Stink Lady
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„Es geht mir um Transparenz“, sagt Manfred Varesco, „denn was um diese Wahl herum passiert, ist genau das Gegenteil“. Der Montaner Bauer und Unternehmer wirbelt derzeit die Planspiele des „Verbandes Südtiroler Obstgenossenschaft“ (VOG) ordentlich durcheinander. Es geht dabei vordergründig um einen Nebenschauplatz, doch an der Geschichte wird deutlich, wie man an der Spitze der größten Erzeugerorganisation des Landes die Ämter, die Pfründe und den Einfluss verteilt und verteidigt.
Seit fast zwei Jahrzehnten spielt dabei die Spitze der VOG, allen voran Obmann Georg Kössler und in den vergangenen Jahren auch sein Stellvertreter Harald Weis, eine unrühmliche Hauptrolle.
Wie in der US-Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (Originaltitel: Groundhog Day, 1993) wiederholt sich dabei alle drei Jahre derselbe Film. Es ist ein Streifen, der anschaulich macht, wie es um die demokratische Mitbestimmung im Reich des Südtiroler Apfels bestellt ist. Manfred Varesco fasst seine Kritik so zusammen: „Hier wird alles ganz bewusst geheim gehalten“. -
Mitbestimmung von unten
Pink Lady ist eine sogenannte Clubsorte. Diese Bezeichnung gründet auf der Philosophie des Unternehmens, dass Produzenten, Vermarkter und Baumschulbesitzer direkt mitbestimmen können. Dazu werden 1997 ein Club und ein Verband gegründet: „Pink Lady Europe“ und „Association Pink Lady Europe (A.P.L.E.)“.
Alle drei Jahre wählen die Mitglieder so ihre Vertreter in den Delegiertenrat. Es ist das wichtigste Gremium der Erzeuger- und Vermarkterorganisation, aus dem nicht nur der Vorstand gewählt wird, sondern das auch entscheidend die Marktpolitik des lukrativen Großunternehmens „Pink Lady“ mitbestimmt. Als eines der größten Anbaugebiete kann Südtirol dabei einen Delegierten und einen Stellvertreter entsenden.
Seit zwei Jahrzehnten ist diese Wahl ein Heimspiel für die VOG-Spitze. VOG-Obmann Georg Kössler sitzt so seit fast zwei Jahrzehnten als Südtiroler Delegierter im sogenannten APLE-Board in französischen Le Pontet. Es ist eine Art Vorstand des Clubs. VOG-Vizeobmann Harald Weis ist sein Stellvertreter. -
Das Duo – beide sind im Südtiroler Obst- und Weinbau Multifunktionäre – verteidigt die auch finanziell gut dotieren Plätze dabei mit allen Mitteln. Jahrelang wurden VOG-Obmann Georg Kössler und sein Stellvertreter als einzige Kandidaten von den Bauern und Genossenschaften einfach durchgewunken. Nach entsprechenden Eingaben mokierte dich dann aber die französischen Konzernzentrale, dass eine Wahl mit zwei Kandidaten für zwei Plätze keine Wahl sei. Deshalb musste man auch in Südtirol ab 2018 wohl oder übel mehrere Kandidaten zulassen.
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Die rosarote Dame
Der Apfel „Pink Lady“ ist der Goldesel unter den Äpfeln in Südtirol. Der Produzent dieser Clubsorte erhält von den Genossenschaften als Auszahlungspreis pro Kilo im Durchschnitt rund das Doppelte der traditionellen Sorten.
Der Pink Lady wurde 1973 in Australien aus den Sorten Golden Delicious und Lady Williams gekreuzt. 1989 übernahm das französische Baumschulkonsortium „Star Fruits“ in Europa die Rechte auf die Apfelsorte. Weltweit liegen die Rechte für Anbau und Vermarktung bei der "International Pink Lady Alliance".
Pink Lady ist der Star unter den sogenannten Clubsorten. Bei einer Clubsorte dürfen nur Mitglieder den Apfel anbauen, die Bäume dazu kommen direkt vom Unternehmen selbst. Ab-Hof-Verkäufe oder andere Wege der Direktvermarktung sind den Bauern dabei nicht erlaubt, sondern sie müssen den Apfel an ein Vermarktungsunternehmen verkaufen, das ebenfalls Mitglied im Pink-Lady-Club ist.
In Südtirol ist das die VOG. Sie zählt seit 1999 zu den lizenzierten Vermarktern von Pink Lady, die sich zusammen mit den Produzenten und den Baumschulen zur "Association Pink Lady Europe" (APLE) zusammengeschlossen haben. Welchen Stand Südtirol dabei hat, wird aus den Zahlen deutlich: Es gibt in Europa derzeit 3.145 Pink-Lady-Produzenten. Fast die Hälfte davon kommen aus Südtirol.
