medien berichteten wenig bis gar nicht, obwohl kurz vor Corona tausende Menschen über die von Erdogan geöffnete Grenze flüchteten und es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen kam.

 

Namenlose - Dominik Plangger - inspiriert von „Deportee“ von Woody Guthrie, deutscher Text Dominik Plangger, Violine und zweite Stimme Claudia Fenzl, Pedal Steel Markus Mayerhofer

 

Das Lied von Woody Guthrie, obwohl vor über 70 Jahren geschrieben, ist aktueller denn je - die damaligen „deportees“ sind die heutigen Flüchtlinge - namenlos und anonym...

Genau so empfinde ich es auch, die Entmenschlichung von Personen wird auch von Politikern gezielt eingesetzt und führt zu dieser gesellschaftlichen Verrohung, die wir gerade erleben. Es gibt Menschen, die freuen sich in den sozialen Medien darüber, dass Flüchtende im Meer ertrinken! Das macht mich sprachlos, traurig und zornig, wir haben aus der Geschichte nichts gelernt, absolut nichts.

Nora Guthrie, die Tochter von Woody Guthrie, die mir erlaubt hat, den Song ihres Vaters zu bearbeiten, schrieb: „My father wrote Deportee to highlight the epic tale that seems to repeat itself over and over again throughout history; the exclusion and expulsion of groups of peoples, whether they be refugees, migrants, or others „not wanted“. Dominik has pointed us, once again, in this direction. To confront our sense of brotherhood, or lack of brotherhood, with this sobering yet loving adaptation of my father's song.“

 

Die Entmenschlichung von Personen wird auch von Politikern gezielt eingesetzt und führt zu dieser gesellschaftlichen Verrohung, die wir gerade erleben. Es gibt Menschen, die freuen sich in den sozialen Medien darüber, dass Flüchtende im Meer ertrinken! Das macht mich sprachlos, traurig und zornig, wir haben aus der Geschichte nichts gelernt, absolut nichts.

 

Besteht die Gefahr, dass die derzeitige Corona-Situation die Flüchtlingskrise weniger brisant erscheinen lässt bzw. beispielsweise auch in den Medien nur mehr am Rande erwähnt wird?

Ja, ich denke schon. Die Regierungen können ihren harten Weg in der Asylpolitik fortsetzen und die Medien und Menschen sind abgelenkt durch Corona. Wenn ich sehe, dass die Grünen in Österreich kritiklos die strenge und menschenunwürdige Asylpolitik von Kurz mittragen, denk ich mir schon: „Wo bleibt der Aufschrei der grünen Wählerschaft?“

 

Wie überstehst du die momentane Zeit?

Ich komme relativ gut durch diese Krise, weil wir das Glück haben, dass Claudia, meine Frau, noch ein fixes Gehalt hat. Mein Einkommen ist komplett weggefallen, ich musste die ganze Frühjahrstour absagen und habe laufende Kosten, der Härtefallfond ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich will aber nicht jammern, weil es besser ist, lösungsfinderisch und optimistisch in die Zukunft zu sehen. Ich hoffe, die Menschen haben nach der langen Pause wieder Sehnsucht nach Musik und Konzerten!

 

Dürfen wir uns auf weitere neue Songs oder Projekte von dir freuen?

Ich arbeite an Songs, und im Herbst wird es wieder was Neues geben. The show must go on.