Gesellschaft | Landesverwaltung

Die Chefurbanistin

Virna Bussadori wird ab 2. März die Abteilung Natur und Landschaft und Raumentwicklung leiten. Sie ist die erste Frau an der Spitze der Südtiroler Urbanistik.
Bussadori, Virna
Foto: Global Forum Südtirol
Virna Bussadori will nichts sagen. „Ich bin nicht befugt, darüber zu reden“, ersucht die perfekt zweisprachige Landesbeamtin um Nachsicht. Dabei wird die Direktorin des Amtes für Landesplanung nicht mehr lange an ihrem Arbeitsplatz bleiben. 
Denn Virna Bussadori wird noch diese Woche per Dekret zur Direktorin der Abteilung Natur und Landschaft und Raumentwicklung ernannt werden. Damit sitzt erstmals in der Geschichte des Landes Südtirol eine Frau an der obersten Schaltstelle der Südtiroler Raumordnung.
Da auch die politischen Agenden für Raumordnung in den Händen der SVP-Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer liegen, wird Südtirols Raumordnung und Landschaftsschutz somit weiblich.

Die Expertin

 
Die heute 54jähriger Boznerin Virna Bussadori besucht das wissenschaftliche Lyzeum in der Landeshauptstadt und promoviert danach an der Uni Venedig im Fach Raumplanung und Urbanistik. 1993 tritt sie in den Landesdienst ein, wo sie zuerst zur stellvertretenden Amtdirektorin des Landesamtes Urbanistik West und seit 2006 zur Direktorin des Amtes für Landesplanung aufsteigt.
Bussadori ist Mitglied der Kommission für Raum, Natur und Landschaft, sie gilt auch als Urbanistikexpertin und Beraterin auf nationaler und internationaler Ebene. So war Busadori lange Präsidentin und ist jetzt Ehrenpräsidentin des Europäischen Rates der Raumplaner und Mitglied in anderen internationalen Fachgremien.
Virna Bussadori, die neben Italienisch und Deutsch auch Französisch, Spanisch und Holländisch spricht, tritt immer wieder bei internationalen Tagungen als Referentin auf.
Bussadori gilt als versierte und fachlich überaus kompetente Amtsdirektorin. Aber auch als Landesbeamtin, die gegen politische Einflussnahmen immun ist. So war sie als zuständige Amtsdirektorin federführend an der Ablehnung der Baukonzession für das geplante Aspiag-Großkaufhaus in Bozen Süd beteiligt und sie hat bei der Staatsanwaltschaft auch eine Eingabe gegen die Aspiag gemacht hat, nachdem bekannt wurde, dass der für die Umweltverträglichkeit hinterlegte Verkehrsplan - mit größter Wahrscheinlichkeit - manipuliert wurde.
 
 
Ebenso war sie es, die in den zuständigen Gremien offen die versuchte Einflussnahme des SVP-Parlamentariers Manfred Schullian für eine Bozner Wohnbauzone des Unternehmens Dalle Nogare angesprochen hat.
Diese geradlinige und unbestechliche Art führt dazu, dass Bussadori im Land nicht nur Freunde hat. So war ihr beruflicher Aufstieg überaus hindernisreich.

Die Schwergeburt

 
Am 1. Oktober 2017 ging der langjährige Chefurbanist des Landes Anton Aschbacher in Pension. Knapp fünf Monate zuvor wurde der Wettbewerb für Nachbesetzung von Aschbachers Stelle ausgeschrieben. Einen Monat lang hatten die Interessen Zeit ihre Bewerbungen einzureichen.
Am 7. Juni lagen die Unterlagen von sechs Interessierten im Organisationsamt des Landes vor. Neben Aschbachers Stellvertreter, dem Direktor des Amtes für Ortsplanung Nord-Ost Andriano Oggiano, nahmen der Direktor des Amtes für Ortsplanung Ost, Frank Weber, Virna Bussadori, Direktorin des Amtes für Landesplanung, Horand Maier, Chef des Verwaltungsamtes für Landschaft und Raumentwicklung, Peter Kasal, Direktor des Amtes für Landschaftsökologie und Claudio Francesco Sordini, Direktor des Amtes für ländliches Bauwesen am Auswahlverfahren teil.
Von den sechs TeilnehmerInnen, erklärte die Wettbewerbskommission am Ende drei für geeignet: Virna Bussadori, Adriano Oggiano und Frank Weber. Da die Kandidaten von der Kommission im wahrsten Sinne des Wortes geprüft werden, erfolgt normalerweise bei solchen Wettbewerben am Ende ein klare Bewertung und Reihung. Doch hier war das anders. Die Kommission wurde explizit ersucht, keinerlei Bewertung oder Reihung zu machen. Sondern nur drei Kandidaten als „geeignet“ auszuwählen.
Der Hintergrund: Virna Bussadori hatte einen hervorragenden Wettbewerb bestritten und alle männlichen Konkurrenten um Längen abgehängt.

Der Vorgesetzte

 
Der damalige Landesrat Richard Theiner wollte aber nicht Virna Bussadori zur Abteilungsdirektorin machen, sondern den Stellvertreter Aschbachers Frank Weber. Weber wurde von der Landesregierung dann auch berufen. Er leitete letztlich die Ausarbeitung, die Vorstellung und Umsetzung des neuen Urbanistikgesetzes.
Theiners Nachfolgerin Maria Hochgruber Kuenzer bestätigte Frank Weber nicht nur als Abteilungsdirektor, die SVP-Politikerin ernannte mit 30. Jänner 2019 den aus Ostdeutschland stammenden Architekten auch zum neuen Direktor des Ressorts „Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege“.
 
 
Weil nach dem geltenden Landesbestimmungen ein Beamter aber nicht zwei Direktionen gleichzeitig führen kann, sind die Abteilungs- und Ressortdirektion in Personalunion eigentlich unvereinbar. Deshalb wird im selben Dekret auch der sofortige Rücktritt Webers als Abteilungsdirektor verfügt.
Doch dieser Rücktritt wird nie umgesetzt. Ganz im Gegenteil. Am selben Tag an dem Weber zum Ressortdirektor ernannt wird, schlägt Landesrätin Maria Hochgruber-Kuenzer in einem Schreiben „aufgrund dringender Notwendigkeit die zeitweilige Anvertrauung der Direktion der Abteilung vor“.
Weil in den Landesgesetze eine „zeitweilige Anvertrauung“ möglich ist, wird diese mehrmals verlängt. Zuletzt kurz vor Weihnachten 2019, als man die Beauftragung Webers als Abteilungsdirektor bis Ende Februar 2020 verlängert hat.

Die Ernennung

 
Da diese brisante Doppelfunktion aber rechtlich nicht haltbar ist, musste man früher oder später einen neuen Abteilungsdirektor oder eine –direktorin ernennen. Auch dabei war Virna Bussadori nicht die Wunschkandidatin. Doch am Ende hatte man ein rechtliches Problem. Laut Gesetz muss man jemand aus der Liste jener Beamten ernennen, die im Wettbewerb um die Abteilungsdirektion als geeignet hervorgegangen sind.
Lange ventilierte man eine Berufung von außen. Am Ende entschied man sich aber doch noch für die naheliegende Lösung.
Damit wird Virna Bussadori mit einigen Jahren Verspätung doch noch zur Südtiroler Chefurbanistin.