Die Verlängerung
Italiens Politik hat turbulente Stunden hinter sich: den Rücktritt Draghis als Regierungschef, seine Rückkehr ins Amt bis zu den Neuwahlen am 25. September, die Auflösung des Parlaments durch Staatspräsident Mattarella. Vor sich hat das Land einen hochsommerlichen Wahlkampf, nach dessen Ende das Parteienspektrum erhebliche Veränderungen erfahren wird.
So droht etwa der Fünf-Sterne-Bewegung der Verlust von zwei Drittel ihrer Stimmen. Für Empörung sorgte am Freitag vor allem die Nachricht, dass es Berlusconis Forza Italia war, die massgeblich an Draghis Stuhl sägte. Jene, die ihn als Heilsbringer in den Chigi-Palast geholt und mit Weihrauch bedacht hatten, wollten ihn möglichst rasch wieder loswerden, weil er sich gegenüber ihren Forderungen nicht gefügig zeigte. Die Affäre hinterlässt Berlusconis Partei als schwer angeschlagene Truppe, der zwei langjährige Minister wie Maria Stella Gelmini und Renato Brunetta den Rücken kehren. Auch Mara Carfagna überlegt denselben Schritt: "Per questioni di stile non esprimo giudizi su come Forza Italia ha gestito questa crisi, assumendo una decisione che non ho condiviso, che sono convinta vada contro l´interesse del paese". Renato Brunetta: "La mia Forza Italia era un'altra cosa. E´stato deciso di sacrificare un campione come Draghi, orgoglio italiano nel mondo, sull´altare del più miope opportunismo. Io rimango dalla stessa parte dei tanti cittadini increduli."
In einer ähnlich kritischen Lage im Hinblick auf die Neuwahlen befindet sich die zerrissene Fünf-Sterne-Bewegung, die beim Urnengang gleich zwei Drittel ihrer Stimmen verlieren könnte. In den Umfragen liegen Melonis Fratelli. d´ìÍtalia und Lettas Partito Democratico mit je 22-23 Prozent der Stimmen an der Spitze. Meloni ist dabei im Vorteil, weil sie mit Salvinis Lega über einen sicheren Koalitionspartner verfügt, während der PD mit der in Auflösung begriffenen Fünf-Sterne-Bewegung kein grosses Glück haben dürfte. Meloni sieht sich bereits am Ziel: "So come si governa l'Italia." Enrico Letta dagegen will auf das bisherige Bündnis mit dem M5S verzichten: "E´un alleanza impossibile."
Jene, die Draghi als Heilsbringer in den Chigi-Palast geholt und mit Weihrauch bedacht hatten, wollten ihn möglichst rasch wieder loswerden, weil er sich gegenüber ihren Forderungen nicht gefügig zeigte.
Italiens Medien beschäftigen sich heute ausgiebig mit den Hintergründen von Draghis Rücktritt und seiner nach einigen Stunden fieberhafter Verhandlungen erklärten Bereitschaft, in den Quirinalspalast zurückzukehren. Die römische Tageszeitung Il Messaggero: "Alla fine è accaduto davvero. Quello che neanche gli osservatori internazionali ritenevano potesse succedere si è materialuzzato lentamente, nel giro di una manciata di ore, quando è stato chiaro che Mario Draghi avrebbe continuato ad essere Mario Draghi anche nel momento più complicato per la legislatura." Das Turiner Tagblatt La Stampa macht sich ebenfalls Gedanken über Draghis Abschied und seine wundersame Rückkehr: "Draghi ha posto - e non certo da ieri- non domande retoriche. Ha chiesto: "Volete lo sviluppo o l´aria condizionata ? Domanda inammissibile per i politici abituati a far credere che si possa avere sviluppo senza rinunciare a qualcosa."