Politik | So sieht es Herbert Dorfmann

Herbert Dorfmann: Brüssel ohne Straßburg?

PolitikerInnen blicken auf salto.bz in diesen letzten Tagen des Jahres 2013 zurück. Herbert Dorfmann ist Agronom, wohnt in Feldthurns und wurde 2009 auf der Liste der Südtiroler Volkspartei ins Europaparlament gewählt. Jahreswechsel und Neuwahlen stehen bevor - Dorfmann resümiert.

Für uns im Europäischen Parlament geht in diesen Wochen nicht nur das Jahr 2013 zu Ende, auch unsere Amtszeit nähert sich dem Ende. Am 25. Mai wählen die europäischen Bürger ein neues Parlament. In der Osterwoche werden wir unsere letzte Sitzungswoche haben, danach gibt es Wahlkampf.

So arbeiten wir nun auch an den letzten großen Projekten in dieser auslaufenden Legislaturperiode. Die wichtigste davon ist die europäische Bankenunion. Der weltweite Zusammenbruch der Banken im Jahr 2008 hat die Weltwirtschaft in einen Schock versetzt, von dem sie sich bis heute nicht erholt hat. Wir spüren das nun auch in Südtirol. Viele hundert Milliarden öffentliches Geld, also Steuergeld, mussten aufgewendet werden, um Banken in ganz Europa zu stabilisieren und noch Schlimmeres zu verhindern. Damit muss nun Schluss sein. In drei Schritten vernetzen wir nun alle europäischen Banken, um Schwächen früher als bisher zu erkennen.

Als ersten Schritt wird es ab 2014 eine gemeinsame Bankenaufsicht unter der Leitung der Europäischen Zentralbank geben. Dann sollen die Banken einen gemeinsamen europäischen Fond aufbauen, aus dem zukünftig Insolvenzen und Einlagensicherungen finanziert werden. Als letzten Schritt werden wir die europäischen Großbanken zwingen, ihre Investmenttätigkeit vom normalen Bankgeschäft zu trennen. Als Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments ist es spannend, bei diesen Verhandlungen mittendrin zu sein. Vor allem ist es mir aber ein Anliegen, dass Regionalbanken, wie wir sie bei uns haben, nicht mit einer Unzahl von neuen Vorschriften überhäuft werden. Die große Krise haben schließlich andere ausgelöst.

Eisenbahnverkehr: „Halb so laut!“

In der Finanzperiode 2014–2020 wird die EU erstmals Lärmschutzmaßnahmen im Schienenverkehr unterstützen. Insgesamt 263 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren dafür zur Verfügung stehen. Die Beitragsintensität wird 20 Prozent betragen. Diese Verordnung, sie nennt sich „Connecting Europe“, ist in zweierlei Hinsicht wichtig für Südtirol: Zum einen werden die notwendigen Geldmittel für europäische Großprojekte wie den Brennerbasistunnel bereitgestellt und zum anderen sind erstmals konkret umsetzbare Maßnahmen gegen den Eisenbahnlärm im Regelwerk enthalten.

Im letzten Monat haben wir auch wieder über den Sitz des Parlaments diskutiert. Eine breite Mehrheit von uns Parlamentariern ist dafür, einen einzigen Sitz für das Parlament zu schaffen. Der monatliche Umzug von Brüssel nach Straßburg ist nicht nur ein teurer Unfug, er ist auch für uns Mitglieder des Parlaments ein unnötiger Aufwand. Eine sehr breite Mehrheit von uns wäre dafür, den Sitz definitiv nach Brüssel zu verlegen. Das ist allerdings nur möglich, wenn man den EU-Vertrag ändert. Dazu braucht es die einstimmige Zustimmung der Mitgliedstaaten. Bisher haben Frankreich und Deutschland sich immer gegen eine solche Vertragsänderung ausgesprochen. Wenn wir im nächsten Jahr den Bürger vom Sinn der Europäischen Union überzeugen und die Europa – Skeptiker auf Distanz halten wollen, müssen wir auch auf diese Frage eine Antwort haben. Die Union hat nur dann einen Sinn, wenn auch Mitgliedstaaten manchmal bereit sind, ein bisschen zurückzustecken.

Keine Quote für Kühe

Im April 2015 werden die Milchquoten in Europa Geschichte sein. Die Milchquote ist eine Europäische Regelung aus dem Jahr 1984, wonach Produzenten bei einer Überproduktion sanktioniert werden. Drei Jahrzehnte lang regelte dieses System den Milchmarkt in Europa. Das Quotensystem hat in Europa große Milchfarmen in Gunstlagen verhindert und ist damit auch ein Schutz für kleinstrukturierte Milchbauern im Berggebiet.

Liftkonzessionen europaweit ausschreiben?

Was die Konzessionen für Skilifte betrifft, haben wir nun eine Einigung in den Verhandlungen erzielt. Der zuständige Kommissar Michel Barnier hat uns zugesichert, dass die Skiliftkonzessionen nicht in den Anwendungsbereich der geplanten Konzessionsrichtlinie der Europäischen Union fallen. Das bedeutet, dass die Konzessionen für Skilifte nicht auf europäischer Ebene ausgeschrieben werden müssen.