Gesellschaft | Gebärdensprache

In der Welt der Gehörlosen

In einer Ausstellung in Bozen und Meran verlieren die Besucher für eine Stunde das Gehör. Der Gehörlosenverband Südtirol möchte damit sensibilisieren und die Kommunikation mit Hörenden verbessern.
Eine Statue mit pinken Kopfhörern und einem Hut
Foto: SALTO
  • Die interaktive Erlebnisausstellung „HANDS UP“ kam in dieser Woche von Wien nach Südtirol und führte ihre Besucherinnen und Besucher durch eine Welt der Stille. Mit Unterstützung des Gehörlosenverbands Südtirol fanden an zwei Tagen in Bozen und Meran Führungen statt. 

  • Benedikt Gasser: Wünscht sich eine Welt, in der die Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen funktioniert Foto: Sarah Boscolo

    Der Präsident des Gehörlosenverbands, Benedikt Gasser, möchte den Hörenden mit dieser Aktion die Welt der Gehörlosen näherbringen: „Die Gehörlosigkeit ist keine sichtbare Beeinträchtigung, die Betroffenen spazieren auf der Straße herum wie alle anderen. Wir wollen vermeiden, dass Hörende nicht wissen, wie kommunizieren, wenn sie einem Gehörlosen gegenüberstehen.“ 

    Aus diesem Grund erlernen die Besucher in der Ausstellung eine komplett neue Art der Kommunikation. Zu Beginn werden sie gebeten, sich Kopfhörer aufzusetzen, wodurch sie für die Dauer der Führung gehörlos werden. Kommuniziert wird von da an mit Gestik, Mimik und Körpersprache

    Ein Guide, der selbst gehörlos ist, führt durch die Ausstellung und klärt über häufige Missverständnisse auf. Die Besucherinnen und Besucher üben sich auch im Lippenlesen. Laut Benedikt Gasser keine ideale Form der Kommunikation mit Gehörlosen: „Worte wie Butter und Mutter sind vom Mundbild her kaum zu unterscheiden. In der Gebärdensprache gibt es klare Gebärden für diese Wörter.“ Dennoch sei das Lippenlesen für gehörlose Menschen sehr wichtig, damit die Kommunikation mit Hörenden funktioniert. 

  • Gebärden für den Alltag: Die Besucherinnen erlernen Wörter wie Bier, Skifahren oder Morgen in der Gebärdensprache. Foto: Sarah Boscolo
  • Technische Hilfsmittel erleichtern den Alltag der Gehörlosen. Vibrationswesten ermöglichen es, Musik auch live mitzuerleben und mitzufühlen. Wecker, Rauchmelder und Türglocken werden mit Licht und Vibration angepasst. Ein Überblick zeigt die Meilensteine für die Rechte der Gehörlosen und die Errungenschaften im Alltag. So beispielsweise die Untertitelung von Nachrichtensendungen im Fernsehen, welche in Österreich erstmals 1985 eingeführt wurde. Heute gibt es in Südtirol verschiedene Beratungsstellen und Interessensvertretungen für Gehörlose.

     

    „Kommunikationsassistenten unterstützen die gehörlosen Kinder in der Schule“

     

    Der Gehörlosenverband Südtirol möchte die Rechte der Gehörlosen Schritt für Schritt verbessern. Benedikt Gasser betont, dass der Verband alle Gehörlosen von jung bis alt unterstützt: „Bei den Kleinen geht es oft um das Thema Schule. Hier haben wir die Figur des Kommunikationsassistenten, die für uns ganz grundlegend ist. Diese Person beherrscht die Gebärdensprache und unterstützt die gehörlosen Kinder in der Schule.“ Aktuell würde es in Südtirol noch zu wenig Dolmetscherinnen und Kommunikationsassistenten geben. Beim Gespräch mit dem Präsidenten unterstützte Dolmetscherin Sarah Boscolo die Verständigung. 

    In Bozen wurde die Ausstellung auf den 23. September gelegt, dem internationalen Tag der Gebärdensprache. Für Benedikt Gasser war sie mit mehr als 100 Besucherinnen und Besuchern ein großer Erfolg. „Auch Politiker, Landesräte und Gäste von der Ärztekommission waren vor Ort und konnten ihre Kenntnisse zu Gehörlosen und Gebärdensprache auffrischen.“