Im vergangenen Jahr wurden 211.000 Tonnen Pink-Lady-Äpfel verkauft. Weltweit wurde der Verkauf damit um 18 Prozent gesteigert, in Italien waren es sogar 24 Prozent. -
Die Selbstempfehlung
Was dann aber passierte, ist wohl eine noch größere Peinlichkeit.
Die Delegiertenwahl findet traditionell immer im Oktober statt. 2018 wurden erstmals insgesamt fünf Kandidaten für die zwei Plätze zur Wahl zugelassen. Die Wahl erfolgt in den verschiedenen Obstgenossenschaften. Jeder Pink-Lady-Produzent erhält einen persönlichen Wahlschein, den er dann dort in eine Wahlurne werfen muss. Diese Briefwahl läuft normalerweise eine Woche lang.
Anfang Oktober 2018 verschickte der Verband Südtiroler Obstgenossenschaften (VOG) an die rund 1.400 Südtiroler Bauern und Pink-Lady-Produzenten die Wahlscheine. Gleichzeitig aber gab man in einem Begleitbrief eine klare Wahlempfehlung aus. -
In dem Schreiben hieß es:
„Der Verwaltungsrat des Verbandes der Südtiroler Obstgenossenschaften hat Herrn Georg Kössler als Delegierten und Herrn Harald Weis als Stellvertreter nominiert“.
Unterzeichnet war das Schreiben von VOG-Obmann Georg Kössler, der damit unverblümt sich selbst und seinem Stellvertreter Harald Weis eine Wahlempfehlung ausstellt.
Die drei anderen Kandidaten wurden in dem Begleitschreiben erst gar nicht erwähnt. -
Die Werbetrommel
Die Werbetrommel für die Platzhirsche wurde damals aber auch eine Stufe unter der Verbandsebene ordentlich gerührt. So verschickten 2018 mehrere Südtiroler Obstgenossenschaften kurz vor Wahl eine SMS an ihre Mitglieder.
In der SMS an die Mitglieder hieß es:„Werte Mitglieder, für die laufende Neuwahl des Delegierten bzw. Delegierten Stellvertreter bei der Organisation A.P.L.E. (Association Pink Lady Europe) ersuchen wir Sie, an der Wahl teilzunehmen und die vom VOG-Verwaltungsrat empfohlenen Kandidaten Georg Kössler (VOG-Obmann) und Harald Weis (VOG-Vizeobmann) zu unterstützen. Unser geschlossenes Auftreten wird unsere Position im Pink-Lady-Club weiter stärken.“
Eine der Genossenschaften, die diese persönliche Wahlwerbung verschickten, war auch die Kalterer Genossenschaft „Roen“, deren Obmann kein Geringerer als Harald Weis ist.
2018 schaffte das Duo Kössler/Weis zwar die Wahl nach Frankreich, doch in der Wahlurne äußerte sich der Unmut der Bauern über dieser Vorgangsweise. -
Georg Kössler gewinnt damals die Delegiertenwahl zwar mit 54,31% der Stimmen. Doch sein gefährlichster Herausforderer, der Terlaner Gutsverwalter Klaus Kapauer kommt auf 34,81%. Als Stellvertreter schafft Harald Weis 2018 55,23%, sein Herausforderer der Aurer Bauer Georg Gallmetzer aber immerhin 36,74%.
Drei Jahre später, bei der Delegiertenwahl 2021, wiederholt sich das Schauspiel. Diesmal tritt nur Diego Gallmetzer als Gegenkandidat zu Georg Kössler an. Auch diesmal verschickt die VOG eine Wahlempfehlung für Kössler und Weis. Gallmetzer bekommt trotzdem über 30 Prozent der Stimmen. -
Die aktuelle Wahl
Jetzt aber steht wiederum die Delegiertenwahl an. Ende September verschickte die VOG an die Südtiroler Pink-Lady-Produzenten ein Schreiben, in dem die Neuwahlen angekündigt werden. Dabei wird erklärt, dass Interessierte ihre Kandidatur bis zum 11. Oktober mit einem beigelegten Formular mitteilen müssen.
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In diesem Schreiben steht ein interessanter Passus:
„Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen weist die VOG darauf hin, dass die Kandidaten über Kenntnisse der Sprachen Deutsch, Italienisch, Englisch und Erfahrungen mit Verwaltungsangelegenheiten sowie Reisebereitschaft verfügen müssen, um die bestmögliche Vertretung der Produzenten innerhalb der Organisation Pink Lady Europe gewährleisten zu können.“
Manfred Varesco, der einen internationalen Obsthandel betreibt, verfügt über diese Voraussetzungen und er meldet seine Kandidatur Anfang Oktober an. „Wir müssen den jungen Bauern eine Zukunftsperspektive geben und dazu bedarf es einer Kurskorrektur“, begründet er gegenüber SALTO sein Antreten.
