Umwelt | Ruhezone
„Zu hoher Stressfaktor für die Tiere“
Foto: Biologenvereinigung
Die Diskussion um die Erhaltung der Confinböden ist mittlerweile seit mehr als zwei Jahren im Gange und die Anzahl der Stimmen, die den Schutzstatus für das Gebiet verlangen, wächst.
„In diesem Dürresommer mit unvorhersehbaren Ereignissen in den Alpen, bekommt unser Anliegen eine besondere Brisanz: die Cunfin-Böden, mit ihren Trinkwasserquellen und mit der imposanten Langkofelgruppe, brauchen nach 40 Jahren Einsatz von Umweltschützern eine endgültige Unterschutzstellung. Der bereits durch unsere Initiativgruppe „Nosc Cunfin“ eingereichte Antrag zur Eintragung des gesamten Gebietes als Naturpark, soll die dafür nötigen Schritte einleiten.“ erklärt Heidi Stuffer, Präsidentin der Gruppe Nosc Cunfin und ergänzt: „Alle geplanten Bauvorhaben „Neue Verbindung von Monte Pana nach Saltria“ müssen unterbunden und die Cunfin-Böden samt angrenzenden Wäldern und Langkofelgruppe, im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes als Gemeinwohl und Gemeingut aller, aber auch aufgrund der intergenerationellen Gerechtigkeit, unter Schutz gestellt werden.“
Auf den Cunfin-Böden werden immer wieder Treffen vor Ort organisiert, sei es um die Bevölkerung auf das Thema aufmerksam zu machen, als auch Expertenmeinungen einzuholen. So war es auch am Donnerstag, 14. Juli, als sich Mitglieder der Vereinigung Südtiroler Biolog:innen, der Gruppe „Nosc Cunfin“, Climate Action South Tyrol und der Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz zu einer gemeinsamen Begehung der Cunfin-Böden, am Fuß der Langkofelgruppe, getroffen haben. Während des Treffens wurden von Seiten des Naturkundemuseums und des Amtes für Natur botanische Erhebungen auf den Cunfin-Böden durchgeführt und die ökologischen und kulturellen Besonderheiten des Gebiets, sowie die drängende Thematik einer Erhöhung des Schutzstatus diskutiert.
Ruhezone für die lokale Fauna
Seit über einem Jahrhundert wurden die Cunfin-Böden durch traditionelle, extensive Bewirtschaftung geprägt. Damit wurde eine strukturreiche Landschaft geschaffen, welche neben ihrer kulturellen Bedeutung auch für die Artenvielfalt fördernd ist. Die Verbauung des Gebiets, samt seiner unmittelbar angrenzenden Wälder, würde aus ökologischer Perspektive also eine deutliche Degradierung bedeuten.
Dazu hat sich der Wildtierökologe der Vereinigung Südtiroler Biolog:innen Benjamin Kostner ausgesprochen: „Vor allem in touristisch intensiv genutzten Gebieten, wie denen der angrenzenden Seiser Alm und Gröden, sind Ruhezonen als Rückzugsorte für Wildtiere, darunter auch streng geschützte Arten wie das Auerhuhn, fundamental. Die Wälder um die Cunfin-Böden stellen solche Ruhezonen dar und müssen, aus ökologischer Sicht, unbedingt auch langfristig von einer weiteren Erschließung und Intensivierung des Tourismus ausgeschlossen werden.“
Doch ist das Vorhandensein geschützter Arten nicht genug, um ein Gebiet wie das am Fuß der Langkofelgruppe unter Schutzstatus zu stellen? Salto.bz hat Kostner dazu befragt, der aber eine ernüchternde Antwort gegeben hat: „Mit ökologischen Fakten kommt man manchmal leider nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn die Angelegenheit die politische Ebene erreicht, so werden diese oft als zweitrangig erachtet und anderen Faktoren untergeordnet, wenn dann beispielsweise gegen die Ernennung eines Schutzgebietes entschieden wird.“
Der Schutz für gefährdete Tier- und Pflanzenarten und deren Habitate ist auf EU-Ebene gesetzlich vorgesehen. Das Auerhuhn, zum Beispiel, welches, wie Kostner erklärt, in der Gegend der Cunfin Böden vorzufinden ist, gehört zu den Arten, deren Lebensraum erhalten werden muss. „Doch kann es Jahre dauern, bis die Beschwerde wegen dem Verstoß eines EU-Gesetzes von der europäischen Kommission analysiert wird, geschweige denn ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird. Zwar kann man eine Gruppenbeschwerde einreichen, falls es in verschiedenen Fällen zu einem Verstoß gekommen ist, doch handelt es sich um ein aufwändiges und langwieriges Verfahren.“
Umso wichtiger ist es also, die Teilnahme und das Interesse der Bürger zu fordern, da man dadurch schneller und effizienter ein Resultat erreichen und den Druck auf die Politik steigern kann.
„Es geht nicht nur darum, die gefährdeten Arten zu schützen. Hier geht es darum alle Wildtiere, die im Gebiet der Cunfin-Böden leben, zu schützen und dieses Gebiet mitsamt den Wäldern zu bewahren.“ ergänzt Kostner mit Nachdruck. „Die Cunfin-Böden sind einige der wenigen Ruhezonen, die in Gröden und der Seiser Alm übrig geblieben sind. Falls dort eine Seilbahn, ein Zug oder gar ein Skigebiet gebaut wird, so würde der Stressfaktor extrem hoch für die dort lebenden Tiere werden.“
Erst vor kurzem wurde das Projekt der (Gletscher-)Verbindung Ötztal – Pitztal, bei einem Referendum von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Damit wurde ausgesprochen, was auch in Südtirol Realität werden muss: Großbauprojekte zu Gunsten einiger weniger und auf Kosten der Allgemeinheit und Natur, sind schlicht nicht mehr zeitgemäß. Ein Referendum, um die Meinung der Bürger zu den Cunfin-Böden einzuholen, ist, wie Salto.bz bereits berichtete, in Ausarbeitung.
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