Wirtschaft|Umwelt | Arbeit

Grüne Jobs gegen alte Industrien

Der Klimawandel und die Förderung von grünen Technologien wälzen den Arbeitsmarkt kräftig um: alte Berufe verschwinden und neue entstehen. Wird es ein harter Kampf um Arbeitsplätze? Wer wird überleben?
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
green job
Foto: AFI-IPL
  • Der Klimawandel ist keine Neuigkeit mehr, sondern viel eher gelebte Realität. Von Politik und Wirtschaft werden Maßnahmen getroffen, welche die Produktion von Treibhausgasen reduzieren und die Verwendung von grünen Technologien fördern. Dies geht auch am Arbeitsmarkt nicht spurlos vorüber: „Braune“ Berufe werden abgebaut und von neuen, „grünen“ Jobs ersetzt. Geht dieses Plus-Minus-Spiel wirklich auf oder droht Südtirol ein Jobverlust?

    Braun versus Grün

    Spätestens seit die Europäische Union sich mit dem „Green Deal“ das Ziel gesetzt hat, bis 2050 klimaneutral zu sein, ist immer öfter die Rede von „grünen“ und „braunen“ Berufen. Was kann man sich darunter genau vorstellen?

    Als grüne Berufe werden allgemein jene Jobs verstanden, die direkt oder indirekt zum Abbau oder zur Vermeidung von Emissionen beitragen. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) unterteilt diese allgemeine Definition noch in drei Unterkategorien: 1.) „neue grüne Berufe“, also umweltfreundliche Berufsbilder, die es bis vor wenigen Jahren noch nicht gab, wie beispielsweise Installateur:in von Photovoltaik-Anlagen oder Ingenieur:in von Biomasse-Anlagen. 2.) „Berufe mit grünen Zusatzkompetenzen“, die zwar altbekannte Berufsbilder umfassen, nun aber mit neuen Aufgaben, Ausbildungen oder Anforderungen angereichert werden. Hierunter fallen unter anderem auch die Berufsbilder Landwirt:in, die sich an neue Wetterbedingungen anpassen müssen, oder Architekt:in, die verstärkt klimafreundliche Baustoffe verwenden. Schließlich auch 3.) die „Berufe mit erhöhter Nachfrage“, ausgelöst durch die Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen, wie zum Beispiel Umweltingenieur:in oder Umweltwissenschaftler:in. 

    Die OECD hat errechnet, dass etwa 20 % der arbeitenden Bevölkerung in Italien bereits in genau solchen grünen Berufen arbeitet – Tendenz steigend. Dies deckt sich auch mit dem Schnitt aller OECD-Länder, welcher ebenfalls bei 20 % liegt. Spitzenreiter ist Estland mit über 25% an grünen Jobs.

    Auf der anderen Seite stellt die OECD einen Rückgang der sogenannten braunen Berufe fest. Hierbei handelt es sich um Berufsbilder, welche entweder verstärkt zur Produktion von Treibhausgasen und zum Verbrauch von Ressourcen beitragen oder durch emissionsreduzierende Maßnahmen obsolet werden. Als Beispiele seien hier Berufe im Kohleabbau, der Erdölförderung, der Metallurgie oder der Automobilindustrie genannt. Italienweit kann man bereits jetzt lediglich von einem Anteil von 5 % der braunen Jobs an allen Berufen sprechen – etwas weniger als die 6 % im OECD-Durchschnitt. Doch wie sieht die Situation in Südtirol aus?

    Vom Obstpflücken zur Windradinstallation?

    Aufgrund von genauen Erhebungen der Arbeitskräfte in den jeweiligen Branchen ist eine ungefähre Schätzung der potenziell „vom Aussterben bedrohten“ braunen Jobs auch in Südtirol möglich: Knapp 10.000 Arbeitsplätze wären demnach gefährdet (in den Branchen Bergbau, Chemie, Metallerzeugung sowie Fahrzeugbau). Allerdings muss hier auch berücksichtigt werden, dass nicht alle dieser Branchen perspektivlos sind. Die Automobilindustrie hat sich beispielsweise mit dem Bau von Elektro-Fahrzeugen bereits auf die zukünftigen Verhältnisse eingestellt. Die Metallerzeugung wird in Zukunft auch für grüne Technologien eine Rolle spielen. Der Schlüssel zur Sicherung von Arbeitsplätzen lautet somit: Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung. Ist Südtirol dafür gewappnet?

    Die grüne Aus- und Weiterbildung in Südtirol

    Bei der Ausbildung steht Südtirol gar nicht so schlecht da. Unter den anerkannten Lehrberufen finden sich auf dem Papier zwar nur eine Handvoll, die nach den oben genannten Maßstäben als „grün“ bezeichnet werden können, allerdings schließt dies auch die Berufsgruppe der Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechniker:innen ein. Dieser Beruf ist ein Beispiel für einen bestehenden Job, welcher mit neuen grünen Kompetenzen „erweitert“ worden ist. Im konkreten Fall betrifft dies die Installation und Wartung von Solaranlagen und Wärmepumpen. Weitere grüne Südtiroler Lehrberufe sind beispielsweise Fahrradmechatroniker:in und Forstfacharbeiter:in. 

    Vergleicht man die in Südtirol gebotenen Ausbildungen allerdings mit Initiativen wie den Öko-Booster in Wien, dann gibt es definitiv noch viel Luft nach oben. Allgemein werden für zahlreiche Berufe grüne Zusatzqualifikationen oder berufsbegleitende Weiterbildung immer wichtiger, selbst für bereits im Berufsleben etablierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies wird allein schon am Angebot des Wirtschaftsverbands Handwerk und Dienstleister (lvh) deutlich, der für seine Mitglieder Kurse rund um die grünen Themen Wärmepumpen, Energieeffizienz und Photovoltaik anbietet.

    Gerade wenn braune Jobs aussterben, sind Umschulung und Weiterbildung von großer Bedeutung, um Arbeitsplätze nicht zu verlieren, sondern viel eher zu ersetzen. Eine Umorientierung zu einem grünen Jobprofil kann allgemein auch Vorteile für Arbeitnehmende bringen: Tendenziell sind diese besser bezahlt, bieten häufiger unbefristete Arbeitsverträge und weisen die besseren Arbeitsbedingungen als braune Berufe auf.

    Entwarnung für den Südtiroler Arbeitsmarkt?

    Ja! Der Klimawandel und die damit verbundenen Veränderungen und Maßnahmen machen sich bereits am Südtiroler Arbeitsmarkt bemerkbar. Allerdings auf positive Weise: Durch neue Zusatzqualifikationen und Weiterbildung haben sich viele Branchen bereits auf die „grüne Wende“ eingestellt und zukunftssicher gemacht. Die Südtiroler Wirtschaft bietet zudem relativ wenige Arbeitsplätze, die tatsächlich den braunen Berufen zugeordnet werden können. Hier besteht auf lange Sicht natürlich ein gewisses Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, aber durch zielorientierte Umschulungen kann auch dieses Problem abgefedert werden. So gilt sowohl für die Unternehmen als auch für die Politik und die Berufsschulen die Devise, rechtzeitig die Südtiroler Aus- und Weiterbildung anzupassen, sie zu verbessern und für Interessierte zugänglich zu machen. Dies ist der Schlüssel für einen zukunftsträchtigen Arbeitsmarkt, der – ob man will oder nicht – immer grüner werden wird.