Kultur | Theater

Los Frittatos

In der Arena des Kränzelhofes in Tscherms geben seit gestern Clowns den Ton an. Im Rahmen eines freiluftigen Sommertheaters geben sie Preußlers "Die dumme Augustine".
Die dumme Augustine
Foto: SALTO
  • „Ich habe mich für das Stück entschieden, weil der Platz, der Ort mit seiner natürlichen Arena für eine Zirkuswelt einfach perfekt ist“, gibt sich Helga Maria Walcher euphorisch. Sie ist Regisseurin eines nicht alltäglichen Stückes, welches am gestrigen Donnerstag im Garten vom Kränzelhof in Tscherms Premiere feierte. Es nennt sich Die dumme Augustine und kommt aus der Feder von Otfried Preußler und ist ein Klassiker der Kinderliteratur aus den 1970er Jahren.

  • Helga Maria Walcher: Regisseurin von "Die dumme Augustine" Foto: SALTO

    Der Regisseurin erzählt von mehreren Fassungen des Buchklassikers und darüber, dass sie irgendwann auf eine gestoßen sei, „bei der eine zweite Ebene“ mitschwinge, wo nämlich die Clowns „von Zirkus zu Zirkus ziehen und ihre Nummern zeigen.“ 
    In Preußlers 1972 erschienen Bilderbuch – zehn Jahre nach Räuber Hotzenplotz – vermittelt der Autor Geschlechtergerechtigkeit, greift die traditionelle Rollenverteilung auf, serviert allerdings – vielleicht durch die Sogwirkung der 1968er Bewegung – eine Alternative. Das durchaus ernste Thema wird auf heitere Art und Weise abgehandelt. Beim Lesen erscheint einem Preußlers Text manchmal etwas veraltet, da die Geschichte überholt geglaubte Klischees aufgreift, die Patina von vor über einem halben Jahrhundert ist durchaus präsent und vom Autor vielleicht mitunter gewollt. Aber gerade deshalb ist die "Die dumme Augustine" in Zeiten wo Politik und Gesellschaft schon seit Jahren rückwärts gehen aktueller denn je. Nach Politclowns wie Silvio Berlusconi wird ein Flughafen benannt, Macho-Schreier wie Beppe Grillo vertauschten Kabarettshow mit politischem Alltag, und eine Comic-Figur wie Donald Trump ist nach der Capitol-Schmach ernsthaft wieder im Rennen um die US-Präsidentschaft. Ist die Welt mit solchen tragisch-komischen Politfiguren (auch in Südtirols gibt es sie) nur noch verrückt oder schon grob fahrlässig? 
    Zurück aber zum Theater: Preußlers Stück regt auf jeden Fall zum Nachdenken an und ist nicht bloß reine Unterhaltung. Wer (richtige) Clowns liebt, ist klar im Vorteil.

  • Immer unterwegs: Umherziehende Clowns spielen am Kränzelhof in Tscherms. Foto: SALTO
  • Im Stück hat die dumme Augustine alle Hände voll zu tun. Haushalt, die Kinder (Guggo, Gugga und Guggilein) und ihr Mann machen jede Menge Arbeit. Lieber würde sie aus dem Alltag ausbrechen und wie ihr Mann August im Zirkus auftreten und dem Publikum ein Lachen auf die Lippen zaubern. 
    „Es geht darum, dass die Schauspieler Clowns spielen und der Clown eigentlich keinen Subtext kennt, auch keine keine Dramaturgie im eigentlichen Sinn“, kommentiert Walcher die Herausforderung bei einem Stück mit vorwiegend Clowns. Geworden ist es am Ende ein Bühnenstück für alle. Alt und Jung.
    Wie dumm ist aber Augustines Clown-Traum wirklich? Wegen eines Termins kommt der dumme August eines Tages zu spät zur Aufführung. Der Zirkusdirektor ist außer sich und die dumme Augustine springt ein. Sie steht zum ersten Mal im Scheinwerferlicht der Manege und verwirklicht ihren Traum. Ganz einfach.

  • Die Regisseurin bei der Arbeit: Das Theaterstück "Die dumme Augustine" eignet sich für jede Altersgruppe. Foto: SALTO

    Manchmal mag einen (in unserer Verqueren Welt) der Eindruck ereilen, die sich im Schwinden befindende Veranstaltungsform Zirkus habe auch die letzten Clowns verschluckt. Helga Maria Walcher will sie gerade deshalb über das Theaterstück wieder ins Zentrum rücken und ihr Wesens und Tun öffentlich machen. „Die Clownfigur ist die, die ein bisschen so aus der Komfortzone, der Norm aussteigt, aber in ihrer Freiheit so weit gesattelt ist, dass es ihr erlaubt ist, die Wahrheit zu sagen, ein wenig wie im Sinne der Narrenfigur bei Shakespeare, auch wenn in anderer Form“, sagt sie. Außerdem verkörpere „die Clownfigur das Ursprüngliche. Sie ist! Sie spielt nicht, sie tut nicht so als ob, sondern sie ist von einem Moment zum anderen. Sie staunt und wundert sich. Wie ein Kind.“ 
    Das empfiehlt sich übrigens auch beim Anschauen des Stücks. August und Augustine sind jedenfalls bis in den August hinein zu sehen. Die nachfolgende SALTO-Bildergalerie auch danach noch.

  • Infos

    Termine: So 28. Juli | Do 1. August | Fr 2. August | So 4. August Mi 7. August | Do 8. August | Fr 9. August | So 11. August, jeweils um 19 Uhr, sowie Sa 10. August um 18 Uhr
    Karten und Info: www.freiluft.info / [email protected] und Tourismusverein Lana und Umgebung  T (+39) 0473 561015 oder T (+39) 0473 291343 von Mo-Fr 9.00-18.30 Uhr 

    Mitwirkende:
    Die dumme Augustine Claudia Bellasi 
    Der dumme August Günther Götsch 
    Guggo Markus Knollseisen 
    Gugga Sabine Ladurner
    Guggilein Veronika Leiter
    Zirkusdirektor René Dalla Costa
    Regie Helga Maria Walcher 
    Ausstattung Christina Khuen
    Musik Maximilian Tribus & Robert Tribus
    Clowntraining Rita Pelusio
    Bühnenbau Roberto Morello und Sigmund Edmund Geiser
    Technik Julian Geier     
    Gesamtleitung Gabriela Renner