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Gesellschaft | Eiertreter*in

Alle Jahre wieder kommt das Christkind

… gibt’s den Oswald von Wolkenstein-Ritt, läuft man um den Reschensee. Der Südtiroler ist sooo langweilig und berechenbar, dass es schon körperlich wehtut.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Party mit Lichtshow
Foto: Hanny Naibaho/Unsplash.com
  • Der Mensch ist ein Wiederholungstäter. Die Archive der Paffen sind laut der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl voll davon - also mit wiederholten Fällen von Kinderfickerei meine ich. Aber auch der Laie schenkt sich nichts. Jedes Jahr nach Silvester geht es los im Jahreslauf: Kollektives Besäufnis im Biathlon Gaudi Dorf (sic) von Mittertal; Gsiesrtal Lauf; Faschingsumzug im Terlan; 59. Faschingsumzug in Schuffa; Faschingsumzug in Gossywood: „Bereits seit 50 Jahren freuen wir uns alle 5 Jahre auf den großen Gossensasser Fasching“, schreiben die Menschen unter der Autobahnbrücke. Man muss ihnen zu Gute halten, dass sie ihren Wahnsinn nur alle 5 Jahre auf die Menschheit loslassen. Die Traminer sind da schmerzbefreiter, denn der Egetmann Hansl heiratet alle zwei Jahre. Die älteste Aufzeichnung aus einem Gerichtsbuch für einen Egetmann-Umzug geht laut Egetmann.com auf den 30. März 1591 zurück. Seit 434 Jahren fällt den Geschmackssadisten aus dem schönen Unterland nichts anderes ein, als mit nassen Hudern, Ruß und stinkenden Fischen durchs Dorfs zu ziehen? Da wird das Wudele in der Pfanne verrückt.
    Verwundert mich nicht. Schließlich hat sich unser Volk bis vor einigen Jahrzehnten ausschließlich von Brennsupp und Muas ernährt: Brennsupp zum Frühstück, Brennsupp zum Mittag, Muas als Nachtmahl; Brennsupp zum Frühstück, Brennsupp zum Mit... Das stumpft ab. Das schleift sich ein. „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“, könnte man den Südtiroler in Anlehnung an den wohl meistzitiertesten Spruch Martin Luthers umschreiben. Laut Überlieferung gesagt im April 1521 in der Verhandlung gegen ihn vor dem Wormser Reichstag … also fast zeitgleich als ein Tiroler auf die Idee kam einen Pflug oder eine Egge (wovon sich der Name Egetmann offensichtlich ableitet) mit viel Radau durchs Dorf zu ziehen. Das ist wahrlich UNESCO-Weltkulturerbe-würdig.

    Bei soviel gleichförmigen Stumpfsinn lobe ich mir die Sarner, die sich nonkonformistisch mitten in der Fastenzeit auf der Sunnolm bei einer 80er-Jahre-Retro-Party ins Koma saufen. Soviel Innovation würde ich mir auch anderswo wünschen. An diesem Wochenende findet auf dem Kalterer See bereits zum 39. Mal die Blütenregatta für Finn- und O-Jolle statt. Fällt den Seglern nichts anderes ein? Mit dem Tretboot quer über den See strampeln beispielsweise? Andata/Ritorno. Oder wer mehr Stand-up Paddler über den Haufen fährt?
    Und so geht es weiter: Ostermontag - 128. traditionelles Haflinger Galopprennen am Meraner Pferderennplatz. Mit Umzug. Sozusagen der Startschuss für die Sommersaison. Blankoscheck für 8 Millionen Touristen, uns überfallen zu dürfen. Wenn sie sich dann wieder trollen, feiern wir auch das, denn: „Jedes Jahr am dritten Wochenende im Oktober findet in Meran das traditionelle Traubenfest statt“, schreibt die Website Meranerland.org. Dazwischen hetzt man Pferde um den Kofel in Kastelruth, Ausdauersportler um den Reschensee und Freizeitradler über Dolomitenpässe. Was fällt mir aus dem Stegreif noch ein: Locknfest am Kronplatz, Ritterspiele am Fuße der Churburg zu Schluderns und - oh Gott, oh Graus - das Spatzenfest unterm Schlern. Bozner Mustermesse haben Sie jetzt hoffentlich überlesen.
    Tja! Dem Südtiroler geht der Ruf voraus, aus tiefstem Herzen konservativ zu sein - „wertebeständig“ heißt das im heutigen, woken Sprachgebrauch. More of the same. Kann man schon daraus ableiten, dass den Doigen seit der Landtagswahl 1948, also seit 77 Jahren, nichts besseres einfällt, als verlässlich stets ein und die selbe Partei zu wählen. Eine Partei die - seit ich denken kann - ihren Parteitag im Kursaal von Meran abhält. Und bis auf das eine Mal - als irgendwelche seltsam kostümierten Kasper mit breitkrämpigen Hüten Flugzettel vom Balkon warfen und so die Schlafveranstaltung sprengten - ist nie etwas außergewöhnliches passiert. Wir stammen eben samt und sonders von ungehobelten und ungebildeten, aber immerhin berechenbaren Bauerntölpeln ab. Wusste schon der Heinrich Heine mit seinem „Die Tiroler sind schön, heiter, ehrlich, brav, und von unergründlicher Geistesbeschränktheit.“

