Die Skepsis bleibt
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Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres 2025/26 wird klar, dass die Boykottmaßnahmen der Lehrpersonen immer wahrscheinlicher werden . Die Initiativgruppen „Bildung am Abgrund“ und „Qualitätsmarke Bildung Südtirol“ haben ein landesweites Maßnahmenpaket aufgestellt, mit dem sie auf die aus ihrer Sicht unhaltbare Situation im Bildungswesen aufmerksam machen wollen und dazu aufrufen an den Zielen der gemeinsamen Veränderungen festzuhalten.
„Die gesellschaftliche und finanzielle Wertschätzung bleibt weit hinter unserer Leistung zurück.“
Seit Jahren sehen sich Südtirols Lehrerinnen und Lehrer steigenden Anforderungen gegenüber. Die Unterrichtsaufgaben würden immer komplexer, die Förderung Kindern und Jugendlichen immer differenzierter. Hinzu gesellten sich Herausforderungen, die sich aus Digitalisierung und einem wachsenden administrativen Aufwand ergäben.
Gleichzeitig steigen die Lebenshaltungskosten im Land und das in einem Maß, das viele Pädagoginnen und Pädagogen als kaum mehr tragbar empfinden. „Die gesellschaftliche und finanzielle Wertschätzung bleibt weit hinter unserer Leistung zurück“, heißt es in einer Stellungnahme der beiden Initiativen. Vor allem im Vergleich zu Nachbarregionen fühlen sich die Südtiroler Lehrkräfte abgehängt.
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Erste politische Signale, aber die Skepsis bleibt
Die Protestbewegung habe bereits Wirkung gezeigt und in der Öffentlichkeit Wahrnehmung geschaffen. Ein Inflationsausgleich sowie eine Gehaltserhöhung seien mit der Landesregierung diskutiert worden. Doch die Vorschläge gehen nach Ansicht der Initiativen nicht weit genug. Während eine strukturelle Anpassung der Gehälter an die Inflation lediglich „in Aussicht gestellt“ wurde, bleibe die bisherige Abdeckung deutlich unter der realen Teuerungsrate. Verhandlungen über mögliche substanzielle Gehaltserhöhungen seien für den Herbst angekündigt. Viele Lehrkräfte zweifeln allerdings daran, dass den Worten auch Taten folgen werden. „Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass Versprechen selten im notwendigen Ausmaß umgesetzt werden“, so die Initiativen.
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Trotz begrenzter Handlungsspielräume nutze die Protestaktion die vorhandenen Möglichkeiten aus. Als zentrale Protestmaßnahme sei die Aussetzung sämtlicher Ausflüge und Lehrausgänge vorgesehen. Damit soll die Sichtbarkeit des Protests erhöht und gleichzeitig der Druck auf die Entscheidungsträger verstärkt werden.
Auch der Verzicht auf schulische Veranstaltungen oder Kooperationen mit externen Partnern sei im Gespräch. Lediglich Aktivitäten, die für die Bildungsbiografie der Schülerinnen und Schüler von wesentlicher Bedeutung sind; etwa Orientierungsbesuche beim Schulwechsel oder bereits genehmigte Projekte des Europäischen Sozialfonds (ESF) können im Einzelfall zugelassen werden.
Dies seien Vorschläge, denn über die konkrete Umsetzung können die jeweiligen Lehrerkollegien selbst entscheiden. Diese sollen zu Beginn des Schuljahres festlegen, in welchem Umfang die Maßnahmen greifen. Um die Umsetzung zu erleichtern, wurde ein detaillierter Leitfaden erstellt. Er beschreibt, wie die Protestmaßnahmen rechtlich und organisatorisch an staatlichen Schulen verankert werden können. Damit wollen die Initiativen sicherstellen, dass das Vorgehen transparent und einheitlich abläuft.
„Die Solidarität, die wir derzeit erleben, gibt uns Kraft, Mut und Zuversicht.“
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Signal der Geschlossenheit
Erstmals seit Langem präsentieren sich die Südtiroler Lehrkräfte landesweit geschlossen. Die Initiativen betonen, dass diese Einigkeit eine Chance biete, nachhaltige Verbesserungen im Bildungssystem zu erzielen.
„Die Solidarität, die wir derzeit erleben, gibt uns Kraft, Mut und Zuversicht“, schreiben die Organisatoren in ihrem Aufruf. Zugleich fordern sie alle Schulen auf, ihre Beteiligung an den Protestmaßnahmen zentral zu melden, um den politischen Entscheidungsträgern ein klares Signal zu senden.
Ob die Bewegung tatsächlich zu höheren Gehältern und einer spürbaren Aufwertung des Berufs führen wird, bleibt offen. Sicher ist jedoch, dass mit dem Start ins neue Schuljahr Südtirols Bildungslandschaft nicht nur von pädagogischen Herausforderungen geprägt sein wird, sondern auch von einem ungewöhnlich geschlossenen Protest der Lehrkräfte.
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„,Die gesellschaftliche und…
„,Die gesellschaftliche und finanzielle Wertschätzung bleibt weit hinter unserer Leistung zurück'“, heißt es in einer Stellungnahme der beiden Initiativen."
Zumindest was die gesellschaftliche Wertschätzung angeht, kann diese nicht von oben dekretiert werden. Sie wächst in der täglichen Ausübung des Berufs und der Zufriedenheit der Bürger mit der erbrachten Leistung.
Die Zufriedenheit der Bürger mit der erbrachten Leistung der Lehrkräfte ist übrigens hoch, das belegen Studien des ASTAT.
Lehrerinnen und Lehrer, die…
Lehrerinnen und Lehrer, die gute Arbeit leisten, werden von den meisten Eltern sehr wohl wertgeschätzt. Was die Lohnforderungen angeht könnten sich alle sozialen Berufe gemeinsam aufregen (neben den Lehrpersonen auch Altenpfleger, Krankenpfleger, Sozialarbeiter und auch jene, die ich jetzt übersehen habe).