Politik | erstes Mal

Neue fünf Jahre

Die Landesregierung sagt Ja zu mehr Praxis und weniger Theorie in der universitären Ausbildung des Grundschul- und Kindergartenpersonals in Brixen.
brixen_campus.jpg
Foto: commons.wikimedia.org

Es ist ein Meilenstein in der Südtiroler Geschichte. Zum ersten Mal hat das Land eigenständig einen Lehrplan für das Universitätsstudium für Lehrpersonen erarbeitet. Die Grundlage dafür war bereits im Sommer vergangenen Jahres gelegt worden. Im Juli 2015 verabschiedete das römische Parlament das Gesetz zur staatlichen Schulreform, besser bekannt als “La Buona Scuola”. Darin vorgesehen ist unter anderem, dass die Kompetenzen für die pädagogisch-didaktische Ausbildung der Lehrpersonen an das Land übergeht. Bereits im Dezember 2015 nutzte die Landesregierung zum ersten Mal ihre neuen Zuständigkeiten. Nun ist ein weiterer Beschluss da, der das Masterstudium an der Fakultät für Bildungswissenschaften und damit die Ausbildung des Kindergarten- und Grundschulpersonals auf völlig neue Beine stellt.


Die Startschwierigkeiten

“Wir haben den fünfjährigen Studiengang überarbeitet und den Bedürfnissen der Südtiroler Bildungswelt angepasst”, verkündet ein zufriedener Philipp Achammer am Dienstag Mittag. Hinter dem Bildungslandesrat liegt ein Jahr, das nicht ohne Reibereien und Polemik verlaufen ist. Nur allzu gut erinnert sich Achammer an den öffentlich ausgetragenen Disput zwischen der Freien Universität Bozen und seinem Ressort. Doch heute, sieben Monate nachdem Achammer mit der nach einer Drohung klingenden Aussage “Wenn unibz Lehrerausbildung nicht verbessert, soll Uni Innsbruck übernehmen” zitiert wurde, scheinen die Schwierigkeiten vergessen. Im Gegenteil, der Bildungslandesrat scheint der Universität nicht genug Rosen streuen zu können. Mehrmals betont er die “gute Zusammenarbeit”, den “großen persönlichen Einsatz von Uni-Präsident Konrad Bergmeister” und das “gute Einvernehmen”, das mit der Universität in Bozen und der Brixner Fakultät für Bildungswissenschaften getroffen worden sei.


Die Neuerungen

Doch wie sieht die neue Studienordnung für die angehenden Grundschullehrer und Kindergärtner nun aus? Eines fällt gleich auf: Das Verhältnis von Theorie und Praxis in der Ausbildung hat sich deutlich verändert. “Nicht zuletzt aufgrund der wiederholten Forderung aus der Bildungswelt, war es uns wichtig, von der theorielastigen Ausbildung, die die staatlichen Vorgaben bisher vorsahen, hin zu mehr Praxisbezug zu gehen”, erklärt Achammer. Konkret bedeutet das, dass von den 300 ECTS, die im Laufe des fünfjährigen Studiums angereichert müssen, 134, also 45 Prozent, im Praxisbereich gesammelt werden. Um eine neue Ausgewogenheit zwischen Theorie und Praxis zu schaffen, wird unter anderem verstärkt auf Praktika gesetzt – diese sollen nun in allen fünf Jahren des Studiums gemacht werden –, das Angebot an Laboratorien aufgestockt sowie ein besonderer Schwerpunkt auf Sprache, Musik, Motorik und ästhetische Bildung gelegt.


Der Fahrplan

Am 3. Oktober wurden die gemeinsam von Bildungsressort und Universitätsvertretern formulierten Grundsätze des neuen Studienplans in einem Abschlussdokument festgehalten. Dieses bildet die Basis des neuen Studienganges, der von der Landesregierung heute gut geheißen wurde. “Nun müssen Studien- und Fakultätsrat ihre Zustimmung geben”, erläutert Achammer die weiteren Schritte, “aber diese wurde bereits zugesichert”, beeilt er sich hinzuzufügen. Im Dezember soll der überarbeitete Studiengang in die Datenbank des Bildungsministeriums aufgenommen werden. “Der Startschuss fällt dann ab dem akademischen Jahr 2017/2018”, so Achammer.

Auch in einer anderen Sache tut der Bildungslandesrat neue Entwicklungen kund: “Im November werden endlich die Lehrbefähigungskurse freigegeben und können – ich betone, endlich – starten.” Bislang wurden die Sonderlehrbefähigungskurse (SLK) vom Bildungsministerium in Rom ausgerufen. Regelmäßig hatte es in der Südtiroler Lehrerschaft Proteste gegeben, weil es immer wieder zu Aufschiebungen und Verzögerungen kam. Mit der “Buona Scuola” ging die Kompetenz für die Organisation der SLK schließlich an das Land über, das sie nun erstmals (und in Zusammenarbeit mit der Universität in Bozen) im kommenden Monat abhalten wird.