  • Die Bauernregel

    Bringt mich auf direktem Weg zu drei ganz besonderen, wiederkehrenden Events: Bauernbund-Landesversammlung, Landesbäuerinnentag, Mitgliederversammlung der Südtiroler Bauernjugend. Letztere vermutlich die einzige Veranstaltung, die auf Instagram lediglich unter dem Hashtag #sbjevent firmirt, weil das Waltherhaus wenig für #hangover #hetzhobm oder #partytillwedie taugt, mit denen auf der Eventseite der Bauernjugend so gern geworben wird. Was? Warum so herablassend? Ich bilde mir seit je her etwas auf meine Feierkultur ein. Während die Tschegglfeten in Après, Pik Klub oder Kalterer Weinstadl stiegen, düsten wir ins Cosmic am Gardasee; und wenn der Dieter von seinem alten Herrn den BMW geliehen bekam, auch zu den Altromondo Studios in Rimini. Ja, das Rimini. Sehnsuchtsort aller, die nördlich des Brenners wohnen. Ein Ort wo der gemeine Südtiroler Bauer nicht hinkommt, weil er ja 365 Tage im Jahr sein Vieh versorgen und wertvolle Lebensmittel produzieren muss. Wie uns nicht nur bei den oben erwähnten Gelegenheiten, sondern eigentlich ständig vorgekaut wird. Man fordert mehr Anerkennung und Wertschätzung. Mehr Wertschätzung für das Giftspritzen, das Ausbringen von Gülle in Natura 2000-Gebieten, bei den drei „Sch“ für Wolf und Bär. Versteh ich nicht. Bekommen schon unser Steuergeld - kurz unser Bestes. Mehr Wertschätzung geht nicht. Komischerweise ist der Bauer immer dann Unternehmer, wenn er sich beratungsresistent von niemanden dreinreden lassen will und Sozialhilfefall, wenn’s um seinen Privilegienstadl geht … dessen Stalltür bald für immer zu bleiben könnte, wie der Alberich nicht aufhört zu mahnen. Und dann wächst unsere über Jahrhunderte (also seit mindestens 1591) gewachsene Kulturlandschaft einfach zu. Soviel ich verstanden habe, haben wir mit Vaia, dem Schneedruck 2019 und dem darauf folgenden Borkenkäfer 20.000 Hektar Wald verloren. Da sind die 90 Hektar Waldbrand bei St. Martin am Kofel nur Peanuts. - Südtirol sollte also schleunigst wieder zuwachsen. Ah so! Wie brauchen die Kulturlandschaft für unsere Gäste, besser für den UaB und damit die IDM traditionell zweimal im Jahr neue Rekordzahlen für die Sommer- und Wintersaison vermelden kann. Genau da könnte es etwas mehr sein. Wir bräuchten so was wie eine tägliche Wasserstandsmeldung, wie viele von den statisch 100.000 Urlaubern an jedem Tag des Jahres gerade unsere Straßen verstopfen.
    Da kommen das Kasblatt oder der Staatsfunk ihrem Informationsauftrag nicht nach. Berichten statt dessen auf mindestens einer Doppelseite oder einem Vierminüter vom Bergbauern-Preis. Ehrlich gesagt ist mir schleierhaft, nach welchen Kriterien so ein Preis vergeben wird? Erschwernispunkte, klar. Und wenn ich mir die diesjährigen Preisträger in der Mediathek des SBB ansehe, fällt mir sofort das Lied „I bin die Waschmaschin“ von Sepp Messner Windschnur ein: „… a Tschippl Kinder, Monn und Frau ...“ Hmmm … der SBB könnte auch mal den größten Subventionsempfänger prämieren. Den Apfelbauern mit dem größten Spritzmittelverbrauch oder jenen mit den größten Gäste-Chalets.
    Und alle Jahre wieder, wird im Fahrwasser der Jubelfeier auch der Preis Stiftung Steinkeller vergeben. Was da gefördert und prämiert wird, ist Nebensache. Wichtig ist nur dass der Sigi - ehemals der beste Obmann den die Edelwaisen jemals hatten - mal wieder ins Rampenlicht darf. Alle Jahre wieder.

