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Grün-weiß-roter Dorn

Bernhard Zimmerhofer (STF) will Südtiroler Spitzensportler, die “landesschädigendes Verhalten” an den Tag legten, auf Linie bringen.
Tricolore
Foto: Südtirolfoto/Udo Bernhart

Wenn Carolina Kostner ihre 11. EM-Medaille gewinnt, Peter Fill die kleine Kristallkugel in der Weltcup-Kombination einheimst, Dorothea Wierer aufs Podest fährt oder Dominik Paris vom Siegertreppchen lacht, freut sich ganz Südtirol. Ganz Südtirol?

Mit den Erfolgen der hiesigen Wintersportler ziehen Kostner & Co. große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich, vor allem die nationaler Medien. Und hier tritt Bernhard Zimmerhofer auf den Plan. Der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit (STF) will den Südtiroler Sportlern nun vorschreiben, was sie tun und sagen dürfen – und was nicht. Damit nicht genug, Zimmerhofer fordert im Extremfall sogar einen Südtiroler “Sportboykott”.

 

Alarm statt Jubel

Grün-weiß-rote Fahnen, die nach erfolgreichen Wettbewerben in die Kamera gehalten werden, sind nicht der einzige Dorn in Zimmerhofers Auge. Auch die Aussagen einiger Spitzensportler bescheren dem STF-Landtagsabgeordneten Bauchschmerzen. Zuletzt jene prominenter Südtiroler Sportler zum Doppelpass – und zur Hypothese, künftig nicht mehr für Italien, sondern für Österreich Wettbewerbe zu bestreiten. “L’Austria è una terra bellissima, ma io sono italiana e onorata di gareggiare per il mio paese”, meinte etwa die Grödner Eiskunstläuferin Carolina Kostner dazu. Und die Biathletin Dorothea Wierer: “Noooo, per me viva l’Italia. io mi sento al cento per cento italiana. Molti pensano che noi altoatesini non ci sentiamo italiani. Macché.”

Bernhard Zimmerhofer stehen bei solchen Sätzen die Haare zu Berge. Er sorgt sich um das Bild, das dadurch von Südtirol geschaffen werden könnte: “Wenn bei internationalen Sportgroßveranstaltungen von unsern Sportlern im Interview Worte fallen wie ‘Ich bin stolze Italienerin’ oder ‘Mein Herz schlägt grün-weiß-rot’, dann vermittelt das dem Millionenpublikum weltweit und insbesondere jenem in Italien, dass sich die Süd-Tiroler eh schon als Italiener fühlen.” Forderungen nach dem Ausbau der Autonomie würden dadurch “konterkariert”.

 

Schaden Sportler Südtirol?

Zimmerhofer fordert nun Konsequenzen für Südtiroler Spitzensportler, “wenn diese durch ihre Aussagen und Handlungen in der Öffentlichkeit ein landesschädigendes Verhalten an den Tag legen”. “Natürlich steht es jedem frei, sich privat zu äußern wie er möchte”, fährt der STF-Landtagsabgeordnete in einer Aussendung fort, “aber in solchen Fällen bedeutet es einen Schlag ins Gesicht für all jene Süd-Tiroler, die für unser Land sehr viel geopfert und oftmals auch Kopf und Kragen riskiert haben”.

In der Pflicht sieht Zimmerhofer auch die Landespolitik und die Sportverbände. Die seien angehalten, “ihren Schützlingen auch ein Mindestmaß an politischer Bildung mit auf den Weg zu geben, um die Besonderheiten des Landes zu verstehen.” Auch sei zu überprüfen, “inwieweit solche Spitzensportler eine Landesförderung zu bekommen und sie auch weiterhin bekommen sollen”.

Abgesehen davon seien ihm immer wieder Beschwerden von Südtiroler Sportlern “über eine nationalistische Vereinnahmung” zu Ohren gekommen, offenbart Zimmerhofer. Seine drastische Forderung daher: “Schluss mit der nationalistischen Instrumentalisierung unserer Sportler, ansonsten wäre ein Sportboykott in Erwägung zu ziehen! Wir brauchen ein eigenes, revolutionäres und innovatives Konzept, damit wir auch im Sport einen unabhängigen Weg einschlagen können, denn wir haben nicht nur die notwendigen Infrastrukturen, die Kompetenz, Trainer, Funktionäre, Sponsoren und freiwilligen Helfer, die erfolgreichen Sportler und nicht zuletzt das sportbegeisterte Publikum.”

