Die Sicherstellung

Die Beamten der Carabinierisondereinheit ROS kamen am späten Vormittag. Das Ziel: die Zentrale der Südtiroler Sparkasse.
Seit Monaten laufen in der Staatsanwaltschaft Bozen Vorermittlungen gegen die Südtiroler Traditionsbank. Es geht dabei um die Millionenverluste, die die Bank in den vergangenen Jahren angehäuft hat. Derzeit ist noch niemand in das Ermittlungsregister eingetragen und es gilt auch noch zu prüfen, ob es zu strafbaren Handlungen gekommen ist. Es gilt daher die Unschuldsvermutung.
Jetzt gehen die Ermittlungen aber in die entscheidende Phase. Auf Anordnung von Oberstaatsanwalt Guido Rispoli wurden am Donnerstag in der Sparkassenzentrale Dokumente, Sitzungsprotokolle, Kreditakten und Emails sichergestellt. Verstärkt wird die Ermittlergruppe dabei durch drei Inspektoren der Banca d'Italia, die von der Bozner Staatsanwaltschaft bei der Bankenaufsicht als technische Berater angefordert wurden.
Die Aktion verursachte in der Sparkasse berechtigterweise Aufregung. Sofort wurde die Führungsetage zu einer (Krisen)Besprechung zusammengetrommelt.
„Das Ganze geht sehr professionell über die Bühne“, heißt es aus der Sparkasse, „vor allem aber scheinen die Ermittler zu wissen, wonach sie suchen.“
Die Aktion der Staatsanwaltschaft kommt für die Bank zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Am selben Tag wurde die offizielle Einberufung für die Gesellschafterversammlung der Sparkasse veröffentlicht. Die Aktionärsversammlung wird – wie salto-bz angekündigt hat – am 31. März 2016 im Bozner „Konzerthaus Haydn“ über die Bühne gehen. Auf der Versammlung sollen der Verwaltungsrat und der Aufsichtsrat der Bank für die nächsten drei Jahre neu gewählt werden. Der Plan: Die aktuelle Sparkassenführung soll in toto bestätigt werden.
Zum ersten Mal wurde die Gesellschafterversammlung dabei um rund einen Monat vorverlegt. Diese Verschiebung stellt die Bankenstruktur auf eine harte Probe. Denn derzeit feilt man immer noch an der Bilanz. Der Entwurf soll spätestens am 8. März im Verwaltungsrat genehmigt werden.
In den nächsten zehn Tagen wird der Verwaltungsrat aber auch über eine noch brisantere Frage entscheiden müssen. Die Haftungsklage gegen die ehemalige Sparkassenführung. Denn auf der Tagesordnung der ordentlichen Gesellschafterversammlung findet sich auch der Punkt:
„Haftungsklage gegen ehemalige Mitglieder des Verwaltungsrates, Aufsichtsrates und Direktoren, Information an die Gesellschafter, diesbezügliche und daraus folgende Beschlüsse.“
Laut Zivilgesetzbuch muss die Gesellschafterversammlung eine mögliche Haftungsklage beschließen. Weil die Stiftung Sparkasse mit über 66 Prozent die absolute Mehrheit an der Bank hält, wird am Ende der Verwaltungsrat der Stiftung entscheiden, ob es zu dieser Haftungsklage kommen wird oder nicht.
Interessant dabei wird auch sein: Was das Rechtsgutachten sagt, das die Sparkassenführung in Auftrag gegeben hat und welche indirekte Empfehlung Gerhard Brandstätter & Co auf der Aktionärsversammlung geben werden.
Derweilen schreitet der versuchte Sanierungskurs der Sparkasse fort. Die „Banca d'Italia“ hat bei ihrer letzten Prüfung vorgegeben, dass die Sparkasse ihren Anteil an notleidenden und kritischen Krediten von 24 Prozent auf unter 20 Prozent senken muss.
Dazu hat die Südtiroler Bank jetzt ein Modell ausgearbeitet, auf das Banken seit langem zurückgreifen. Ein Teil dieser kritischen Kredite werden in eine eigene Gesellschaft ausgelagert, verbrieft und dann verkauft.
Laut Großkreditchef Stefano Ortolano hat die Sparkasse bereits ein Paket von kritischen Krediten mit einem Gesamtumfang von 350 bis 400 Millionen Euro zusammengestellt. Es soll sich dabei vor allem um notleidende Positionen aus der Lombardei und Nordost-Italien handeln.
Für die Verbriefung (cartolarizzazione) des Portefeuilles hat die Sparkasse dem „Credito Fondiario (Fonspa)“ einen Auftrag erteilt. Begleitet wird die Operation von der „Banca Imi“. Der Verkauf soll innerhalb des ersten Halbjahres 2016 über die Bühne gehen.
Obwohl der Ausgang dieser Operation noch offen ist, schlagen traditionell bei solchen Verbriefungen für Banken am Ende Verluste zu Buche. Sie könnten sich auch in diesem Fall im zweistelligen Millionenbereich bewegen.