Politik | Im Gespräch

Arno Kompatscher: "Das Thema Sicherheit brennt unter den Nägeln"

Arno Kompatscher spricht zwei Tagen vor der Wahlen auf salto.bz. Über frühes Frühstück mit den Kindern, falsche mediale Darstellungen, billigen Strom für Familien und seine Hoffnung auf eine absolute Mehrheit.
  • Herr Kompatscher, bei so viel Wahlkampf-Präsenz - sehen Sie Ihre Framilie noch?

Ich steh um halb sechs auf, dann ruf ich Mails ab, seh mir die Tagespresse durch. Und dann ist Frühstück mit den Kindern angesagt. Das ist die einzige Möglichkeit sie zu sehen. Am Abend komm ich gegen halb eins nach den letzten Wahlveranstaltungen heim. Ja, der Tag ist schon sehr voll.

  • Wahlkampfsatt?

Man hat sich ja auf einen zeitlichen Rahmen eingestellt. Und dementsprechend sind auch die Kräfte ausgerichtet. Ja, es ist schon fein, wenn es langsam zu Ende geht. Aber ich muss sagen, es hat viel Spaß gemacht. Erst kürzlich war in in St. Ulrich, und wenn einem die Leute auf die Schulter klopfen und sagen „Gut machst Du's", dann gibt einem das schon Kraft. Ich hab mit vielen Menschen gesprochen, das war sehr interessant und bereichernd für mich. Unzählige SVP-Ortsgruppen im Land haben mich zu Veranstaltungen eingeladen, klarerweise konnte ich mich nicht teilen und überall dabei sein.

  • Und was brennt den SüdtirolerInnen unter den Nägeln?

Es geht ganz klar um die Sicherheit. Um die Einkommenssicherheit, um Arbeitsplätze, um den Steuerdruck der Unternehmen. Und das Thema Familie ist sehr präsent. Der Mutterschutz bei privaten Unternehmen muss dem Mutterschutz im öffentlichen Bereich angepasst werden. Da ist Handeln gefragt. Es muss eine Arbeitsplatzgarantie für die Frauen geben – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist mir sehr wichtig.Frauen sollen wirklich wählen können, ob sie bei den Kindern bleiben wollen, oder ob sie arbeiten gehen möchten.

  • Der SVP oder Ihnen als Spitzenkandidat ist in den letzten Wochen immer wieder vorgeworfen, dass Sie sich zu Themen nicht klar positionieren. Weichen Sie aus?

Genau das Gegenteil ist der Fall. Dieser Wahlkampf ist ganz anders als der letzte. Die Medien sagen immer der Wahlkampf sei so inhaltsleer. Aber wenn wir dann bei den Podiumsdiskussionen sitzen und diskutieren, dann sind immer Argumente da. Und wir reden nur über Sachthemen. Da kann ich mich sehr gut positionieren und meine Ideen und Visionen vorbringen.

  • Was transportieren also die Medien falsch?

Nicht nur die Medien verfälschen. Wenn ich mir ansehe was der Herr Pöder wieder schreibt, der Arno Kompatscher will keinen billigen Strom für Familien. Dann muss ich sagen: Genau das Gegenteil ist der Fall. Meine Aussage war, und das stand neulich in der Dolomiten: Es muss billigen Strom für Familien geben. Ich bin ein starker Befürworter des Genossenschaftsstrom.

Meine Aussage war, und das stand neulich in der Dolomiten: Es muss billigen Strom für Familien geben. Ich bin ein starker Befürworter des Genossenschaftsstrom.

  • Es stand „Kompatscher will keinen billigen Strom für alle.“

Ja. Aber das hab ich auch nicht so gesagt. Es ist oft schon so, dass man als Politiker etwas sagt, und ganz etwas Anderes kommt heraus. Aber damit muss man leben, dass Mitteilungen verfälscht werden.

  • Was sind nun Ihre Visionen, Herr Kompatscher. Politikern wird ja oft vorgeworfen sie haben keine Visionen.

Politiker haben – wie „andere Menschen“ auch - nicht nur Visionen, sondern auch Träume. Es ist aus meiner Sicht wichtig, seinen eigenen Standpunkt immer wieder selbstkritisch zu hinterfragen und seine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Wäre ich ein Populist, dann bräuchte ich den Menschen nur was vorzugaukeln. Wir brauchen nur nach Kärnten schauen, wo der Haider den Menschen gesagt hat, dass sich Europa irgendwann nach Kärnten richten wird. Schauen wir uns heute Kärnten an, ein Bundesland welches große Probleme und Schwierigkeiten hat. Ich bin Realpolitiker und werde den Menschen nichts versprechen, woran ich nicht glaube, dass es umsetzbar ist!

  • Was aber ist umsetzbar?

Wir müssen Sprachkompetenz fördern, eine Offensive in der Ausbildung ist mir ganz wichtig. Nord und Süd, wir müssen wieder mehr aufeinander zu gehen. Und dann das Wohnen. Es muss wieder leistbarer werden. Ich sage nein zu mehr Mietbeiträgen, vielmehr müssen mehr Wohnungen für Einheimische auf den Markt kommen. Hier muss das Angebot gestärkt werden.

  • Wo steht Südtirol in zehn Jahren?