  • Die Ausnahme, die die Regel bestätigt

    Ein Paradigmenwechsel würde uns gut tun. Ein Alleinerziehenden-Preis. Für meine Nachbarin mit ihren drei Kindern, wo keines studieren darf, weil der Tate keinen Unterhalt zahlt. Einen Festumzug der Müllmänner im Land. Ja, genau, die Unsichtbaren, die unseren Dreck wegräumen. Applaus vom Balkon wie zur besten Pandemiezeit, für die 36.1% Ausländer unter den knapp 34.000 Angestellten im Tourismus, ohne die unsere Teller ungewaschen und unsere Betten ungemacht blieben. Im 76 Seiten starken Jahreszwischenbericht 2024 der Beobachtungsstelle für nachhaltigen Tourismus Südtirol an der Eurac werden ihnen ganze 6 Zeilen gewidmet. Der Film „Heldin“, in dem Leonie Benesch eine junge Pflegefachfrau spielt, deren Dienst in einem Züricher Krankenhaus allmählich außer Kontrolle gerät, als Pflichtprogramm für alle, die über Wartezeiten im Krankenhaus maulen. (Noch die ganze nächste Woche im Filmclub Bozen zu sehen).
    Ich will unseren Landesrat für Events und Selbstdarstellung zurück. Sie wissen schon den, dessen Name ich niemals nenne und der jetzt die unwürdige Oppositionsbank drückt: Konnte aus jeder noch so insignifikanten Fahrplanänderung ein Event kreieren, Farbe bringen, in den immer gleichen Ablauf von Vereinsfesten und Maturabällen. Und ich wünsche mir, dass wir Duckmäuser nicht nur am Unsinnigen oder Faschings-Dienstag über die Stränge schlagen - oder jenseits von 1,5 Promille - sondern beispielsweise heute Nachmittag: Greifen Sie sich eine Dose Rasierschaum oder Sprühsahne und sprühen Sie in Schönschrift ein gepflegtes ACAB oder 1312 an die Außenmauer der Bozner Questur oder der Dienststube Ihres Dorfputz. Die Zeiten sind ernst genug - da braucht es keine Spaßbremsen.
    Ich wünsche mir Bergläufe, bei denen man nur rückwärts hochrennen darf. Downhillrennen mit dem Einrad. Ein einmaliger Spaß. Klar, ein zweites Rennen im Folgejahr tut sich keiner der hospitalisierten Teilnehmer mehr an. Bei dieser Greenwashing-Veranstaltung namens „Maratona dles Dolomites“ sind nur mehr Tretroller in Kindergröße erlaubt. (Und der Hotelier im grünen Mäntelchen darf mir mal seine CO2-Bilanz erklären, wenn 8.000 vermutlich bis unter die Haarspitzen gedopte Amateurradler mit dem eigenen Auto anreisen).
    Ich sehne mich nach der „Gastliche Tafel in den Gassen von St. Pauls", wo nur speisen darf, wer unterhalb der Armutsgrenze lebt. Und das nicht nur in einer lauen Julinacht sondern gerne jede Woche, in jedem Südtiroler Kaff. Apropos Kaff.
    Last but not least, eine persönliche Botschaft an meine Mitbürger in St. Ninderst: Kreuzt am 4. Mai den Bettfetzer an, das Listenzeichen von „Sirig&Cazzig“ und wählt das Goggel Totsch als oberste*n Eiertreter*in im Dorf - das ist auch ein Einmal-Event. Oder um es mit Donald Dumb zu sagen: Wählt mich, denn danach braucht ihr nie mehr wählen gehen! 

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Profil für Benutzer Johannes Engl
Johannes Engl Fr., 28.03.2025 - 21:49

Noch etwas was immer wieder wiedderholt wird im saltirol: unlesbar lange Texte. Bei der Hälfte konnte ich den scrollfinger nicht mehr kontrollieren..... und landete nach einem Seufzer hier unten....

Fr., 28.03.2025 - 21:49 Permalink