Operation Fake News
“Wahrhaft erbärmlich!” Mit Entsetzen reagiert man im Brixner Gemeinderat auf eine Anfrage, die der Vertreter der Lega Nord und ehemalige Parlamentskandidat Massimo Bessone vor wenigen Tagen vorgelegt hat. “Fake News nach Lega-Manier” sei das, was Bessone verbreite, wettern einige seiner Gemeinderatskollegen.
In seiner Anfrage berichtet Bessone von einem Schulprojekt, in dessen Rahmen die Schülerinnen einer Matura-Klasse für einige Tage gemeinnützige Arbeit verrichten müssten – “facendo le pulizie in una struttura di Bressanone occupata dai migranti”. Doch damit nicht genug, die Schülerinnen müssten ihr erarbeitetes Geld auch noch an diese “Migranten” spenden.
An ihn seien einige Eltern besagter Schülerinnen herangetreten, die sich beschwert hätten, so Bessone. Schülerinnen, die nicht an dem Projekt teilnehmen wollten, hätten erzählt, von den Lehrern als “asozial” bezeichnet und verspottet worden zu sein. Nun will der Lega-Gemeinderat vom Bürgermeister wissen, was es mit dem Projekt auf sich hat. Am Dienstag veröffentlicht Bessone die entsprechende Anfrage auf Facebook – und tritt einen Shitstorm sondergleichen los. Über 500 Mal wurde der Facebook-Post inzwischen geteilt, hunderte Male kommentiert.
Für seine Anfrage, mit der er durch “gezielte Fehlinformationen die sozialen Medien in Wallung” bringe, erntet Bessone harsche Kritik. “Die Anfrage ist doppelt irreführend”, schreiben die Gemeinderäte der Grünen Bürgerliste, Elda Letrari, Markus Frei und Elisabeth Thaler in einer Stellungnahme. Zum einen greife Bessone damit in die Autonomie der Schule ein und suggeriere, “dass die Politik diese kontrolliere”, so die Grüne Bürgerliste. “Zugleich wird eine wertvolle, von Jugendlichen getragene, selbstverwaltete Aktion diskreditiert.”
Besonders infam sei, dass bewusst Informationen unterschlagen würden, zeigen sich Letrari, Frei und Thaler empört: “Mit bewährter Unschuldsmiene streut Gemeinderat Bessone wider besseres Wissens Fehlinformationen!”
Bei dem Schulprojekt handelt es sich um eine Initiative im Rahmen von “Operation Daywork”. “Operation Daywork” ist ein gemeinnütziger Verein, der von Südtiroler Oberschülern und Oberschülerinnen getragen wird. Jedes Jahr findet ein Aktionstag statt, an dem die Schüler einen Tag lang die Schulbank gegen einen Arbeitsplatz tauschen. “Der ‘Arbeitgeber’ verpflichtet sich als Gegenleistung für die Leistung des/der SchülerIn zu einer Spende”, heißt es auf der Internetseite von “Operation Daywork”. Hunderte Schüler beteiligen sich Jahr für Jahr an der Aktion, mit dessen Erlös ein Entwicklungsprojekt finanziell unterstützt wird.
Auch in Brixen nehmen einige Schulen an dem Aktionstag teil. Heuer fällt er auf den 20. April. Die von Bessone erwähnte Aktion betreffe allerdings nicht, wie er unterstellen wolle, die Schenoni-Kaserne, stellt die Grüne Bürgerliste klar – in der ehemaligen Militärkaserne sind rund ein Dutzend Flüchtlinge untergebracht –, “sondern das Haus der Solidarität, das bekanntlich kein Zentrum für Asylbewerber und Migranten ist”.
“Das wird gezielt unterschlagen”, kritisiert die Grüne Bürgerliste. “Hätte sich der Kollege Bessone die Mühe gemacht, den Direktor der besagten Schule anzurufen, so hätte er umgehend die korrekte Information einholen können.”
“Mit der Wahrheit aber lässt sich weder Stimmung machen noch Hetze verbreiten”, meinen Letrari, Frei und Thaler zynisch. Sie jedenfalls “verurteilen diese Form der Fake-News-Hetzerei in aller Schärfe und wir fordern die Präsidentin des Gemeinderats auf, Kollegen Bessone zur Wahrheit zu verhalten und solche Anfrage nicht zur Behandlung zuzulassen. Es ist wahrhaft erbärmlich, in solcher Weise politisches Kleingeld auf Kosten von Jugendlichen und Migranten einkassieren zu wollen”.
Dann hat er halt recht gehabt
Dann hat er halt recht gehabt.