Politik | Straßenbau
Rablander Wiesen
Foto: salto
Am Mittwoch gegen 20 Uhr wird die Entscheidung fallen. Auf der Tagesordnung des Gemeinderates von Partschins steht der Punkt: „Ortsumfahrung Rabland - Grundsatzentscheidung über eine Trassenführung“.
Schon jetzt ist klar, dass der Gemeinderat an diesem Abend eine Entscheidung fällen wird, die in der Fraktion Rabland noch lange für Unruhe sorgen dürfte. „Mein Hof wird durch diese Umfahrungsstraße in der Mitte auseinandergerissen“, sagt Hans Bonani, Bauer vom Moarhof, einem der ältesten und bekanntesten geschlossenen Höfe im Vinschgau. Bonani ist einer der Köpfe der Bürgerinitiative Rabland, die sich seit Jahren für die Verwirklichung der Umfahrung Rabland einsetzt. Im Frühjahr 2016 hat die Bürgerinitiative in Rabland fast 1.000 Unterschriften gesammelt. Das sind rund Dreiviertel der volljährigen Dorfbevölkerung. Diese Mehrheit hat aber genau für jenes Straßenprojekt unterschrieben, das der Gemeinderat am Mittwochabend mit größter Wahrscheinlichkeit versenken wird.
Denn die Mehrheit der SVP-Gemeinderäte hat einen fast unglaublichen Schwenk vollzogen. Innerhalb von zweieinhalb Jahren hat die Partschinser Politik anscheinend die eigene Meinung und Marschrichtung um 180 Grad geändert.
„Die Bürgerinitiative kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine Lobby, bestehend aus ein paar Unternehmern vollendete Tatsachen im Eigeninteresse schaffen wollen“, heißt es in einem Schreiben der Bürgerinitiative das vor drei Wochen an alle Mitglieder der Südtiroler Landesregierung ging.
Der Brief ist ein klarer Hilferuf der Rablander an Arno Kompatscher & Co.
Schwierige Trasse
Die Geschichte um die Umfahrung Rabland ist lang und ereignisreich. In der 1980er Jahren hat das Land eine Studie zum Ausbau der Vinschgerstraße erstellt, in der Umfahrungen für die belasteten Dörfer vorgesehen sind. Darunter auch eine Umfahrung für Rabland, wo der Verkehr mitten durchs Dorf rollt.
Im Jahr 2000 gibt die Gemeinde Partschins dann eine eigene Studie für die Umfahrung Rabland in Auftrag. Aufgrund der Studie beschließt der Gemeinderat 2008 die sogenannte „Variante H“. Die Umfahrungsstraße soll unterirdisch auf der Südseite des Dorfes gebaut werden. Die Trasse wird in den Bauleitplan eingetragen.
Weil wenig später aber aufgrund der geologischen Verhältnisse und vor allem der Grundwassersituation massive Bedenken gegen diese unterirdische Trasse auftauchen, beauftragt das Land das Züricher Ingenieurbüro ILF mit einer Machbarkeitsstudie. Das renommierte Unternehmen um den Experten Markus Schwalt kommt zum Schluss, dass die Trasse „Variante H“ wie im Bauleitplan eingetragen, nicht machbar ist.
Das Schweizer Unternehmen ILF wird vom Land mit einer Neutrassierung beauftragt. Man entscheidet sich für eine Verlegung der Umfahrung weiter nordwärts. Aufgrund ihres Verlaufes unterhalb des Vereinsheimes erhält diese neue Trassenführung die Bezeichnung „Variante V“.
Diese Variante sieht einen 950 Meter langen Tunnel vor, der teilweise unter und teilweise in der Nähe der heutigen Staatsstraße verlaufen soll. Die Kosten werden mit rund 33 Millionen Euro veranschlagt.
Der Beschluss
Am 30. September 2014 beschließt der Partschinser Gemeinderat mit 15 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme diese Variante V zu verwirklichen. Das Projekt wird danach in das Straßenbautenprogramm des Landes aufgenommen und der damals zuständige Landesrat Christian Tommasini versichert im Jänner 2015 in einem Schreiben an die Gemeinde, dass das Land die Projektierung noch im selben Jahr angehen wird.
