Gesellschaft | Gastbeitrag

Mit schlechtem Beispiel voran

Florian Kronbichler Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über die neuen Bestimmungen im Europarat, die den freien Journalismus deutlich einschränken.
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Foto: kronbichler
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates diskutierte und befand am Mittwoch über den „Zustand des Journalismus in Europa“, und erwartungsgemäß wurde sein Qualitätsverfall beklagt und die Wiederbesinnung auf das hohe Gut der Pressefreiheit beschworen. Ich stand als einer der Letzten auf der Rednerliste, sodass ich als Reaktion auf die vielen Lamentos mir vorgenommen hatte, ein bisschen journalistische Selbstkritik einzufordern. Vom Opfergehabe vieler Journalisten und der „Schere in deren eigenem Kopf“ wollte ich sprechen. 
Da traf es sich, dass in einer Sitzungspause eine Gruppe freier Journalisten mir ihre Arbeitsbedingungen als Berichterstatter aus dem Europarat vortrugen. Diese hätten sich in letzter Zeit erheblich verschlechtert. So sei es gegenwärtig so, dass eine am Eingang zum Sitzungssaal eingerichtete „Media Box“ nur mehr von Parlamentariern genutzt werden dürfen. Diese können darin mithilfe bester Technik gegenüber einer Dienstjournalistin ihre gewünschten Statements abgeben. „Freien“ Journalisten steht diese Struktur nicht zur Verfügung. Sie können im Gegensatz zu früher auch die Pressestelle nicht mehr kostenlos benutzen. 
Ich warf auf diese Informationen hin meinen vorbereiteten Redebeitrag weg und widmete die drei mir zustehenden Minuten ganz dem „Zustand des Journalismus“ nicht „in Europa“, sondern im Europarat. Diese oberste institutionelle Hüterin der Menschenrechte, zu denen wohl auch die Pressefreiheit zu zählen sei, „geht bei sich selber mit keinem guten Beispiel voran“, sagte ich in meinem Beitrag.
Die „Media Box“ darf nur mehr von Parlamentariern genutzt werden. Diese können darin mithilfe bester Technik gegenüber einer Dienstjournalistin ihre gewünschten Statements abgeben. „Freien“ Journalisten steht diese Struktur nicht zur Verfügung.
Der erst im Jänner gewählte Präsident des Europarats, unser entferntere Landsmann Michele Nicoletti aus dem Trentino, beklagte sich erst zu Beginn der Frühjahrs-Sitzungsperiode über geringe Aufmerksamkeit der Medien: „Sie berichten über den Europarat nur, wenn es darin eine Korruptionsaffäre gibt“. 
Man ist versucht zu sagen, selber schuld!  Auf meine öffentliche Kritik hin hat Generalsekretär Jagland sofort die Dienststelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der Parlamentarischen Versammlung mobilisiert. Jetzt weiß ich, dass diese ein Jahresbudget von 6,138 Millionen Euro hat. Ihre Leiterin hat mich noch am selben Tag durch ihren Dienstbereich geführt.