Politik | Etschwerke

Die Rochade

Innerhalb der Etschwerke stehen Neuwahlen an. Dabei werden die Gewichte eindeutig in Richtung Bozen verschoben. Geplant sind ein Bozner Präsident und eine Meraner Vizepräsidentin. Die Hintergründe.

Die Sitzung am Donnerstagabend war durchaus turbulent. Offiziell ging es im Etschwerke-Verwaltungsrat zwar um die Fusionsverhandlungen mit der SEL AG, überschattet wird diese Entwicklung aber von einer anderen Entscheidung, die ansteht. Die Neubesetzung des Verwaltungsrates der Etschwerke. Mit der Bilanzgenehmigung im Juni endet auch das Mandat des amtierenden Verwaltungsrates. Dann sollen die Karten in den Etschwerken völlig neu gemischt werden.

Die Tradition

Die „Etschwerke AG“ ist das zweitgrößte und älteste Energieunternehmen Südtirols. Die Holding macht einen jährlichen Umsatz von fast 900 Millionen Euro und hat insgesamt 490 Mitarbeiter. Besitzer der Etschwerke sind zu gleichen Teilen die beiden Städte Bozen und Meran.
Traditionell wird die Etschwerke-Führung deshalb sowohl geographisch, wie auch politisch paritätisch besetzt. Die Präsidentschaft wechselt dabei zwischen den beiden Städten. Jahrelang stand der Meraner Franco Dorigoni den Etschwerken vor. Auf ihn folgte der Bozner Mitte-Links-Exponent Pietro Caló. Caló wurde nach eine Zwischenspiel von Giuseppe Avolio, schließlich 2010 von einem Meraner Präsidenten abgelöst: Massimiliano Sturaro.
In den letzten Jahren wurde der Verwaltungsrat von sieben auf fünf Mitgliedern verkleinert. Zudem mussten die Etschwerke nach einem Rekurs vor dem Verwaltungsgericht eine Frau nachnominieren.

Der Präsidentenwechsel

Bereits im vergangenen Sommer lief die dreijährige Amtsperiode des amtierenden Verwaltungsrates aus. Die Gesellschafter beschlossen aber noch ein Jahr anzuhängen. Der amtierende Präsident Massimiliano Sturaro würde jetzt gerne noch eine weitere Legislatur anhängen. Politisch setzt er auch alle Hebel dafür in Bewegung.
Doch die Anstrengung dürfte vergeblich sein. Denn die Gemeinde Bozen beansprucht das Präsidentenamt für sich. Neuer Präsident soll ein Italiener aus Bozen werden. Der PD hatte ursprünglich dafür zwei Anwärter. Einer davon war Marco Carlini, der aber vor wenigen Wochen in den Verwaltungsrat der Südtiroler Sparkasse gewählt wurde und damit wohl ausscheidet.
Favorit auf den Präsidentenposten ist damit Mauro Marchi. Marchi ist leitender Beamter bei der „Banca di Trento e Bolzano“ (BTB). Von dort kommt auch der im vergangenen Jahr neu eingesetzte Etschwerke Generaldirektor Nicoló Calabro.

Die Vizepräsidentin

Wird ein Italiener aus Bozen Präsident, so will es die Etschwerke-Tradition, dass sein Stellvertreter ein Deutscher ist, der aus Meran kommt. Hier dürfte es aber zu einer Prämiere kommen. Denn erstmals in der Geschichte der Etschwerke soll eine Frau zur Vizepräsidentin gewählt werden. Nach Informationen von salto.bz steht hierfür Renate König in der Pole Position. Die Meraner Wirtschaftsberaterin und Tochter von Manfred König wurde erst im März von der Landesregierung zur Vorsitzenden des Kollegiums der Rechnungsprüfer der Meraner Kurverwaltung ernannt.

Der Verwaltungsrat

Auch die Gewichtung im Verwaltungsrat soll verschoben werden. In den letzten Jahren kamen drei Verwaltungsräte aus Meran und zwei aus Bozen. In Zukunft soll es wieder umgekehrt sein: Drei Bozner und zwei Meraner.
Weil eine deutsche Frau Vizepräsidentin wird, wird der zweite Meraner Verwaltungsrat ein Mann und Italiener sein. Einiges spricht dafür, dass der scheidende Etschwerkepräsident Massimiliano Sturaro einfacher Verwaltungsrat bleiben wird. Auf der Strecke bleibt damit der Meraner SVP-Vertreter Anton Gögele.
Ebenso soll der derzeitige Bozner Vizepräsident Siegfried Tutzer als einfaches Verwaltungsratsmitglied bestätigt werden. Vor allem die Bozner SVP will in dieser wichtigen Phase auf die Erfahrung des langjährigen Etschwerke-Direktors nicht verzichten. Den dritten Bozner Verwaltungsratssitz soll die Opposition ernennen. Vieles spricht dafür, dass es eine Frau sein wird, die aus dem Mitte-Rechts-Lager kommt.

Das Dilemma

Bei der Neubestellung des Etschwerke-Verwaltungsrates setzt die Politik eigentlich auf Erneuerung. Das Problem dabei ist der aber Zeitpunkt.
Denn diese Neuwahl ist weit mehr als nur eine Personalentscheidung. Gerade in diesen Monaten geht die geplante Fusion zwischen der „SEL AG“ und der „Etschwerke AG“ in die heiße Phase. Der amtierende Verwaltungsrat versucht die Entscheidungen deshalb bewusst hinauszuschieben und damit noch ein paar Monate im Amt zu bleiben. Das Ziel: Die Weichen für die Fusion selbst zu stellen oder das Projekt scheitern zu lassen.
Doch die Politik spielt hier nicht mit. Man geht davon aus, dass eine personelle Erneuerung auch dem Projekt Fusion gut tut. Wobei man Neues und Bewährtes vereinen will. „Einerseits wollen wir den Verwaltungsrat erneuern“, sagt ein hoher Bozner SVP-Funktionär, „anderseits brauchen wir in dieser schwierigen Verhandlungsphase aber auch Personen, die Erfahrung haben und für eine Zusammenarbeit mit der SEL stehen.“

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