Der Beschluss der Gemeinde Partschins ist aber weit mehr als nur ein Grundsatzbeschluss. An der heutigen Staatsstraße liegen das Hotel Weiss, das Hotel Rössl, der Hanswirt, der Wagnerhof, die Pension Meilenstein, der Neuwirtshof und weitere Tourismusbetriebe. Allen ist klar, dass diese Betriebe eine dreijährige Bauzeit kaum überleben würden.
Deshalb wird im Beschluss und im ILF-Projekt festgehalten, dass die Bauarbeiten an die Tourismussaison anzupassen sind und in diesem Bereich vor allem vom November bis April gebaut werden soll. Zudem soll hier die sogenannte Deckelbauweise angewandt werden, die weniger Lärm und Staub verursacht und vor allem an der Oberfläche keine größeren Einschränkungen verursacht. Detailliert wird die Bauweise im Grundsatzbeschluss des Gemeinderates festgehalten.
Alle scheinen zufrieden. Es gibt weder Proteste noch einen Rekurs gegen den Beschluss. Die Variante V wird so in den Bauleitplan eingetragen, wo sie heute noch steht.
Die neue Variante
Doch dann kommt plötzlich Sand ins Getriebe. 2015 ergeben neue Berechnungen, dass die Verwirklichung der Variante V rund 44,5 Millionen Euro kostet. Der neue Landeshauptmann Arno Kompatscher sagt bei einer Bürgerversammlung in Rabland, dass „er bei diesen Kosten Bauchweh habe“.
Mit dem Gemeinderatswahlen 2015 beginnt dann auch ein Umschwung auf Gemeindeebene. Der SVP-Wirtschaftsausschuss macht plötzlich gegen die Variante V mobil und bringt eine neue Trasse aufs Tapet. Die sogenannte „Variante D“ ist eine Art Wiederauferstehen der ursprünglichen „Variante H“. Dabei wird der Straßenverlauf zwar etwas verändert, doch die Umfahrung soll durch die Felder und ein Wohngebiet südlich des Dorfes verlaufen.
Der große Unterschied zu früher aber: Der Tunnelbereich ist nur mehr 600 Meter lang und der Großteil der Umfahrung soll oberirdisch verlaufen. Dagegen aber läuft die Bürgerinitiative Rabland und auch ein Großteil der Bevölkerung Sturm. „Was macht es für einen Sinn eine Oberflurtrasse zu bauen, welche nur 100 bis 150 Meter vom Ortskern entfernt ist. Somit handelt es sich nur um eine Verschiebung der Hauptstraße“, heißt es im Brief an die Landesregierung.
Der große Unterschied zu früher aber: Der Tunnelbereich ist nur mehr 600 Meter lang und der Großteil der Umfahrung soll oberirdisch verlaufen. Dagegen aber läuft die Bürgerinitiative Rabland und auch ein Großteil der Bevölkerung Sturm. „Was macht es für einen Sinn eine Oberflurtrasse zu bauen, welche nur 100 bis 150 Meter vom Ortskern entfernt ist. Somit handelt es sich nur um eine Verschiebung der Hauptstraße“, heißt es im Brief an die Landesregierung.
Im Februar 2016 kommt es zu einer Klausurtagung der Gemeinde und der Landestechniker. Das Ergebnis: Der Gemeinderat ist der Auffassung, dass die Grundsatzentscheidung für die Variante V weiterhin Bestand hat. Man solle aber auch die neue Variante D genauer überprüfen.
Die Wende
Während die Wirtschaft und immer deutlicher auch der Partinscher Bürgermeister Albert Gögele auf die neue Variante D setzen, beauftragt die Bürgerinitiative auf eigene Kosten einen Südtiroler Fachmann, die „Variante V“ zu optimieren. Das Ziel ist es die Kosten zu senken, was auch gelingt.
Das Brixner Unternehmen EUT wird beauftragt alle Projekte zu vergleichen. Bei einer sehr umstrittenen Präsentation im November 2016 – wo man ganz bewusst, das alte und nicht das optimierte Projekt der Variante V bewertet hat – wird die Variante D als beste Lösung präsentiert.
