Politik | Branzoll

„Das liegt doch auf der Hand“

Der abgewählte Branzoller Bürgermeister Alessandro Bertinazzo über das neue Bündnis der SVP mit Mitte-Rechts und das Nein, das ihn den Kopf gekostet hat.
Bertinazzo, Alessandro
Foto: Gilberto Cavalli
Salto.bz: Herr Bertinazzo, haben Sie der SVP schon gedankt?
 
Alessandro Bertinazzo: Nein, ich muss der Volkspartei nicht danken. Ich habe der neuen Bürgermeisterin eine SMS zur Gratulation geschickt und dem Wunsch: „Gute Arbeit“.
 
Es ist doch zumindest merkwürdig, dass die SVP bei dieser Gemeinderatswahl in Branzoll offen die Mitte-Rechts-Kandidatin Giorgia Mongillo unterstützt hat?
 
Ich halte es für merkwürdig, dass die SVP jemanden unterstützt, der nicht das tun soll, was das Gesetz vorschreibt. Denn bisher habe ich die Volkspartei immer als gesetzestreu angesehen..
 
An was denken Sie?
 
Wir brauchen uns hier nicht zu verstecken. Es geht einzig und allein darum, den privaten deutschen Kindergarten in Branzoll mit öffentlichen Geldern zu renovieren und zu erweitern. Doch das geht vom Gesetz her nicht. Man kann das zwar politisch beschließen, aber verwaltungstechnisch und rechtlich ist diese Operation nicht umsetzbar....
Es geht einzig und allein darum, den privaten deutsche Kindergarten in Branzoll mit öffentlichen Geldern zu renovieren und zu erweitern. Doch das geht vom Gesetz her nicht.
Warum nicht?
 
Weil wir gleichzeitig eine öffentliche Grundschule haben, die halb leer ist. Wenn eine Gemeindeverwaltung also Geld in diese private Struktur steckt, dann ist das Verschwendung. Ich weiß wovon ich rede. Als Bürgermeister habe ich vor zehn Jahren eine Art externen Wachdienst für die öffentliche Grundschule finanziert. Daraufhin wurde ich beim Rechnungshof angezeigt. Damals ging es um 30.000 Euro in zehn Jahren. Jetzt geht es aber um eine oder zwei Millionen Euro. Die Sachlage ist damit weit schwerwiegender. Wir werden sehen, ob die neue Bürgermeisterin den Mut hat, so weit zu gehen.
 
Sie sagen damit: Das Nein zu diesen SVP-Plänen hat Ihnen das Amt gekostet?
 
Das liegt doch auf der Hand. Dieses Ansinnen sollte im Gemeinderat Anfang des Jahres behandelt werden. Doch so weit liess es die SVP erst gar nicht kommen. Man hat vorher durch Rücktritte den Gemeinderat aufgelöst. Natürlich war meine Haltung zu dieser Operation bekannt. Der ehemalige Branzoller SVP-Obmann und Vorsitzende des Kindergartenvereins Horst Freisinger, dem Verein gehört der Kindergarten, hat auch jetzt im Wahlkampf wieder behauptet, dass der Landeshauptmann einen großen Landesbeitrag für die Erweiterung zugesagt hätte. Nur wie das gehen sollte, hat mir bisher keiner erklärt.
 
Sie gehen davon aus, dass die neue Bürgermeisterin diese Operation mitmachen wird?

Daran zweifle ich keinen Moment. Ich bin immer geradeaus gegangen. Die Gesetze sind dazu gemacht, dass sie eingehalten werden. Es war nicht meine Art, das Gesetz bei den Gegner anzuwenden und bei den Freunden wegzuschauen. So wie es in diesem Land oft getan wird.
Ich glaube nicht, dass Berlusconi plötzlich ein Haus in Meran kaufen will, weil dort die Thermen so schön sind. Die SVP hat jedes Interesse mit jenen in Kontakt zu bleiben, die vielleicht morgen an der Regierung sind.
Sie sind nach dieser Niederlage sehr enttäuscht und überlegen, auch als Gemeinderat zurückzutreten?
 
Ja, im Moment denke ich wirklich daran. Aber wir müssen, das gemeinsam in der Gruppe entscheiden. Wobei ich sagen muss: Diese 8 Monate, als die Gemeinde kommissarisch verwaltet wurde, haben mir gutgetan. Ich hatte weniger Stress und konnte mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Deshalb wäre ein Ausstieg wahrscheinlich das beste. Aber das kann und will ich nicht alleine entscheiden. Was aber sicher ist: Ich werden nicht mehr so viel Zeit und Herz in Gemeindepolitik legen.
 
Glauben Sie, dass die Branzoller Mitte-Rechts-Unterstützung durch SVP auch ein Test für eine mögliche politische Wende der Volkspartei auf Landesebene sein könnte?
 
Schauen Sie: Ich glaube nicht, dass Berlusconi plötzlich ein Haus in Meran kaufen will, weil dort die Thermen so schön sind. Die SVP hat jedes Interesse mit jenen in Kontakt zu bleiben, die vielleicht morgen an der Regierung sind. Man sieht ganz klar, dass die SVP in Richtung Rechts geht. Branzoll ist nur das letzte Zeichen. Was mich dabei wundert: Wo sind die SVP-Arbeitnehmer? Die sagen anscheinend nichts mehr.
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Franz Hilpold Di., 21.11.2017 - 12:24

Die Volkspartei paktelt schon länger mit den Faschisten, siehe Leifers. Obwohl man sagen muss, dass der Bürgermeister dort seine Sache bisher recht gut gemacht hat. Die Volkspartei hat schon lange jeglichen moralischen Anspruch aufgegeben, die Nähe zu den Faschisten wäre noch vor nicht allzu langer Zeit aus ideologichen Gründen undenkbar gewesen, nun hat man keine Berührungsängste mehr. In der nun vorherrschenden Ideologie geht es mehr um die persönliche Bereicherung, die Unterstützung von privaten Einrichtungen auf Kosten der Allgemeinheit, letztendlich um eine Umverteilung. In diesem Sinne hat man eben auch viel Verständnis für die Faschisten.

Di., 21.11.2017 - 12:24 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Di., 21.11.2017 - 12:44

Das sind recht schwere Beschuldigungen welche der ex Bürgermeister hier in den Raum wirft. Handelt es sich bei der "halb leeren" Grundschule um eine deutsche Schule? Falls ja, müsste man mal Herrn Achammer dazu ein paar Fragen stellen.

Di., 21.11.2017 - 12:44 Permalink