Varesco tritt bei der Delegiertenwahl gegen Georg Kössler an. Während Harald Weis als Ersatzdelegierter Konkurrenz durch den Terlaner Bauern Alexander Höller und den Traminer Bauern Richard Peer bekommt.
Doch die Wahl scheint heuer besonders diskret abzulaufen. Denn bisher weiß man nicht einmal, wann sie genau stattfinden soll.Kein genauer Wahltermin„Es geht fast so zu wie in einer Geheimstruktur“, ärgert sich Manfred Varesco.
Dieses harte Urteil des ehemaligen Montaner SVP-Gemeinderates wird verständlich, wenn man den Hintergrund kennt.
Manfred Varesco hat sich vor einigen Tagen schriftlich an VOG-Obmann Georg Kössler und den VOG-Direktor und Geschäftsführer Walter Pardatscher gewandt. Varescos Anliegen:„Im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen des Produzentenvertreters im Verwaltungsrat von APLE (Pink-Lady-Vereinigung) möchte ich höflich anfragen, wann diese stattfinden werden und ob bereits ein konkreter Zeitplan existiert.
Darüber hinaus wäre ich sehr dankbar, wenn Sie mir Informationen darüber zukommen lassen könnten, welche Informationskanäle (Kontaktdaten Pink-Lady-Produzenten, VOG-APP, Videokonferenz, usw.) des Verbandes zur Verfügung stehen, um sich und das eigene Programm den Pink-Lady-Bauen vorzustellen.“Manfred Varesco wird gegenüber SALTO noch deutlicher: „Ich habe an eine Art Vollversammlung der Mitglieder gedacht, auf der sich die Kandidaten präsentieren können“.
Doch davon will man bei der VOG nichts wissen.
Nicht einmal den genauen Wahltermin will man bekanntgeben. Im Antwortschreiben von Walter Pardatscher heißt es lapidar:„Die Wahl wird Ende Oktober/Anfang November abgehalten. Das genaue Timing hängt von der Freigabe der Datenbasis zusammen, welche aktuell noch von Starfruits genauestens kontrolliert wird.“
Der VOG-Direktor erklärt, dass alle Südtiroler Pink-Lady-Produzenten noch via VOG-App oder E-Mail über den genauen Ablauf der Wahl informiert werden. Wie viele Wahlberechtige dabei abstimmen dürfen, bleibt ein Geheimnis des Glaubens. Die genauen Adressenlisten bleiben allein bei der VOG.
Auch eine Informationsveranstaltung ist nicht erwünscht.
So heißt es im Schreiben von Walter Pardatscher:„Es ist nicht vorgesehen, eine Wahlkampagne durchzuführen, auch nicht für die Kandidaten aus dem VOG-Verwaltungsrat“.
Demnach hält man sich am VOG-Sitz anscheinend nach Jahren der Selbstempfehlung jetzt erstmals nobel zurück. Der Grund dafür ist einfach: Mit Manfred Varesco tritt erstmals ein Gegenkandidat an, der Georg Kössler wirklich gefährlich werden könnte.
Deshalb soll die Wahl diesmal so still und leise wie möglich über die Bühne gehen.
Geschieht den Bauern recht…
Geschieht den Bauern recht dass sie von den Genossenschaften und Verbandsvertretern so behandelt werden wie sie es sich verdienen, bzw. wie sie es sich freiwillig aussuchen.
Der Titel ist unpassend, die…
Der Titel ist unpassend, die Lady kann ja nichts für diese Machenschaften. Kössler soll gehen.
Das sind die Vorteile des…
Das sind die Vorteile des Genossenschaftssystems.
Das Genossenschafts-System…
Das Genossenschafts-System hat zwar den Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Bronze vor der Haustür.
Hinter der Haustür werden seit dem Generaldirektor Raggioniere Palla, die Ideale von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, mit NEO-LBERALEN TENDENZEN vergiftet ...!
Ja, wenn sich die Obstbauern "mit den CLUB-SORTEN dem m.. ... Diktat der neuen Abzocke ausliefern ... ... "
Die Fürstentümmer des Mittelalters, die auf Kosten der Bauern + zum Teil auch der Handwerker, im verschwenderischen Luxus geschwelgt haben, lassen grüßen ... !
Wer einen gesunden Apfel…
Wer einen gesunden Apfel kaufen will, der macht um alle Clubsorten einen weiten Bogen.