Politik | Neue Regierung

Gernot Gruber: „Jetzt müssen die Mandatare Profil zeigen“

"Solange es um die Vergabe von Posten geht, verhalten sich die Mandatare ruhig", sagt Gernot Gruber im Interview. "Nach der Regierungsbildung werden die Neugewählten jedoch Profil zeigen müssen."

Herr Gruber, die Bildung der Südtiroler Landesregierung ist so gut wie abgeschlossen, gibt es hier Überraschungen?
Gernot Gruber: Es ist beispielsweise überraschend, dass die angekündigte Erneuerung tatsächlich durchgezogen wird, personell, dass also ein Thomas Widmann nicht mehr dabei ist und Arno Kompatscher hier konsequent war. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht, der Wirtschaftsflügel ist nicht glücklich, dass weder Steger noch Widmann in der Regierung sind. Damit hat Kompatscher letztendlich Mut bewiesen, denn aufgrund der knappen Zahl von Mandataren hat er eine geringe Mehrheit hinter sich. Es wird eine spannende Legistlatur werden.

Was sagt das über den Politstil Kompatschers aus, die Art wie er sich bei der Regierungsbildung gezeigt hat?
Es zeigt, dass er diesem, auch von ihm selbst aufgebauten Druck Stand gehalten hat. Er ist bei seiner Regierungsmannschaft zwar strikt nach Vorzugsstimmen vorgegangen, aber jetzt wird man sehen, wie es weitergeht bei der Vergabe der weiteren Posten. Wer leitet die Fraktion? Wer sitzt in den Gesetzgebungskommissionen? In dieser Phase nach den Wahlen, wo Jobs zugeteilt werden, verhalten sich die Mandatare meistens ruhig und unauffällig, um eine Bevorzugung zu haben. Wenn die Posten verteilt sind, werden jene Profil zeigen, die meinen zu kurz gekommen zu sein. Kompatscher hat seine erste Mannschaft also in einer Phase zusammenstellen können, wo es noch relativ ruhig war.

Sie meinen die internen Grabenkämpfe innerhalb der SVP, die erst ihren Anfang nehmen müssen?
Ja genau, die Opposition der Freiheitlichen und Grünen ist relativ klar, die werden zuschauen, Kompatscher zu entzaubern, aber interessanter in diesem Moment ist die interne Opposition in der SVP.

Was zeichnet sich hier ab, gibt es bereits die ersten sichtbaren Formationen?
Das ist noch schwer zu sagen, vor allem sind unter den Mandaten einige, die noch keine Erfahrung auf der Landespolitikbühne haben. Nehmen wir als Beispiel Christian Tschurtschenthaler, der zwar in Bruneck gut aufgestellt ist, sich aber auf Landesebene noch kaum präsent zeigte, auch nicht während des Wahlkampfes. Mit wem er sich nun zusammentut, welche Seilschaften er und andere bilden, das wird interessant sein, zu beobachten.

Der PD und die SVP scheint eine brüchige Liebe zu sein, nachdem Kompatscher das Ansinnen auf den 2. italienischen Landesrat so kategorisch ablehnte?
Beim PD gibt es jetzt ein grundsätzliches Thema, das zu beachten ist. Auf nationaler Ebene gibt es die zwei Strömungen, die Renzi-Fraktion und der Rest. Auch in Südtirol sind diese starken Strömungen vertreten, wobei nur eine davon in den Genuss kommen wird, einen Landesrat zu stellen. Das wird zwischen Tommasini und Bizzo für weitere Sprengkraft sorgen, innerhalb des lokalen PD und natürlich auch bei den Koalitionsentscheidungen. Der PD ist unsicher, weil es wohl auch in einem bis anderthalb Jahren zu Neuwahlen in Italien kommen wird. Renzi wird die Gunst der Stunde nutzen und auch Alfano bereitet sich bereits vor. Das spielt dann wiederum in die Südtiroler Realtität herein. Der PD ist auf alle Fälle ein viel unsichererer Partner als noch in der letzten Legislatur.

Es wurden die Regierungen in Deutschland und Österreich gebildet, in Kürze wird es auch in Südtirol so weit sein. Gibt es hier einen roten Faden, auch wenn die Größenordnung eine andere ist?
Es sind in allen drei Fällen keine riskanten Manöver versucht worden, es hat keine großartigen Regierungswechsel gegeben. In Österreich mit SPÖ und ÖVP, in Deutschland mit CDU und SPD stehen die Regierungen unter dem Stern der Kontinuität und Stabilität, auch hier in Südtirol.