Wirtschaft | Landwirtschaft

"Zu keiner Spaltung kommen lassen!“

Der Bürgermeister von Truden Michael Epp über den Versuch in seiner Gemeinde dem Grundkauf von auswärtigen Obst- und Weinbauern einen Riegel vorzuschieben.
Epp, Michael
Foto: Privat
Salto.bz: Herr Bürgermeister Epp, eine Petition versetzte die Trudner Bevölkerung letzte Woche in Aufruhr und sorgt landesweit für Schlagzeilen. Wie kam es überhaupt zu dieser Initiative?
 
Michael Epp: Die Petition startete einfach von mehreren Bürgern denen vorkommt, dass wir als Gemeindeverwaltung zu wenig bis gar nichts gegen die stattfindende Entwicklung unternehmen. Sie ist Ausdruck der Sorge vieler Mitbürger um den Fortbestand der traditionellen Berglandwirschaft und der gewachsenen Kulturlandschaft, sowie um die Lebensqualität und wirtschaftliche Attraktivität unseres Ortes zu erhalten. Seit einigen Jahren wurden immer mehr Kulturgründe von auswärtigen Obst- oder Weinbauern gekauft oder gepachtet. Dies führte zu einem Anstieg des Grundpreises bei dem unsere Landwirte, die mehrheitlich traditionelle Berglandwirtschaft betreiben, nicht mithalten können. Da für Intensivkulturen nur die besten Grundstücke in Frage kommen, würden notgedrungen jene übrig bleiben, welche nur arbeitsaufwendig zu bewirtschaften und daher deren Bearbeitung unattraktiv wäre, vor allem als Pachtgründe. Dies hätte schwerwiegende Folgen für die örtlichen Viehwirtschaftsbetriebe, die auf Pachtgrund angewiesen oder frei werdende Flächen für die Aufstockung der meist sehr kleinen Betriebe nicht mehr kaufen könnten. Das ortstypische Landschaftsbild wird ebenfalls stark verändert.
 
Man könnte sagen: Bauer ist Bauer?
 
Nein. Truden ist aufgrund der vorherrschenden Realteilung, eine sehr zerstückelte Landwirtschaft, was auch bedeutet, dass die meisten Landwirtschaftsbetriebe, seit jeher, auf Pachtgründe angewiesen sind. Die durch das römische Erbrecht mehrfach geteilten und somit im Laufe der Generationen geschrumpften Höfe, brachten teilweise so wenig Ertrag, dass zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe seit den 1970iger Jahren im Nebenerwerb geführt wurden und werden. Erst in den letzten Jahren entstanden einige Obst-und Weinanlagen auf der Südseite des Dorfes.
Erst in den letzten Jahren entstanden einige Obst-und Weinanlagen auf der Südseite des Dorfes.
Ihnen ist bewusst, dass das Thema Landwirtschaft in Südtirol ein sehr heißes Eisen ist. Da kann es für einen Bürgermeister schnell brenzlig werden.
 
Die Landwirtschaft ist wahrlich ein brenzliges Thema. Der soziale Frieden im Dorf ist mir das Wichtigste. Das wertvollste Kapital einer Gemeinde sind Ihre Bürger! Wir werden es zu keiner Spaltung kommen lassen. Wir werden jetzt einen runden Tisch einrichten mit allen Verbänden. Erste kleinere Maßnahmen werden im Moment nach ihrer Rechtsmäßigkeit überprüft, diese könnten bereits zeitnah umgesetzt werden. Ich bin mir sicher, dass auch der örtliche Bauernbund bereits einige Vorschläge parat hat. Wir werden das Problem gemeinsam lösen – gemeinsam mit unserer Bevölkerung, dessen bin ich mir sicher. Wir werden nicht die ganze Welt verändern, aber uns würde auch schon ein Stück reichen.
 
Ist das der erste Schritt in Richtung pestizidfreien Gemeinde wie in Mals?
 
Das Thema Pestizide will ich nicht aufkommen lassen, auch weil wir als Gemeinde dafür keine bis wenig Zuständigkeit haben. Die Thematik der Nachhaltigkeit spielt aber natürlich auch in Truden zunehmend eine stärkere Rolle und die Bürger sind verständlicherweise über den Einsatz von Pestiziden in ihrer unmittelbaren Nähe nicht erfreut.
 
 
Das Thema Pestizide will ich nicht aufkommen lassen.
Gerade mit den Neuanlagen entwickelt sich ein Spannungsfeld zwischen betriebswirtschaftlichen Erfordernissen, der meist ortsfremden Betriebe und den gesellschaftlichen Ansprüchen der hier lebenden Bevölkerung. Es darf hier aber nicht um Obst-und Weinbau gegen Viehwirtschaft gehen. Fest steht, dass Südtirols Obst- und Weinwirtschaft unverzichtbar für unser Land sind.
 
Der Zorn auf die Bauern wird aber auch in unserem Land immer größer?
 
