Wirtschaft | BCC-Reform

Ja zum Sonderweg

Die Bildung einer autonomen Südtiroler Bankengruppe wird die Karten innerhalb der Raiffeisen-Organisation durcheinander wirbeln.

Die Abgeordnetenkammer hat ja gesagt, und spätestens am 14. April muss auch der Senat das Gesetz genehmigen, das die Reform der italienischen Genossenschaftsbanken regelt – andernfalls muss der Reformprozess zurück an den Start. Für die SVP-Kammerabgeordnete Renate Gebhard ist der Segen der zweiten Kammer aber so gut wie fix. „Der autonome Weg für Südtirol ist gesichert“, sagt die Politikerin. Wie genau die Sonderlösung aussehen wird, hängt von der Raiffeisenorganisation ab.


Die SVP-Kammerabgeordnete Renate Gebard hat maßgeblich an der Sonderklausel für die Raiffeisenkassen mitgewirkt

Auswege aus dem Holding-Zwang

Erklärtes Ziel der Reform ist es, die kleinen italienischen Genossenschaftsbanken auf sicherere Beine zu stellen. Sie werden gezwungen, eine Holding mit einem Eigenkapital von mindestens einer Milliarde Euro zu bilden, die den EU-Bestimmungen zum Eigenkapital-Anteil von Geldinstituten (CRD IV) Genüge tut. Neben den umsatzstärksten Genossenschaftsbanken, für die eine sogenannte Way-out-Option vorgesehen wurde, haben auch die Genossenschaftsbanken Südtirols und des Trentino die Möglichkeit erhalten, eigene Wege zu gehen. Und zwar durch den Zusammenschluss in einer autonomen Bankengruppe, die entweder eine Aktiengesellschaft sein kann oder eine Genossenschaftsbank auf Aktien mit beschränkter Haftung. Angeführt werden soll diese Gruppe von einer Mutterbank, die die Geschäftstätigkeit der angeschlossenen Kassen koordiniert.

Reingewinn von 23 Mio. Euro

Für die Rolle der Mutterbank ist die mächtige Raiffeisen Landesbank AG geradezu prädestiniert. Ob dies aber die angepeilte Lösung ist, weiß nur die Raiffeisen-Organisation selbst, betont die Kammerabgeordnete Gebhard. Das schwierige Wirtschaftsjahr 2014 konnte die Landesbank mit einem beeindruckenden Reingewinn von rund 23 Millionen Euro abschließen. Als zentrales Bankinstitut der 47 Südtiroler Raiffeisenkassen versteht sich die Landesbank als „Tor zur Welt“ von Raiffeisen Südtirol. Sie koordiniert die Geschäftstätigkeit der Raiffeisenkassen auf dem Kredit- und Finanzmarkt und dient als Korrespondenzbank für ausländische Finanzanbieter.

Bedeutungsverlust für Raiffeisenverband

Wie sieht die Zukunft des Raiffeisenverbandes in der neuen Raiffeisen-Gruppe aus? Der RVS erledigt heute für die Kassen die alle zwei Jahre fällige Revision sowie die jährliche Bilanzprüfung und erbringt und über sein Rechenzentrum RIS auch EDV-Dienstleistungen. Nach seiner Anhörung im Finanzausschuss der Abgeordnetenkammer hatte RVS-Generaldirektor Paul Gasser erklärt, der Verband werde seine Rolle "sicherlich nicht in der bisherigen Form" fortführen können. Ein Bedeutungsverlust für den RVS sei aber weitaus verkraftbarer als der Schaden, den die Kassen im Falle eines Zwangsbeitritts zu einer gesamtitalienischen Holding davontragen würden.


RVS-Generaldirektor Paul Gasser

Wie geht’s im Trentino weiter?

Grundlage für die Forderung nach einer Ausnahmeregelung für Trentino-Südtirol war u. a. das Autonomiestatut. Weil die Raiffeisenkassen regionale Geldinstitute sind und die Region Trentino-Südtirol sekundäre Zuständigkeit für Banken hat, die ausschließlich auf ihrem Gebiet tätig sind, wäre die staatliche Reform einer Beschneidung der regionalen Gesetzgebungskompetenzen gleichgekommen. Auf dem Papier haben also auch die Trentiner Genossenschaftsbanken die Möglichkeit erhalten, eine autonome Bankengruppe zu bilden. Die Voraussetzungen sind jedoch in der Nachbarprovinz nicht so gut wie in Südtirol. Denn die Sonderregelung können nur Kassen beanspruchen, die nicht über die Grenzen des jeweiligen Landesgebiets hinaus tätig sind. „Dies schließt einige Kassen des Trentino aus, die auch in anderen Regionen Geschäfte machen“, erklärt Gebhard.