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Ludwig Thoma Mo., 22.01.2018 - 20:03

Athleten der Sportgruppen von italienischem Heer, italienischer Polizei, Carabinieri, Guardia di Finanza und Corpo forestale legen ein "landesschädigendes Verhalten" an den Tag wenn sie die Trikolore schwingen?

Mo., 22.01.2018 - 20:03 Permalink
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Martin B. Mo., 22.01.2018 - 21:12

Antwort auf von Ludwig Thoma

Solange das so bleibt wird sich bei den "Liebes"-Bekundungen und dem nachträglichen Absingen der italienischen Hymne, siehe der arme Rodler, nichts ändern. Nur wenn das Land selbst die Sportler finanziert inklusive Anstellung, könnten sich die Damen und Herren etwas freier äußern. Ein Schelm wer interpretiert was jene denken, welche sich wenig bis gar nicht zum Thema äußern ;-)

Mo., 22.01.2018 - 21:12 Permalink
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pérvasion Mo., 22.01.2018 - 22:15

Antwort auf von Ludwig Thoma

Was ich wirklich lustig finde, ist dass dieselben, die sich über Zimmerhofer ärgern (und das tue ich auch) anscheinend kein Problem damit haben, dass der Staat sehr wohl Loyalität einfordert und keinerlei »staatsschädigendes« Verhalten duldet. Das macht euch so unglaubwürdig.

Mo., 22.01.2018 - 22:15 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Di., 23.01.2018 - 11:25

Antwort auf von pérvasion

Das Leben ist eben leider kein Ponyhof. Zig andere Sportler welche nicht beim Staat angestellt sind, müssen auch für ihren Sponsor den Hampelmann spielen. Unter gewöhnlichen Menschen müssen viele mit einen A**** als Chef leben und Freiberufler arbeiten das halbe Jahr nur für den Fiskus.
Was für eine grausame Welt!
Da geht es doch den Sportlern vergleichsweise gut. Sie können in den besten Jahren ihrer Leidenschaft nachgehen, reisen durch die Welt, haben für ihr Leben lang als öffentliche Bedienstete ausgesorgt und machen mit Werbung noch ein schönes Sümmchen nebenher. Im Gegenzug verlangt man einfach nur, dass sie die zu Verfügung gestellte Kleidung (mit Wappen und Fahne) tragen, bei der Hymne mitsingen und ein wenig Patriotismus zeigen. Wenn das zu viel verlangt ist, dann müssen sie eben einen anderen Beruf nachgehen, oder sich mit Herren Zimmerhofer aufstellen lassen und politisch dafür kämpfen als Österreicher oder Südtiroler an den Start gehen zu dürfen.

Di., 23.01.2018 - 11:25 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Di., 23.01.2018 - 14:12

Antwort auf von pérvasion

"Das Land Südtirol ist auch ein Sponsor."
Wohl eher die Dachmarke Südtirol und eventuell die Autonome Provinz Bozen, sicherlich nicht das "Land Süd-Tirol" als Gebiet einer österreichischen Minderheit im Besetzerstaat Italien. Zimmerhofer meint, dass sich ein aus Südtirol stammender Sportler nicht als stolzer Italiener bekennen darf, ich behaupte hingegen, dass man von einen Sportler verlangen kann sich zum Land zu bekennen, welches ihm ermöglicht wo auch immer anzutreten. Das sind doch zwei komplett verschiedene Dinge.

Di., 23.01.2018 - 14:12 Permalink
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Profil für Benutzer pérvasion
pérvasion Do., 25.01.2018 - 10:17

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Ich habe »Land Südtirol« geschrieben und gemeint, synonym zu Autonome Provinz Bozen - Südtirol.
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Solche Loyalitätsbekundungen für eine Nation (umso mehr wenn, wie im Fall von Dorothea Wierer, mit einem abschätzigen Urteil über andere verbunden) halte ich für höchst anachronistisch. Mehr noch, im Idealfall sollten »Nationen« ganz aus dem Sport verschwinden.

Do., 25.01.2018 - 10:17 Permalink
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Harald Knoflach Di., 23.01.2018 - 13:43

@ lockes log, pervasion

sehe ich auch so. halte es aber nicht für whataboutism, wenn man in dieser geschichte z.b. auch wierers chauvinismus anprangert. ist teil der von pervasion erwähnten kohärenz. im prinzip zeigt die geschichte einfach, dass nationalismus - egal unter welchen vorzeichen - nicht untereinander kompatibel und somit einfach nur blöd ist.

Di., 23.01.2018 - 13:43 Permalink