Gesellschaft | Sanität

Doktor KI

In der Herzmedizin verbindet Clemens Dlaska digitale Ansätze mit den herkömmlichen Behandlungsmethoden. Heute hält er einen Vortrag an der Claudiana zum Thema KI in der Medizin. Im Interview mit SALTO gibt es bereits einen kleinen Vorgeschmack.
Clemens Dlaska
Foto: Medizinische Universität Innsbruck
  • SALTO: Herr Dlaska, wo wird die künstliche Intelligenz derzeit in der Medizin verwendet?

    Clemens Dlaska: Es gibt sehr viele Beispiele. In der Dermatologie gibt es sehr prominente Algorithmen, welche Melanome am Handy bereits erkennen können. Auch für die Knochenbrucherkennung oder zur Auswertung von EKG-Befunden und Herzultraschalls in der Kardiologie ist die künstliche Intelligenz eine Bereicherung. Sie unterstützt uns bei zeitraubenden Aufgaben und kann Daten auch deutlich präziser, schneller und vor allem vergleichbarer aufarbeiten.

    Wo könnte man sie in Zukunft noch anwenden und welche Voraussetzungen benötigt es dafür?

    Wir haben sehr große multimodale Datenvolumen, von EKG über den Ultraschall bis zu den Labordaten, sehr viele Aspekte, welche von der KI neu verarbeitet werden können, um neue Biomarker zu kreieren. Die Voraussetzungen sind vielseitig. Zum einen benötigt man in den Krankenhäusern eine strukturelle Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Akteuren und zum anderen die Infrastruktur für die Rechenleistung. So kann man in einer standardisierten Weise Daten erzeugen, welche neue Möglichkeiten bergen.

  • „Sie unterstützt uns bei zeitraubenden Aufgaben und kann Daten auch deutlich präziser, schneller und vor allem vergleichbarer aufarbeiten.“

  • Wird die künstliche Intelligenz signifikante menschliche Aufgaben ersetzen?

    Erfolgt die Auswertung von Ultraschallen beispielsweise händisch, bedarf dies viel Zeit. Die KI ist um ein Vielfaches schneller, in einer Qualität, welche mindestens jener des Arztes entspricht. Auch im administrativen Bereich, wenn zum Beispiel viele verschiedene Fachdisziplinen zusammentreffen und diskutieren, kann die KI viele Informationen schnell und kompakt zusammentragen.

    Welche Hürden gibt es bezüglich des Datenschutzes?

    Insgesamt ist das ein Findungsprozess in der Gesellschaft und natürlich muss man im medizinischen Bereich vorsichtig die Rahmenbedingungen schaffen. Jedoch sollte man trotz der möglichen Probleme die inhärenten Chancen nutzen.

    Welche Gefahren sehen Sie im Zusammenhang mit der künstlichen Intelligenz?

    Die KI wird viele Vorteile bringen, jedoch kann sie keinen Arzt in der Letztverantwortung ersetzen. KI entscheidet nicht alleine. Auch früher wurden immer wieder neue Technologien herangezogen, denen man nie die Entscheidungsvollmacht überließ. Es ist ein positiver Fortschritt in der Medizin, der positiv genutzt wird. Wenn man künstliche Intelligenz richtig einsetzt, kann sie sogar Gefahren minimieren. Sie birgt viele Vorzüge, wie Objektivität und Vergleichbarkeit. Potenzielle Gefahren sollen nicht kleingeredet werden, aber es handelt sich im Endeffekt stets um ein Zusammenspiel von Medizinern und KI, weshalb derartige Technologien nie die letzte Entscheidungsinstanz sind.

    Bedarf es mehr Aufklärung für Leien und Patienten?

    Die künstliche Intelligenz bezieht sich nicht nur auf den Gesundheitsbereich, sondern auch auf die Bildung. Ein Mediziner kann meist nicht nebenbei Informatik studieren, weshalb die Frage nach den Fertigkeiten und Lernarten im gesellschaftlichen und berufsgruppenspezifischen Bereich geklärt werden muss. Auch bei der Patientengruppe bedarf es an Aufklärungsarbeit, denn „Doktor Google“ oder mittlerweile auch „Doktor Chat-GPT“ werden zwar häufig verwendet, ersetzen jedoch keinen Arzt.