Seitdem hat sich die Politik auf diese Lösung eingeschossen. Am Mittwoch Abend wird der Partschinser Gemeinderat – geht es nach dem Drehbuch – sich mehrheitlich für dieses Projekt aussprechen
„Wir verstehen einfach nicht, warum und wie dieser Meinungsumschwung der Gemeindepolitik erfolgen konnte“, sagen eine Handvoll Mitglieder der Bürgerinitiative Rabland zu salto.bz.
Dabei gibt es eine mögliche Erklärung dafür. Sie wird im Brief der Bürgerinitiative an die Landesregierung nur angedeutet („Lobby, bestehend aus ein paar Unternehmern, die im Eigeninteresse...“). Doch es gibt Fakten und Tatsachen, die diese Leserat untermauern. Die weder den meisten Partschinser Gemeinderäten noch der Landesregierung bekannt sein dürften.
Der Grundkauf
Am 24. November 2016 wird vor einem Bozner Notar die „Rabpom – Einfache Landwirtschaftliche Gesellschaft“ gegründet. Das Unternehmen mit einem Gesellschaftskapital von 100 Euro, gehört zu 99 Prozent Stefan Pircher und zu einem Prozent Lukas Schnitzer.
Stefan Pircher ist der Juniorchef eines der bekanntesten Rablander Hotels. Zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester führt Pircher das renommierten „Hotel Rössl“ im Zentrum von Rabland. Der Rösslwirt hat prominente Bekanntschaften in der Südtiroler Politik. Die Familie gehört dann auch zu jenen Wirtschaftstreibenden, die gegen die Variante V der Umfahrungsstraße im vergangenen Jahr plötzlich mobil gemacht haben.
Der Rösslwirt hat bereits Ende 2015 bei der Gemeinde um die Ausweisung einer Tourismuszone angesucht. Hinter dem „Hotel Rössl“ grenzt eine 4.600 Quadratmeter große Wiese, die den Brüdern Markus und Lukas Schnitzer gehört.
Am 22. Dezember 2016 kauft die wenig zuvor gegründete landwirtschaftliche Gesellschaft Rabpom diese Wiese (Grundparzelle 1870/1). Der Preis ist mehr als stolz: 1.350.000 Euro für den landwirtschaftlichen Grund.
„Kein Mensch gibt diese Summe für eine Obstwiese aus“, sagt ein Partschinser Bauer. Denn die Grundparzelle hat zudem einen augenscheinlichen Hasenfuss. Genau unter diesem Grund liegt der Verlauf der geplanten Umfahrungsstraße nach der Variante V. Der Verlauf und und damit ein öffentliches Unterflurrecht ist seit über zwei Jahren im Bauleitplan eingetragen.
Eine Tatsache, die eigentlich den Wert des Grund deutlich senken müsste. Denn mit dem unterirdischen Tunnel könnte diese Wiese kaum Baugrund oder Tourismuszone werden. Um das zu verwirklichen und einen Millionengewinn zu machen, muss die Umfahrungsstraße weg von diesem Grundstück. Die Idee mit der neuen Variante scheint damit alles andere als uneigennützig.
Sicher ist, dass der Käufer bereits zu Weihnachten gewusst haben, was der Gemeinderat von Partschins am Mittwochabend beschließen wird. Nämlich die Umfahrungsstraße zu verlegen.
Die Varinate D geht genau an Pirchers neuer Wiese vorbei.
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Schade dass man die ganzen
Schade dass man die ganzen Pusterer Umfahrungstrassengeschichten nicht kennt.
Ja, Geschichten gibt es hier
Ja, Geschichten gibt es hier in Partschins genüge, manchmal wäre es besser, manche Sachen nicht zu wissen.
Wir Rablander hoffen nur, dass die Gemeinderäte nicht blind dem BÜRGERmeister folgen. Informationen an die Gemeinderäte nur von einer Seite können natürlich einseitig sein.
Einen HOTELmeister hat es schon einmal gegeben, wie sauber dieser seine Geschäfte abgewickelt hat, weiß man ja mittlerweile.
audiatur et altera pars!
audiatur et altera pars!