Meinen Südtirolplan habe ich im Kopf. Gemeinsam mit dem neu gewählten Landtag will ich diesen Schritt für Schritt umsetzen und auf diesem Weg die Südtirolerinnen und Südtiroler dafür begeistern. Südtirol muss ein modernes Land werden. Eine kulturelle Schnittstelle zwischen Nord- und Südeuropa, welche auch wirtschaftlich auf festen Beinen steht. Forschung und Entwicklung müssen massiv gestärkt werden. Südtirol bietet den schönsten Lebensraum der Welt und diesen müssen wir für unsere Nachkommen erhalten. Wir dürfen uns auch endlich getrauen, uns von unserer Nabelschau zu verabschieden und den Blick verstärkt nach außen zu werfen. In zehn Jahren wird das historische Tirol eine Vorzeigeregion im Europa der Regionen sein.

Wir dürfen uns auch endlich getrauen, uns von unserer Nabelschau zu verabschieden und den Blick verstärkt nach außen zu werfen. In zehn Jahren wird das historische Tirol eine Vorzeigeregion im Europa der Regionen sein.

  • Wie viele Frauen wünschen Sie sich in den Landtag?

Möglichst viele. Eine ausgewogenen Präsenz der Geschlechter ist für die Arbeit sehr bereichernd.

  • Und welches Ergebnis erzielt die SVP?

Ich sag das jetzt und meine es überhaupt nicht undemokratisch. Aber ja, ich wünsche mir die absolute Mehrheit für die SVP. Sachen umzusetzen, die an der Reihe sind, ist dann einfacher. Das heißt nicht, dass wir mit der Opposition nicht reden wollen. Ganz im Gegenteil. Die Gespräche mit den Parteien stellen ja einen Mehrwert dar. Aber mit einer Mehrheit agieren hat viele Vorteile, auch die Verhandlungen in Rom können dann anders geführt werden.

Mit einer Partei, die die Vertretung der Italiener gewährleistet. Aber unabhängig vom Wahlausgang, unabhängig ob Mehrheit oder nicht. Mit allen Parteien sind Gespräche zu führen, wie es für Südtirol weiter gehen soll. Alle Parteien müssen nach dem Wahltag ihre Vorstellungen deponieren. Erst dann wird es eine Regierungsbildung geben. Auf jeden Fall wünsche ich mir, dass die moderaten Kräfte im Land viele Stimmen bekommen. Dazu gehört natürlich auch der Pd.

  • Sorgen vor einem Rechtsrutsch?

Ein Rechtsruck macht mir immer Sorgen. Was bringt es beispielsweise, wenn ein Donato Seppi vor dem Kapuziner Wastl in Bruneck einen Kranz niederlegt und dies inszeniert? Es ist dies nur eine Provokation, welche polarisiert und die Gemüter erhitzt. Wenn wir eine solche Politik endlich hinter uns lassen, dann können wir als mehrsprachige Südtiroler Gesellschaft geschlossen und verantwortungsbewusst in Richtung Zukunft blicken.
Extremismen tun keiner Gesellschaft gut. Es ist schwierig, Parteien am linken und am rechten Ufer zu einer gemeinsamen Position zu bewegen. Wir brauchen deshalb starke moderate Kräfte im Landtag. Realpolitik muss im Vordergrund stehen.

Was bringt es beispielsweise, wenn ein Donato Seppi vor dem Kapuziner Wastl in Bruneck einen Kranz niederlegt und dies inszeniert? Es ist dies nur eine Provokation, welche polarisiert und die Gemüter erhitzt.

  • Die SVP als moderate Kraft, die gleichzeitig eine Erneuerung für Südtirol auf den Weg bringt?

 Schauen Sie, wir haben 24 neue KandidatInnen auf der Liste. Das ist eine Revolution. Das hat es noch nie gegeben. Diese KandidatInnen identifizieren sich mit dem neuen Stil. Die Bevölkerung soll mit eingebunden werden, wir wollen transparent arbeiten.

  • Und warum einen Arno Kompatscher wählen?

Ich trete an, um einen neuen Wind und einen neuen Stil in die Politik zu bringen. Ich brauche möglichst viele Stimmen um das dann umzusetzen. Was mir ganz wichtig ist: Die Menschen, die mir vertrauen, möchte ich nicht enttäuschen.

  • Auch Luis Durnwalder ist im Wahlkampf immer wieder anzutreffen. Besonders im italienischen Umfeld wirbt er für Stimmen. Warum er und nicht Sie?

Luis Durnwalder hat bei den Italienern im Lande extrem hohe Beliebtheitswerte und genießt ein hohes Ansehen. Mein Profil muss sich da erst schärfen, aber ich denke ich bin auf einem guten Weg.

  • Und die frei werdenden Stimmen rund um den Landeshauptmann. Wie werden diese sich verteilen?

Landeshauptmann Durnwalder konnte bei den vergangenen Wahlen immer traumhafte Ergebnisse erzielen. Er war stets die Lokomotive im SVP-Wahlkampf. Die frei werdende Stimmen werden sicher unter den Vorzugsstimmen innerhalb der SVP aufgeteilt werden. Dabei hoffe ich, dass die Wählerinnen und Wähler nicht vergessen, dass auch ich erst noch zu wählen bin. Was die Stimmen für die Liste betrifft, so bin ich zuversichtlich, dass jene die früher Durnwalder gewählt haben, auch heute noch zur SVP stehen, schließlich wollen wir Gutes bewahren, aber auch Neues wagen.