salto.music | Ësenaim.

„Do Not Worry If I Die...“

Seit knapp drei Wochen ist die neue Ësenaim-EP „Gaza“ bereits draußen. Die Wirkung von Musik, Konzept, Bild und Text ist nachhaltig. Das Review ist gleichzeitig eine Empfehlung.
„Gaza“ (Screenshot)
Foto: DRKETCH69/Ësenaim.
  • Der letzte Satz auf der EP „Gaza“ hat sich bei uns nicht nur eingeprägt, er hat sich wegen seiner schaurigen Ambivalenz festgekrallt: Don't Worry If I Die... sollte ich sterben, sorge dich nicht...

    Dieser Satz stammt vom palästinensischen Lyriker Mohammed Moussa, von dem auch sämtliche Texte auf dieser EP stammen. Moussa erzählt darin von einem realen Krieg, aus einem realen Krisengebiet, von realen Toten. Behält man sich das beim Hören der Musik im Bewusstsein, macht es alles umso intensiver.

    Das Electronic-Projekt Ësenaim. hat sich letztes Jahr auf den Weg gemacht. Man könnte den 01. November 2024 als offiziellen Startpunkt nehmen, denn das war der Tag, an dem die erste EP „Prologue“ erschienen ist. Aber natürlich haben Sarah Guefif und der Bozner Michael Casera schon lange davor an Ësenaim. gearbeitet. Mit Ësenaim. erzählen Guefif und Casera ihre Erfahrungen als Teil der Teams der „Ärzte ohne Grenzen“, mit denen sie in den vergangenen Jahren weltweit unterwegs waren, „Prologue“ wusste u.a. vom Südsudan zu erzählen.

    Die neue EP „Gaza“, erschienen am 06. Februar 2025 über das dänische Label Petiit Victory Collective, erzählt von Gaza. Wie bereits für „Prologue“, gibt es auch für die Tracks dieser EP Videos, die vom Bozner Digital-Künstler DRKETCH69 gemacht wurden, basierend auf Videomaterial, das direkt aus Gaza stammt. Diese Bilder in Verbindung mit der Musik und der bitteren Lyrik von Mohammed Moussa machen diese EP zu einem mitreißenden, aufrüttelnden Erlebnis.

  • Ësenaim.: „Rafah“ (Official Music Video)
    (c) DRKETCH69/Ësenaim.

  • Obwohl die EP „Gaza“ sowohl musikalisch als auch konzeptuell mit „Prologue“ völlig auf einer Linie liegt, so ist gleichermaßen eine Steigerung festzustellen. Das mag daran liegen, dass die Aktualität der Poesie Moussa's, die direkt aus dem Kriegsgebiet kommt, die Wirkung nicht verfehlt. Casera und Guefif ist es bestens gelungen, die von Moussa selbst gesprochen Worte in ein angemessenes und spannendes, Klangbild einzubinden, stilistisch zwischen flächiger elektronischer Musik und Techno hin- und herpendelnd. Und sie bringen ihre eigenen Erfahrung und Erinnerungen mit ein, wenn beispielsweise beim ersten Track die typischen Klänge einer Intensivstation zu hören sind, oder bedrohliche, warnende Sirenen beim letzten Track „Rafah“.

    DRKETCH69, der auch für „Prologue“ die Videos gestaltet hat, ist ebenfalls einen Schritt weiter gegangen. Seine „Visuals“ sind härter, konkreter und zielgenauer als je zuvor.

    Eine tolle EP: Die Musik, die visuelle Umsetzung in den Videos, das Konzept, der Inhalt und die Botschaft...

    Mitte des Jahres sollte dann das Debüt-Album von Ësenaim. erscheinen und im Herbst werden Ësenaim. auch in Südtirol live zu sehen sein. Zwei sehr gute Nachrichten.

     

  • Ein empfehlenswertes Stück Musik: Die EP „Gaza“ von Ësenaim. ist am 06. Februar 2025 über das dänische Indie-Label Petite Victory Collective erschienen. Foto: Ësenaim.