Leander Schönweger
BAU im Gespräch mit dem Künstler Leander Schönweger.
salto.bz Artstore: Beschreibe bitte den Arbeitsplatz wo dieses Kunstwerk entstanden ist.
Die Arbeit habe ich in meinem Atelier in Brüssel gemacht. Man betritt im alten Gebäude das kleine parkettierte Arbeitszimmer. Es ist etwas dunkel. Neben den zwei Arbeitstischen mit allerlei Gelump, nehmen zur Zeit Plastikkisten verschiedener Farben und Perforierungsmuster den meisten Platz ein. Ich habe sie auf der Straße vor den Obst- und Gemüsegeschäften eingesammelt für ein Projekt an dem ich gegenwärtig arbeite. Sonst häufen sich im Atelier überwiegend Elektroschrott und Holzreste. Vom Arbeitsraum aus, erreicht man noch ein ehemaliges Badezimmer das mit einem Hochbett jetzt mein Schlafzimmer ist. Geht man nochmal weiter kommt man in eine ehemalige Waschküche, in die ich eine kleine Küche eingebaut habe.
Wie würdest du den kreativen Prozess, der diesem Kunstwerk zugrunde liegt beschreiben? Beginnt alles mit einer Idee, die du im Kopf hast und die sich dann in Form einer Arbeit materialisiert oder entsteht der Inhalt beim Arbeiten?
In diesem Fall hatte ich die Idee schon seit vielen Jahren und fand jetzt erst die Gelegenheit ihr nachzugehen. Tatsächlich aber, entstand die Idee selbst nach vielem Herumkritzeln. Wenn ich zum Beispiel bei unkonzentrierten Telefonaten fünfzackige Sterne kritzelte, wurden die auch mal so schlecht, dass ein siebeneckiger rauskam. Das hat mich dann erst stutzig, dann neugierig gemacht. Der Inhalt entstand also aus der Analyse von intuitiv Gekritzeltem.
Virginiden, Lyridien und Mai-Aquariiden sind Namen von Meteorschauern, einer Häufung von Stern-schnuppen, die zu gewissen Jahreszeiten auftreten. Diese drei Sternschnuppenschwärme sind während der Covid 19 bedingten Quarantäne auf die Erde getroffen. Deine gleichnamige Arbeit zeigt vier Skizzenblätter auf denen du untersucht hast wie viele Möglichkeiten es gibt Sterne bis zu einer Eckzahl von 40 in einem Guss, einer durchgehenden Linie zu zeichnen. Es entstehen neue Stern-konstellationen. Was hat dich dazu bewegt dem erhabenen Himmelsphänomen auf einem simplen A4 Blatt mit Kugelschreiber zu begegnen?
Es ging mir ja einzig um besagtes Experiment: herauszufinden wie viele Möglichkeiten es gibt, jeden Stern bis zu einer Zackenanzahl von 40 (una quarantina) zu zeichnen – vielleicht ließe sich daraus ja eine mathematische Formel ableiten... Jedenfalls, war es für mich daher unwichtig diesen Gedanken in eine Himmelsphänomen-würdige Form zu bringen. Den Titel und damit den Bezug zu den Meteorschauern habe ich aus für mich poetischen Gründen im Nachhinein gewählt. Mir gefiel die Verbindung von meinem kleinen Geometrie-Experiment zu kosmischen Vorgängen, die mich immer zum Träumen anregen.
LEANDER SCHÖNWEGER
Virginiden, Lyriden und Mai-Aquariiden
Zeichnung
Kugelschreiber, permanent Marker auf 4 Blatt A4 Papier
50 x 70 x 4cm
Holz, hinter Glas gerahmt
2020
800 €
(exkl. Steuern und Transport)
Leander Schönweger, in Meran geboren, studierte Bildhauerei & Multimedia bei Erwin Wurm auf der Universität für angewandte Kunst Wien und auf der Kunsthøgskolen in Bergen (NO); Diplom 2014 bei Martin Walde. Leander besuchte 2017 – 2018 das postgraduale Programm HISK/Hoger Instituut voor Schone Kunsten in Gent. 2014 Erhält er für seine Diplomarbeit den Preis der Kunsthalle Wien. 2015 Künstlerresidenz auf Fogo Island (CA). Zu seinen Ausstellungsbeteiligungen gehören A Good Neighbour, 15. Istanbul Biennale, 2017 und Open Skies, Wiels, 2019.