Landwirtschaftliche Familienbetriebe sind Erzeuger hochwertiger Qualitätsprodukte. Aus diesem Grunde muss man ihnen Respekt und Anerkennung zollen. Die Frage muss aber gestattet sein, ob deshalb die Viehwirtschaft, in landwirtschaftlich kleinstrukturierten Dörfern wie Truden zurückgedrängt werden muss und anderen Wirtschaftszweigen Platz machen muss? Ist es nachhaltig und zielführend, wenn Viehbetriebe weiter an Flächen verlieren? Was passiert Morgen mit den Almflächen? Wer pflegt die Kulturlandschaft auf unseren Almen und Weiden? Profitiert hier die Allgemeinheit von Truden davon? Nein! Klar ist: Wenn nur einer oder einige Wenige gewinnen, verlieren alle anderen - in diesem Falle die Dorfgemeinschaft von Truden. 
Die Frage muss aber gestattet sein, ob deshalb die Viehwirtschaft, in landwirtschaftlich kleinstrukturierten Dörfern wie Truden zurückgedrängt werden muss und anderen Wirtschaftszweigen Platz machen muss?
Wird die Gemeinde die Bauern unterstützen, falls diese einen neuen Weg einschlagen möchten?
 
Selbstverständlich unterstützen wir Bauern wenn sie neue Wege einschlagen. Nur sollte man hier jungen Landwirten keine falschen Hoffnungen machen. Aufgrund der vorherrschenden Realteilung gibt es bei uns nicht viele Betriebe für welche ein Umstieg auf Obst- oder Weinbau ökonomisch sinnvoll wäre. Selbst Fachleute aus dem Weinbau bzw. vom Versuchszentrum Laimburg warnen Bauern vor großen Investitionen in hohen Lagen, da es noch nicht bewiesen ist wie gut die Weinqualität wird. Logisch, was sollen jene Betriebe sagen welche hier angelegt haben? Die Weinqualität ist schlecht? Das werden sie wohl kaum zugeben.
 
 
Die Frage ist, ob es sich auszahlt Weinberge auf fast 1.000 Meter Meereshöhe anzulegen.
 
Weinbauern welche hier anlegen bzw. bereits angelegt haben, sagen offen und ehrlich, dass das Konzept nur für einen Betrieb aufgeht, der bereits im Hochpreisniveau seinen Wein selbst vermarktet. Ein Produzent, der an eine Genossenschaft liefert, würde hingegen drauf zahlen. Die auswärtigen Betriebe sichern sich im Moment vorzeitig Flächen und spekulieren darauf, dass diese in Zukunft interessant sein können. Ob sie es dann auch sind ist nicht bewiesen. Der einzelne Produzent - eventuell auch mal ein Trudner Landwirt welcher umsteigen möchte, sofern er überhaupt über genügend Fläche verfügt - der nicht selbst einkellern kann und keinen Namen hat, geschweige denn im Besitz der Pflanzenrechte ist, und selbst wenn er an eine gute Kellerei liefert und gutes Geld bekommt, könnte die Kosten nicht decken. Das Problem ist und bleibt, dass viele Grundstücke nicht den Landwirten selber gehören.
 
Wir werden nicht die ganze Welt verändern, aber uns würde auch schon ein Stück reichen.
 
Entscheidend wird sein, ob das Ansinnen der Pacht oder dem Kauf auswärtiger Bauern einen Riegel vorzuschieben, gesetzlich umsetzbar ist?
 
Wir müssen uns an die Gesetze halten. Wir dürfen keine falschen Versprechungen machen. Mit dem Hagelnetzverbot haben wir ja bereits eine Maßnahme gesetzt welche auch rechtlich standhält und im Einvernehmen mit dem Südtiroler Bauernbund und der Südtiroler Landesregierung eingeführt wurde. Wie gesagt, andere Maßnahmen werden im Moment überprüft und sicherlich wird der ein oder andere Vorschlag von Verbänden oder dem Gemeinderat noch vorgebracht.
 
Welche Vorstellungen haben Sie als Bürgermeister?
 
Ich persönlich bin der Meinung, dass die Idee ganz einfach „regional&lokal“ sein muss. Mit regionalen Produkten, würden sich für die landwirtschaftlichen Betriebe neue Einkommenszweige eröffnen. Alle Produkte, die man sich nur vorstellen kann, können in Truden und den umliegenden Gemeinden erzeugt und evtl. gemeinsam angeboten und verkauft werden. Hier meine ich vor allem Fleischwaren, Gemüse, sowie veredelte Produkte wie Honig und Marmeladen.
 
Denken Sie an Maßnahmen zur Erhaltung und Schutz des Landschaftsbildes sowie Tourismus und Kultur?
 
Die Erhaltung der intakten Landschaft ist eines der wichtigsten Ziele der Ortsentwicklung in Truden. Dies wünschen sich die Bürger vor Ort, aber auch die Gäste kommen deshalb nach Truden. Bauwerke und Landschaft bilden in weiten Teilen des Gemeindegebietes eine Einheit. Derartige Zielsetzungen der Ortsentwicklung benötigen eine konsequente Landschaftspflege. Sämtliche Planungen sind nicht nur nach ökonomischen, sondern auch ökologischen Kriterien in Zukunft zu beurteilen – dann können alle Sektoren davon profitieren.